Wolnzach
Das Manschgerl mit den blauen Haaren

WZ-Serie "90 Jahre Tonelli": Auf den Spuren des Zirkuslogos

19.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:56 Uhr

−Foto: Karin Trouboukis

Wolnzach (WZ) Es ziert einen Brunnen, läuft bei Lauf 10! mit und wer es sieht, der weiß sofort: Hier geht es um Tonelli. Im fünften Teil der Serie zum 90-jährigen Bestehen von Zirkus Tonelli haben wir die Entstehung des Tonellimännchens erforscht - eine nicht ganz einfache Suche, die unweigerlich in einem Namen endet: Adolf Rebl.

Ilse Rebl sitzt am Tisch in ihrer gemütlichen Stube. In ihren Händen hält sie etwas, was nur ganz wenige Menschen besitzen: ein "Tonelli-Manschgerl" im Miniaturformat. "Das gibt es noch nicht lange", weiß sie. "Die Tonellis haben gesagt, das ist das erste, das sie überhaupt verliehen haben." Es ist laut Direktor Georg Hölzl "die heute höchste Auszeichnung, die der Zirkus überhaupt auszugeben hat". Bekommen hat sie es im Andenken an ihren 2014 gestorbenen Mann Adolf. Als Tonelliaktiver mit Leib und Seele begeisterte er das geneigte Publikum als Kunstmaler "Areb" in der Manege mit flinker Hand und schnellen Karikaturen, untermalte damit auch die "Moritaten", die früher ihren festen Platz im Tonelli-Repertoire hatten und übrigens das eine oder andere Mal beinahe "gerichtsmäßig" geworden wären. Aber das ist eine ganz andere Geschichte. Zurück zu Areb. Er war es, der dieses "Manschgerl", das heute das Tonelli-Logo schlechthin ist, erdachte und nach eigenen Vorstellungen kreierte. Das weiß man sicher.

Aber wann das genau war? Ilse Rebl muss nachdenken. "Irgendwann Anfang der 1960er Jahre", meint sie. Auf jeden Fall, "vor meiner Zeit", also vor ihrer Eheschließung, aber ganz genau weiß sie das nicht mehr. Allerdings erinnert sie sich an ein "Lederstück", auf das ihr Mann den Männchenentwurf eingeritzt hatte. Das "Lederstück" entpuppt sich als Linolschnitt und führt zu Peter Siegmund, der damals in der Wolnzacher Druckerei Kastner gearbeitet hat. Er weiß noch, wie die Plakate gedruckt wurden, lange sei das alles schon her, wohl über 50 Jahre. Einer der Tonellisenioren könnte mehr wissen, meint er. Der Fahn Sepp, sein Nachbar, wäre eine gute Adresse.

Ist er auch, denn der fast 87-jährige einstige Wolnzacher Bademeister, der von 1963 bis 1990 beim Wolnzacher Zirkus aktiv war, verfolgt alles, was mit dem Zirkus zu tun hat, mit großer Leidenschaft. Heute noch. Kein Wunder, denn er war "Chef de Manege", Zirkusmanager, also. Und er weiß tatsächlich noch gut, wie das Tonelli-Manschgerl sehr effektiv für die Plakatwerbung eingesetzt wurde, und auch, dass "der Areb" das erschaffen hat. Auch die Ehrenstecker, die er ehrfurchtsvoll hütet wie kleine Schätze, ziert das Manschgerl. "Mei, man ist da immer mit dem Herzen dabei, das lässt einen nicht los", sagt Fahn. Aber wann der Rebl Adolf das Männchen erschaffen hat, das weiß auch er nicht mehr so genau. Zuviel Zeit sei vergangen. Und doch liefert der einstige "Chef de Manege" den entscheidenden Tipp, der das Geheimnis um die Entstehung des Tonellimännchens schließlich lüftet: Er weiß, dass der damalige Direktor Manfred Thienel immer alles akribisch aufgeschrieben und gesammelt hat. Ein paar Ordner müsste es da geben, meint er. "Da habt ihr dann alles, was ihr braucht." Marianne Thienel, die Witwe des einstigen Direktors, hat besagte Ordner auch wirklich gleich zur Hand. "Vielleicht ist es doch ein bisschen viel", meint sie. Denn tatsächlich hat ihr Mann - er war von 1973 bis 1989 Direktor - alles rund um Tonelli feinsäuberlich gesammelt, beschriftet, eingeheftet, katalogisiert. Aber dann reicht nur ein Griff - und das Geheimnis um die Entstehung des Tonellimännchens ist gelüftet, Thienels Aufzeichnungen sei Dank.

1966 war es, als sich der Zirkus nach zehnjähriger Manegenpause unter Direktor Hans Geißlinger wieder neu formierte - und dazu ein Logo brauchte. Thienel schreibt: "Tonelli-Kunstzeichner Areb, mit bürgerlichem Namen Adolf Rebl, hat auf Wunsch von Direktor Geißlinger ein Zirkusplakat von bleibendem Wert kreiert. Es stellt ein Manschgerl auf dem Hochseil in den Farben schwarz, blau, rot, weiß dar und wurde als Linolschnitt angefertigt, wobei es für jede Farbe einen eigenen Linolschnitt brauchte."

Und noch etwas hat Thienel festgehalten, denn die Linolplatten bekam Areb von einem Wolnzacher Raumausstatter geschenkt: "Der Hohenleitner-Opa hatte ein Herz für Tonelli", steht in den Aufzeichnungen. Die neuen Plakate wurden an Anschlagtafeln, Zäunen und Schaufenstern aufgehängt und verfehlten ihre Wirkung nicht: Der wiederbelebte Zirkus am 17. Februar 1966 begeisterte mit fünf ausverkauften Vorstellungen. Tonelli-Kunstzeichner Areb, im bürgerlichen Leben war Adolf Rebl übrigens Grafiker, hat sich im Tonelli-Manschgerl verewigt.