Das war armselig

Kommentar

10.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:31 Uhr

Jeder blamiert sich so gut er kann, weiß der Volksmund. Und die polnische Regierung kann das ziemlich gut. Was Premierministerin Beata Szydlo in Brüssel veranstaltet hat, war armselig.

Und wahrscheinlich weiß sie das selbst. Doch sie ist nun einmal eine Marionette des eigentlich starken Mannes in Warschau, tanzt an den Fäden des Chefs der Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski. Und der hat ein Problem mit Donald Tusk und mit Deutschland. Wie sehr das seinen gesunden Menschenverstand trübt, hat sich beim EU-Gipfel gezeigt.

Tusk hat nicht nur die Regierung in seiner Heimat ermahnt, sich an europäische und rechtsstaatliche Werte zu halten. Er hat es auch gewagt, Kaczynski in demokratischen Wahlen zu besiegen. Seither ist Tusk für Kaczynski ein rotes Tuch, er schreckt nicht einmal davor zurück, ihm vorzuwerfen, beim Tod seines Bruders, des früheren Präsidenten Lech Kaczynski, die Finger im Spiel gehabt zu haben. So tief steckt der Hass, dass Polens graue Eminenz meinte, die ganze EU erpressen zu können. Die hat ihm eine Lektion erteilt. Kanzlerin Angela Merkel hat noch versucht, Szydlo vor dem Debakel zu bewahren. Doch vergeblich.

Die Blamage perfekt gemacht hat die trotzige Behauptung, die EU sei uneinig. Das Gegenteil ist richtig. Sie hat sich in diesen schwierigen Zeiten endlich einmal einig gezeigt und nicht auseinanderdividieren lassen. Noch lächerlicher ist die Unterstellung, es habe ein "Diktat aus Berlin" gegeben. Als würde sich etwa der Ungar Viktor Orban einem solchen Diktat unterwerfen. Oder die Britin Theresa May. Nein, Warschau hat hoch gepokert und krachend verloren. Dass Szydlo am Freitag in Brüssel nicht geschwänzt hat, lässt hoffen, dass Kaczynski seine Lektion gelernt hat. Die Episode zeigt aber auch: Das Europa mehrerer Geschwindigkeiten wird kommen. Es geht nicht anders.