"Das T-Shirt war zu teuer"

13.07.2009 | Stand 03.12.2020, 4:49 Uhr

Alfershausen/Roth (rok) Silke Richter ist leichenblass. Zwischen Ziel und Sanitätszelt hängt sie über dem Absperrzaun und würgt immer wieder. Eine Helferin vom Roten Kreuz erkundigt sich besorgt nach ihrem Zustand. Silke Richter winkt ab. "Das war das härteste Rennen meines Lebens", keucht sie atemlos. Fünf Minuten später hat sich die 35-Jährige etwas erholt. Sie hat wieder Farbe im Gesicht und bringt sogar ein Lächeln fürs Foto zustande. Erstaunlich nach diesem Martyrium beim Marathon. "Der Akku ist total leer." 13:26:23 Stunden hat ihre Challenge 2009 gedauert. Viel zu lange.

Seit dem Schwimmen morgens um 6.20 Uhr ist Silke Richter schon schlecht. Nach 1:10 Stunden kommt sie aus dem Kanal bei Heuberg – und ihr ist übel.

Trotzdem schwingt sich die Alfershausenerin in den Radsattel und geht die 180 Kilometer durch den südlichen Landkreis an. In 5:45 Stunden meistert sie auch die zweite Disziplin noch sehr manierlich, obwohl sie längt Magenkrämpfe plagen. Allerdings trinkt sie auf dem Rad nur eine halbe Flasche isotonischen Spezialdrink. Mehr bekommt sie nicht hinunter. "Ich habe den ganzen Tag über nichts gegessen. Ich habe keine Ahnung, was heute los war. Ich bin einfach mit dem falschen Fuß aufgestanden", sagt Richter im Ziel.

Im Wettkampf hat sie daher schnell ihre Strategie geändert. "Heute war nur noch Durchkommen angesagt." An irgendwelche Bestzeiten ist nicht zu denken.

Beim Marathon sind alle Speicher leer, es fehlen Kohlehydrate und Flüssigkeit, doch Richter bekommt nichts runter. An der Verpflegungsstelle in Schwand muss sie sich sogar auf eine Bank setzen und eine halbe Stunde ausruhen. "Dann konnte ich wenigstens wieder ein Cola trinken." In Eichelburg, beim Runners High, rebelliert der Magen wieder.

Sechs Stunden Marathon

Fast sechs Stunden dauert Richters 42-Kilometer-Lauf am Sonntag. Ans Aufgeben denkt sie trotzdem nicht – niemals. "Das T-Shirt war zu teuer", sagt sie trotzig. Sie meint das rote Challenge-Shirt, das jeder Finisher bekommt. Das will Silke Richter unbedingt haben. Und sie holt es sich.

Autogramm von Chrissie

Bei der Siegerehrung am Montag kann die Alfershausenerin schon wieder lachen. Im brechend vollen Festzelt in Roth hat sie schon wieder so viel Stehvermögen, dass sie sich in die Schlange einreiht, die ein Autogramm von der britischen Weltrekordfrau Chrissie Wellington haben wollen. Silke Richter bekommt eine Unterschrift, Wellington signiert ihr das rote Finisher-Shirt. Das ist jetzt noch teurer als kurz nach dem Wettkampf.