Neumarkt
Das Nachtzielgerät spaltet die Jäger

Geteilte Meinungen zur Bekämpfung der Wildschweinplage – Kritik an Präsident Jürgen Vocke

22.01.2015 | Stand 02.12.2020, 21:44 Uhr

Einigkeit in allen Punkten: Martin Schmid (von links), Michael Roßkopf, Alois Schuster, Michael Steindl, Josef Hierl, Heinrich Hofstetter, Hubert Hofmann und Thomas Bayerl - Foto: Sturm

Neumarkt/Seubersdorf (swp) Die Spitze des Bayerischen Jagdverbandes um Präsident Jürgen Vocke scheint immer mehr den Rückhalt bei den Jägern zu verlieren – zumindest, wenn es um den Einsatz von Nachtzielgeräten bei der Jagd auf Schwarzwild geht. Bei einer überaus gut besuchten Versammlung der Arbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer im BBV-Kreisverband forderten Jäger und Jagdvorsteher in großer Einmütigkeit die Freigabe dieser Technik.

In der Arbeitsgemeinschaft sind rund 100 Jagdgenossenschaften und zehn Eigenjagden aus dem Kreis Neumarkt als Mitglieder vertreten. Vorsitzender ist Alois Schuster aus Tauernfeld. Der konnte bei der Versammlung in Seubersdorf als ersten Referenten des Abends den Jagdvorsteher und Jäger Heinrich Hofstetter aus Nittenau begrüßen. Hofstetter stellte das Schwarzwildprojekt Nittenau vor, mit dem Jäger, Landwirte, die Bayerischen Staatsforsten, das Landratsamt und benachbarte Kommunen gemeinsam versuchen, der Wildschweinplage Herr zu werden. Bei dem Projekt sind eine ganze Reihe von Empfehlungen herausgekommen. Hofstetter nannte unter anderem: eine enge Zusammenarbeit von Jagdgenossen und Revierinhabern, die Forcierung von revierübergreifenden Jagden, den Verzicht auf jegliche Einschränkung bei den Jagden, gegenseitige Abstimmungen über Art und Umfang der Lockfütterung, im Fachjargon Kirrung genannt, sowie das Anstreben gütlicher Einigungen bei Jagdschäden. „Ziel aller Bemühungen muss es sein, bewirtschaftbare Jagden für Jäger und Landwirte zu bekommen“, betonte Hofstetter. Er erklärte, dass das in verschiedenen Modellregionen zum Einsatz gekommene Schwarzwildinformationssystem (SIS) wahrscheinlich noch heuer flächendeckend eingeführt werden soll.

Beim Schwarzwildprojekt Nittenau kam im Rahmen einer Ausnahmegenehmigung auch Nachtzieltechnik zum Einsatz. Hofstetter berichtete, dass insgesamt 179 Sauen erlegt wurden. Nach Angaben der Jägerschaft seien in 139 Fällen Nachtzielgeräte zum Einsatz gekommen. „Nachtzielgeräte sind zwar kein Allheilmittel, aber sie sind von großem Vorteil beim gezielten Ansprechen“, sagte Hofstetter. Ansonsten helfe gegen die Sauenplage nur jagen, jagen, jagen, und zwar vor allem die Bachen. Dass viele Jäger auf einen dauerhaften Einsatz der Nachtzielgeräte pochen, zeigte sich nach dem Vortrag. „Die Sauen vermehren sich unkontrolliert und da können wir es uns nicht mehr leisten, auf diese Jagdmethode zu verzichten“, betonte zum Beispiel der Vorsitzende des Jägervereins Jura, Michael Steindl. Der machte deutlich, dass der Großteil der Jäger in dieser Sache nicht mehr die Meinung des Jagdverbandspräsidenten Vocke vertritt.

Bauernobmann Martin Schmid und die Jagdvorsteher sahen in Vocke das größte Hindernis auf dem Weg zur Nachtzieltechnik. Schmid drückte seinen Unmut so aus: „Auch Herr Vocke muss mit der Zeit gehen, sonst geht er mit der Zeit.“ Aufgabe des BBV werde es sein, so Schmid, zu erreichen, dass die Politik mitziehe. Als weiterer Referent trat der Jagdreferent des BBV, Hubert Hofmann von der Hauptgeschäftsstelle aus Regensburg, ans Rednerpult. Er sprach zum Thema „Deckelung des Wildschadensersatzes in Jagdpachtverträgen“ und sprach sich dabei nachdrücklich dafür aus, dass die Wildschadensregelung die Jagdpächter übernehmen.

„Nur die haben unmittelbaren Einfluss auf die Jagdausübung“, stellte er fest. Einen Ausblick auf das Vegetationsgutachten gab Forstdirektor Michael Roßkopf vom Amt für Landwirtschaft und Forsten Neumarkt. Er wies darauf hin, dass auf etwa zwei Drittel der Jagdflächen im Landkreis der Verbiss zu hoch oder deutlich zu hoch ist. „Eine gut laufende Waldverjüngung ist wichtiger als ein Jagdpächter, der viel bezahlt“, verdeutlichte er die Problematik. Ende März/Anfang April werde mit der Verjüngungsinventur begonnen. Im Juli würden die Ergebnisse an die Jagdgenossenschaften versandt.

Obmann Schmid, Geschäftsführer Thomas Bayerl und Alois Schuster ehrten dann noch Josef Hierl aus Schweibach und überreichten ihm ein Geschenk. Hierl war Vorgänger von Schuster und führte die Arbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer zwölf Jahre lang.