Bettbrunn
Das Schicksal einer Zwergschule

Nur 65 Jahre wurden die Kinder Bettbrunns im örtlichen Schulhaus unterrichtet

18.09.2014 | Stand 02.12.2020, 22:13 Uhr

Generationen von Kindern wurden in Bettbrunn unterrichtet. Zum Ende des Schuljahres 1969 war’s vorbei, das Gebäude wurde verkauft. - Foto: Kettner

Bettbrunn (DK) Vor 110 Jahren wurde das Bettbrunner Schulhaus eingeweiht. 65 Jahre lang wurden die Kinder des Orts dort unterrichtet. Vor 45 Jahren war Schluss damit, weil einklassige Volksschulen nicht mehr in die Zeit passten.

Das Schulhaus war als einklassige Volksschule konzipiert. Im Erdgeschoss befand sich die Lehrerwohnung, im ersten Stock der Schulsaal, in dem die acht Klassen unterrichtet wurden. Von der Einweihung des imposanten Gebäudes war 1904 in der „Ingolstädter Zeitung“, Vorgänger des DONAUKURIER, zu lesen:

„Die Gemeinde Bettbrunn beging am vergangenen Montag, den 26. September, die feierliche Einweihung ihres neuerbauten Schulhauses in herzerhebender und würdiger Weise, welche allen Beteiligten noch lange in Erinnerung bleiben wird. Am frühen Morgen verkündeten Böllerschüsse die Bedeutung des Tages. Die Schuljugend, die Mädchen weiß gekleidet, fast sämtliche Ortsbewohner und die eingeladenen Festgäste versammelten sich in der Kirche. Von dort ging die Festversammlung unter Vorantritt des Hochw. Herrn Kapitelkammerers und Pfarrers Josef Pleysteiner, welcher wie die assistierenden 2 Geistlichen im Ornate war, zum Schulhaus zur kirchlichen Einweihung. Danach ging es zurück in die Kirche, wo ein feierliches levitiertes Hochamt abgehalten wurde. Nach Beendigung begab sich die Festversammlung wieder zum Schulhaus, wo königl. Bezirksamtmann Ruck von Beilngries in schwungvoller Rede auf die große Bedeutung der Schule hinwies. Der Redner gedachte auch der werktätigen Bauausführung und sprach Baumeister Alois Hierdegen von Kösching und allen Handwerksmeistern für gute Leistungen volle Anerkennung aus. Dann übergab er das Schulhaus der Gemeinde mit dem Hinweis, dass unter gegenwärtiger Regierung dem Schulwesen durch staatliche Unterstützung große Fürsorge angedeihe, forderte er die Festgäste auf, dem Leiter des Staates dem allverehrten Prinzregenten Luitpold ein dreifaches Hoch darzubringen. Für die leiblichen Bedürfnisse war dann im Wagnerschen Gasthaus durch vorzügliche Küche und guten Keller vom Kremserbräu in Ingolstadt bestens gesorgt. Bürgermeister Andreas Schmidt dankte mit gutgemeinten Worten allen Festteilnehmern für ihre Mitwirkung und ihr Erscheinen.“

Aus den Beschlussbüchern der Gemeinde Bettbrunn geht hervor, dass am 3. Dezember 1903 der Gemeinderat unter Vorsitz von Bürgermeister Andreas Schmidt überein kam, den Neubau einer Volksschule dem Bauunternehmer Alois Hierdegen aus Kösching zu übergeben. Der hatte das bindende Angebot über 20 800 Mark für das Schulhaus mit Nebengebäude abgegeben. Für den Neubau waren das Grundstück Haus Nr. 1 von Martin Recum sowie ein Teil des Pfarrergartens vorgesehen. Das Anwesen Recum, der Mann stammte aus Frankenthal in der Pfalz, war abgebrannt.

Bürgermeister Schmidt war jedoch mit dem Grundstück nicht einverstanden. Er wollte vielmehr ein eigenes Grundstück „Am Gangsteig nach Mendorf“ verkaufen. Das akzeptierte der Gemeinderat nicht, weil es außerhalb des Ortskerns lag. Aus Protest hatte der Bürgermeister nicht abgestimmt. Die Finanzierung konnte als gesichert angesehen werden. Die Hälfte der Summe trug das Bezirksamt Beilngries, den Rest teilten sich die Gemeinde und die Kirche. Am 26. September 1904 konnte das Gebäude eingeweiht werden.

