Neumarkt
„Das Land der großen Herzen“

Grüne diskutieren in Neumarkt über Kinderarmut und die Bedeutung der Familie

24.08.2017 | Stand 02.12.2020, 17:36 Uhr
Über das Thema Kinderarmut diskutierten in Neumarkt die Streetworkerin Brit Trabandt (von links), Yvonne Rösel, die Kreisvorsitzende der Grünene, Stefan Schmidt, der Bezirksvorsitzende der Grünen, und die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth. −Foto: Meyer

Neumarkt (DK) Grüne Politprominenz in Neumarkt: An einer Podiumsdiskussion zum Thema „Starke Familien contra Kinderarmut“ hat die Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth teilgenommen. In den zwei Stunden kam nicht nur das Podium zu Wort, sondern auch die Zuhörer beteiligten sich intensiv.

Als weitere Teilnehmer begrüßte Gabriele Bayer, die Kreisvorsitzende der Grünen, außerdem Yvonne Rösel, die Direktkandidatin der Grünen für den Wahlkreis, die Streetworkerin Brit Trabandt, den Familientherapeuten und den Erzieher Michael Ströll. Moderator war Stefan Schmidt, der Bezirksvorsitzende der Grünen.

Die Frage, ob Kindern eine Lobby fehlt, beantwortete Claudia Roth ausführlich. Wichtig sei es, die Familien zu schützen, egal wie das Familienmodell aussieht. „30 Prozent der Kinder leben inzwischen nicht in der herkömmlichen Ehe“, sagte Roth. Wenn jedes fünfte Kind, das sind rund 2,5 Millionen, von Armut betroffen sei, dann sage dies viel über den Nachholbedarf auf diesem Gebiet aus. Kinderrechte gehörten nach Roths Überzeugung ins Grundgesetz, auch wenn manche Rechtspolitiker der Grünen diese im Artikel 1 des Grundgesetzes abgedeckt sähen. „Wir sind das Land der klugen Köpfe und der großen Herzen“, meinte sie.

Der Familientherapeut Michael Ströll betonte, dass es ein Skandal sei, wenn Familien nur dank privater Spenden über die Runden kämen. „Das ist eine Aufgabe des Staates“, verdeutlichte er. Yvonne Rösel beobachtete, dass die Kinderarmut oft nicht sichtbar sei. Die Streetworkerin Brit Trabandt berichtete über ihr Aufgabenfeld in Postbauer-Heng.

Die Grünen fordern in ihrem Wahlprogramm eine jährliche Entlastung der Familien in Höhe von zwölf Milliarden Euro. „Wir brauchen mehr qualitätvolle Betreuungseinrichtungen besonders für die Kinder von Alleinerziehenden“, ergänzte Claudia Roth. Die Arbeitgeber müssten umdenken und auch andere Arbeitszeitmodelle für Väter anbieten, die sich stärker der Erziehungsarbeit widmen wollen. Die Grünen wollten länger dauernde, flexible finanzielle Unterstützungsmodelle je nach der jeweiligen Lebenssituation anstelle des bisherigen Elterngeldes. „Kinder benötigen Hilfestellung. Man muss sie heranführen, wie man Wissen erwirbt und mit ihnen in eine Bücherei gehen“, erläuterte die Streetworkerin. Eltern seien immer wieder überfordert mit der Kinderziehung, die man aber nicht der Schule überlassen könne. Kooperation zwischen Schule und Elternhaus wäre ein Lösungsansatz“, meinte Michael Ströll.

„Wir wollen niemandem eine bestimmte Lebensform aufzwingen, aber Kind und Karriere müssen für die Frau vereinbar sein“, lautete die Überzeugung der Bundestagsvizepräsidentin. Die kommunalen Strukturen müssten unbedingt gestärkt werden. Hier liege der Ansatz zur Stärkung der Familien. Darin stimmten alle auf dem Podium überein. Streetworkerin Brit Trabandt schlug vor, dass Kitas auch am Wochenende geöffnet sein sollten, weil manche Frauen am Wochenende arbeiten.

Die grüne Ortsvorsitzende Teresa Häußinger, selbst Mutter eines Kleinkindes, meinte, dass Erziehung nicht so schwer sei, wenn man einen inneren Kompass habe und seinem Nachwuchs selbstständiges Denken beibringt. Claudia Roth pflichtete ihr sofort bei. „Die Demokratieoffensive mit eigener Meinung fängt in der Familie an“, sagte sie und erhielt dafür Applaus. Tags darauf besuchte Claudia Roth das Weißwurstmuseum beim Gasthof Wittmann. „Ich esse nämlich sehr gerne Wurst“, gestand sie.