Bietzighofen
Das Löw-Idyll

Im Hexental bei Freiburg findet der Bundestrainer Ruhe und Abstand vom Fußball

06.06.2012 | Stand 03.12.2020, 1:24 Uhr

Bietzighofen (DK) Abschalten. Den Kopf frei bekommen. Das geht jetzt nicht mehr. Die Gedanken von Joachim Löw drehen sich immer um die anstehende EM. So viele Dinge gilt es vor dem ersten Spiel am 9. Juni gegen Portugal abzuwägen. Dabei hat Löw kurz vor der EM noch einmal die Ruhe genossen – in Wittnau-Biezighofen, im Hexental, sieben Kilometer südlich von Freiburg. Dort liebt Löw die Idylle, geht joggen, um den stetig durch den Kopf sausenden Fußballgedanken zu entfliehen. Oder er setzt sich aufs Mountainbike. Joachim Löw ist schnell im Grünen. Ein bisschen die Straße hinunter, links um die Ecke, gleich nochmal links, dann geht es schon raus aus dem Dorf.

„Mein Mann ist Jäger, der sieht ihn manchmal durchs Fernglas, wenn der Jogi im Wald unterwegs ist“, erzählt die Wirtin des „Hirschen“. Der prominente Mitbewohner Löw ist im Ort nur selten zu sehen. Bürgermeister Enrico Penthin sagt: „Wir respektieren seinen Wunsch nach Ruhe.“ Als es im Juli 2010 nach der glorreichen WM viel Trubel in Wittnau gab, weil Reporter auf die Rückkehr des Bundestrainers warteten, hat das Penthin gar nicht gepasst. Der Ortsteil Biezighofen besteht nur aus ein paar Straßen. Am Ende einer Sackgasse wohnt Löw. „Da schauen die Nachbarn schon, dass da nicht jeder reinfährt“, berichtet die „Hirschen“-Wirtin. „Die Wittnauer schützen ihn.“

Immer klappt das aber nicht. In der „Badischen Zeitung“ kann man nachlesen, dass es 2008 mal einen Auffahrunfall vor dem Hause Löw gegeben hat. Zwei Fahrer hatten zu viel geguckt und zu wenig aufgepasst. Schon schepperte es.

Einen Termin gibt es, an dem Joachim Löw das tut, was die meisten im Dorf machen: „An Heiligabend sieht man ihn in der Kirche“, sagt die Wirtin. Oft ist der Bundestrainer, dem das Fußballvolk mit hohen Erwartungen im Nacken sitzt, aber auch gar nicht da. So wie zuletzt. Erst das Regenerationstrainingslager in Sardinien, dann das EM-Vorbereitungscamp in Südfrankreich. Aus dem Turnierhotel in Danzig möchte Löw auch erst spät auschecken. Am besten nach einem Finalsieg.

Wenn der Bundestrainer nach der EM ins Idyll nach Biezighofen zurückkehrt, kann er endlich abschalten. „Sonst achte ich ja stets auf eine gewisse Lebensqualität“, hat Joachim Löw einmal dem Fußballmagazin „Elf Freunde“ erzählt, „aber während eines Turniers sinkt meine Lebensqualität auf ein Minimum. Jeder, wirklich jeder Gedanke ist mit Fußball behaftet.“ Nach dem letzten Spiel beginne „eine Phase der Unruhe, dann rolle ich gewisse Situationen noch einmal auf und hinterfrage Entscheidungen“.

Vielleicht wird der Bundestrainer an einem schönen Abend im Juli einfach nur dasitzen, ein Glas Wein in der Hand, und hinunterschauen nach Freiburg. Vom Löwschen Haus gibt es einen freien Blick über grüne Wiesen, vorbei an sanft abfallenden Schwarzwaldhügeln. Genau richtig, um die Gedanken zu beruhigen.