Ingolstadt
Das Meininger Theater gastiert mit Lehárs Operette "Der Zarewitsch" in Ingolstadt

05.03.2014 | Stand 02.12.2020, 22:59 Uhr

Ingolstadt (DK) Lag es am Orchester? War es zu laut? Lag es an der Akustik? Wirkt sich der Orchestergraben des Großen Haus mit einem mit Blechbläserklang dominierenden Orchester derart auf die Bühne aus? Oder waren die Sängerinnen und Sänger zu leise? Fakt ist: Beim Gastspiel des Meininger Theater mit Franz Lehárs Operette „Der Zarewitsch“ (Text von Béla Jenbach und Heinz Reichert, nach dem gleichnamigen Schauspiel von Gabryela Zapolska) am Dienstagabend im Stadttheater Ingolstadt war der Gesang der Solisten kaum zu verstehen.

Ansonsten boten die Theatermacher aus Thüringen mit ihren sehr passablen Sängern, Schauspielern, Balletttänzern und Musikern einen unterhaltsamen Abend.

Das Bühnenbild hatte zunächst etwas schizophren Interessantes und entwickelte sich im Laufe der drei Akte zu einem klaren Bild. Im ersten Akt warf die untere Hälfte mit ihren speckigen und keimigen braunen Wänden einen klaren Kontrast zu den asymmetrischen, sterilen Fensterscheiben, die verschiedene Farbnuancen und immer wieder deutliche Schattenkonturen erkennen ließen. Unterteilt wurden die zwei Hälften mit einer Linie von aufgereihten Bronzebüsten. Im Laufe des Stücks verschwanden die braunen Wände und die Bühne wurde luftig und locker. Vielleicht ein Zeichen dafür, dass sich der Zarewitsch, der am Anfang jeden Kontakt mit Frauen meidet, sich später frei für die Liebe macht. Was bekanntlich doch tragisch endet, da er sich für das Staatsdiktat entscheidet.

Die Kostüme der Produktion waren nicht in das zaristische Russland des 19. Jahrhunderts zu verorten – dort, wo die Handlung spielt – sondern an die 1920er Jahre angelehnt, jener Zeit, in der die Operette uraufgeführt wurde (1927). Einen verwirrenden Mix der Zeiten gab es, als die Balletttänzer in russischer Volkstracht und als griechische Götter den Zarewitsch (Rodrigo Porras Garulo) belustigen und aufmuntern. Seine nicht standesgemäße Liebe Sonja (Sonja Freitag) legte sich dabei im Burlesque-Stil einer Dita von Teese in einen überdimensionierten Champagnerkelch. Das wirkte an den Haaren herbeigezogen. Ähnlich mutete es an, als Diener Iwan und Ehefrau Mascha ein Tanzduett im Stil der 1950er-Jahre-Revuefilme aufführten.

Sehr intensiv dafür war die Traumszene, als ein überdimensioniertes Gemälde des Zarewitsch herabschwebte, sich öffnete, und der echte Zarewitsch herausstieg. Beeindruckend und intensiv wirkte Tenor Rodrigo Porras Garulo. Er sang nicht nur die melancholischen und zum Teil dramatischen Arien und Duette, die mehr an eine Oper als eine Operette erinnerten – er lebte den Inhalt der Stücke. Mit seinem enormen Tonumfang und seiner kraftstrotzenden Stimme schaffte er es auch als einziger der vier Sänger, sich einigermaßen gegen das Orchester durchzusetzen. Weitaus größere Probleme hatte der zarte Sopran Sonja Freitags. Nur in den höchsten Tonlagen war sie richtig zu verstehen. Ute Dähne, die die Mascha und somit den weiblichen Part des Buffo-Paares spielte, bot einen dunkleren Sopran und sang ihre kurzen Auftritte passabel – wie auch Stan Meus als Iwan.

Sogar der Chor hatte seine Probleme mit dem Orchester. Den beiden Ensembles fiel es schwer, im Einklang zu musizieren. Entweder war der Chor an vielen Stellen zu langsam oder das Orchester zu schnell. Wenngleich das Orchester mit einem satten Klang überzeugte. Insbesondere die Violinen mit der ersten Solovioline beeindruckten mit stechender Klarheit. Am Ende spendete das Publikum aber der gesamten Produktion Beifall.