Pöttmes
"Das muss man ernst nehmen"

Hetzplakat an der Tür des Pöttmeser Asylkreises - Grünen-Landratskandidat Stefan Lindauer erstattet Anzeige

08.11.2019 | Stand 23.09.2023, 9:22 Uhr

Pöttmes (SZ) "So etwas kann man nicht mehr als Spinnerei abtun, das muss man ernst nehmen", macht Bürgermeister Franz Schindele deutlich, nachdem vergangene Woche ein Hetzplakat an die Türe des Pöttmeser Asylkreises gehängt wurde.

Darauf werden die Grünen als Partei an sich, aber auch gezielt Kommunalpolitiker verunglimpft, zudem enthält es ausländerfeindliche Parolen. Über einem Flyer für eine Grünen-Veranstaltung steht "Scheiss Lesben Schwulen Multi Kulti und Kifferpartei". Fotos des Landratskandidaten Stefan Lindauer und der Landtagsabgeordneten Christina Haubrich wurden durchgestrichen. Weitere Aufkleber fordern "Asylflut stoppen" und "Homo-Propaganda stoppen", zudem wurden Werbeplakate rechtsradikaler und rechtsextremer Parteien und Gruppen aufgeklebt. In einem Heinrich Heine zugeschriebenem Gedicht auf dem Plakat ist von Ausländern die Rede, die "in Europa nisten wollen".

Bereits seit Anfang 2018 geistern diese Zeilen durch soziale Netzwerke, wie von einigen Zeitungen bereits aufgegriffen wurde. Sie stammen nachgewiesenermaßen nicht von Heinrich Heine.

Jetzt sich der Grünen-Kreisverband Aichach-Friedberg mit Kreissprecher Stefan Lindauer an die lokale Presse. "Angesichts dieser Aktion, die ich als Angriff gegen uns alle werte, sind alle demokratischen Parteien dazu aufgerufen zusammen dagegen vorzugehen. So etwas darf nicht zur Normalität werden. Wir müssen dringend handeln", erklärt Lindauer. Im Hinblick auf die Kommunalwahlen im kommenden Jahr halte er es für zwingend notwendig, parteiübergreifend ein Statement zu setzen gegen derartige Vorfälle und diese "als einen Akt rechter Propaganda zu benennen und auch so zu behandeln". Er hat bei der Friedberger Polizei Anzeige gegen unbekannt erstattet. Nun wird der Fall an die Aichacher Polizei und die Kriminalpolizei Augsburg weitergeleitet.

Pöttmes' Bürgermeister Franz Schindele bezeichnet die anonyme Aktion mit deutlichen Worten als "sehr perfide und sehr feige". Auf den Plakaten seien neben falschen Behauptungen rassistische und menschenrechtsverletzende Tendenzen abgebildet. "Menschenrechte sind für mich das Oberste", erklärt er. Es sei ihm wichtig, das als Gemeindeoberhaupt vorzuleben. In Pöttmes habe es seiner Erfahrung nach nie eine negative Stimmung gegen ausländische Mitbürger gegeben. Die hier lebenden Asylbewerber seien gut integriert und ein Teil der Gemeinschaft, weshalb ihn der Vorfall gerade hier sehr wundere. "Eigentlich läuft das bei uns bestens", findet er.

Laut Lindauer ist es nicht das erste Mal, dass derartige Hetzplakate an der Tür des Pöttmeser Asylkreises angebracht wurden. Vor Wahlen sei dies verstärkt der Fall, allein heuer schon vier bis fünf Mal vor der Europawahl im Mai. Bisher wurden die Vorfälle nicht zur Anzeige gebracht. Die Landtagsabgeordnete Christina Haubrich verdeutlicht, dass Beleidigung von Kommunalpolitikern ein bundesweites Thema geworden sei: "Der Deutsche Städte- und Gemeindebund kommt jüngst auf das Ergebnis, dass in Bayern 28 Prozent der lokalen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger von Gewalt betroffen sind. Ein Zustand, den wir so nicht hinnehmen dürfen und der nun auch Realität bei uns zu werden scheint. Dieses Thema muss auf unserer politischen Agenda einen deutlich höheren Stellenwert einnehmen", fordert sie.

Nayra Weber