Das Gebäude wurde aber nur 65 Jahre als Schule genutzt. Bereits 1963 kündigte sich das Ende der Zwergschule an. Schulrat Fichtl bemühte sich um eine Verbandsschule mit den Gemeinden Mendorf, Steinsdorf und Bettbrunn. Er meinte, dass durch die stete Aufwärtsentwicklung auch auf dem Dorf eine einklassige Volksschule für die Ausbildung nicht mehr ausreiche. In Mendorf hatte man ein offenes Ohr, in Bettbrunn nicht.

Im Juli 1964 kam Schulrat Fichtl erneut nach Bettbrunn. In der Bürgerversammlung wollte der Gemeinderat eine Empfehlung für die Abstimmung erhalten. Vom mäßigen Besuch waren Bürgermeister Karl Recum und Schulrat Fichtl gleichermaßen enttäuscht. Wenigstens in der Oberstufe, so der Schulrat, sollten die Kinder eine Ausbildung erhalten, mit der sie im Berufsleben mit anderen Schulabgängern konkurrieren könnten. Der Zwischenruf eines Familienvaters, „Wir brauchen auch Hilfsarbeiter“, schockierte den Schulrat. Die Versammlung wurde abrupt beendet.

Ende September 1965 wurde in Mendorf einstimmig beschlossen, die Schulen in Mendorf und Steinsdorf zusammenzuschließen. Nun lag es an den Bettbrunner Gemeinderäten, einen ähnlichen Beschluss zustande zu bringen, um für die Kinder am Ort Nachteile zu vermeiden. „In einigen Jahren wird Bettbrunn unter die 20-Kinder-Klausel fallen, dann wird sich das Problem von selbst lösen“, meinte der Schulrat. Es könne nämlich nicht mehr garantiert werden, einen planmäßigen Lehrer zu erhalten, da sich Mendorf und Steinsdorf einig waren.

Am 19. Februar 1965 kamen die Gemeinderäte Steinsdorfs, Mendorfs und Bettbrunns zu einer gemeinsamen Sitzung in Steinsdorf zusammen. Dabei wurde beschlossen, einen Schulverband zu gründen zum Zweck der Errichtung einer vierklassigen Verbandsschule. Die Klassen sollten auf die drei Schulorte verteilt werden. Am 20. März 1965 trafen sich die drei Bürgermeister und die drei Schulleiter in Mendorf, um über die Klasseneinteilung zu beraten. In Steinsdorf sollten die 1. und 2. Klasse mit 40 Kindern, in Mendorf die 3. und 4. Klasse mit 31 Kindern sowie die 7. und 8. Klasse mit 37 Kindern, in Bettbrunn die 5. und 6.Klasse mit 46 Kindern unterrichtet werden. Mit Beginn des neuen Schuljahrs wurden die Kinder erstmals mit einem Schulbus zum Unterricht in die drei Ortschaften befördert. Zum Schulverbandsvorsitzenden wurde Bürgermeister Georg Schaller aus Mendorf und zum Stellvertreter Bürgermeister Ludwig Schneeberger aus Steinsdorf gewählt.

Oberlehrer Karl Müller hatte ab 1955 die Kinder in Bettbrunn unterrichtet. Am 1. Mai 1966 wurde er auf eigenem Wunsch nach Altmannstein versetzt und Konrektor an der dortigen Volksschule. Bereits 1968 tauchten Pläne auf, die Unterstufe in Sandersdorf und die Oberstufe in Altmannstein zu unterrichten. Der bestehende Schulverband wurde 1969 aufgelöst. Die Schule in Bettbrunn stand zum Ende des Schuljahres leer.

Als 1972 die Gebietsreform in Kraft trat und sich Bettbrunn dem Markt Kösching anschloss, wurden die Bettbrunner Kinder ab Schulbeginn 1973 in Kösching unterrichtet. Da in Bettbrunn kein Unterricht mehr stattfand, wurde das Schulhaus mit Grundstück am 6. September 1969 an den Gastwirt Michael Stopfer verkauft.