Das Verwirrspiel des Zeugen Naser

28.09.2010 | Stand 03.12.2020, 3:38 Uhr

München (DK) Erst will er nichts sagen, später überlegt er es sich dann anders: Ex-Sparkassenpräsident Siegfried Naser lieferte gestern vor dem Untersuchungsausschuss zur BayernLB ein bizarres Verwirrspiel. Der frühere Finanzminister Kurt Faltlhauser erhob derweil schwere Vorwürfe gegen die frühere Bankspitze.

Naser erscheint am Morgen pünktlich um zehn Uhr und lässt seine Anwältin sprechen. Ihr Mandant werde auf die Fragen des Ausschusses nicht antworten, sagt sie. Grund sei die Strafanzeige, die die Fraktionen der SPD und der Freien Wähler gegen ihn erhoben haben. Weil Naser nun ein Ermittlungsverfahren drohe, dürfe er seine Aussage verweigern.

Bei den Mitgliedern des Ausschusses sorgt das für Entrüstung. Das Gremium habe eine andere Auffassung, betont der Ausschussvorsitzende Thomas Kreuzer (CSU). Nach kurzer Beratung verhängt er ein Ordnungsgeld von 1000 Euro. Sollte Naser bei seiner Auffassung bleiben, werde man ihn demnächst in Beugehaft nehmen, droht Kreuzer. Doch Naser verlässt kurz darauf den Landtag trotzdem ohne Aussage.

Überraschend ist der Auftritt, weil er noch vergangene Woche mehr Redezeit als vorgesehen verlangt hatte. Er werde eine umfangreiche Darstellung rund um den Kauf der österreichischen Bank Hypo Group Alpe Adria (HGAA) vortragen, hatte er wissen lassen. 2007 hatte die BayernLB die HGAA erworben. Doch diese war so marode, dass sie 2009 mit 3,7 Milliarden Euro Verlust notverkauft wurde. Naser war seinerzeit Vorsitzender des Verwaltungsrates, der den Vorstand der BayernLB überwachen soll. Ihm und den anderen Mitgliedern des Gremiums wird vorgeworfen, dem Vorstand zu wenig auf die Finger geschaut zu haben.

Zu den einstigen Verwaltungsräten gehört als ehemaliger Stellvertreter Nasers auch Kurt Faltlhauser (CSU). Und der äußert sich gestern umfassend. Mehrere Stunden dauert seine Vernehmung vor dem Ausschuss. Er belastet den einstigen Vorstand unter seinem Vorsitzenden Werner Schmidt. Auch wenn er immer wieder betont, dass das Geschäft trotz aller Risiken aus damaliger Sicht richtig gewesen sei. Die BayernLB wollte durch den Kauf der HGAA auf dem Wachstumsmarkt in Südosteuropa präsent sein. Dort schlug aber kurze Zeit später die Wirtschaftskrise besonders hart zu. Laut Faltlhauser leitete der Vorstand aber einen Prüfbericht, in dem vor Risiken in der HGAA gewarnt wurde, nicht an den Verwaltungsrat weiter. Außerdem habe das Leitungsgremium eigenmächtig auf eine vereinbarte Kaufpreisminderung wegen dieser Risiken verzichtet. Das halte er für einen "unfreundlichen Akt" des Vorstands gegenüber dem Verwaltungsrat, sagt Faltlhauser. Das Kontrollgremium habe auch nie explizit auf Haftungsansprüche im Kaufvertrag verzichtet. Solche tauchten in dem Dokument aber nicht auf. "Das sehe ich aus heutiger Sicht als Fehler an", sagt der ehemalige Finanzminister. Ein Schriftstück der BayernLB, in dem behauptet wird, das Absehen von Gewährleistungsansprüchen sei unter anderem mit ihm abgesprochen gewesen, stellt er als unglaubwürdig dar. Gleichwohl unterstelle er dem ehemaligen Vorstand "keinerlei kriminelle Handlungen", beteuert Faltlhauser.

Noch während er im Zeugenstand sitzt, meldet sich am späten Nachmittag auch Naser wieder zu Wort – schriftlich. In einem Brief an den Ausschuss, der per Bote zugestellt wird, erklärt er sich doch zur Aussage im Oktober bereit. Damit wolle er ein langes Gerichtsverfahren vermeiden.