Neuburg
Das Kreuz mit dem Kreuz

Im Neuburger Landratsamt hängt das christliche Symbol längst - Geistliche sehen Vorstoß aus München skeptisch

03.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:06 Uhr
Das Kreuz in der Behörde: Im Sitzungssaal des Neuburger Landratsamts hängt seit 34 Jahren ein Kruzifix. −Foto: Janda

Neuburg (DK) Die Spitzen der Politik im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen blicken dem Sohn Gottes meist direkt in die Augen.

Denn im Sitzungssaal des Landratsamts hängt seit Jahrzehnten ein Kreuz. Etwa einen Meter hoch ist das Kruzifix direkt hinter dem Tisch für die Pressevertreter, also unübersehbar für Kreisräte und Zuhörer. Entsprechend groß ist im Amt die Verwunderung über die Ankündigung aus München, dass schon in wenigen Wochen im Eingangsbereich aller staatlichen Behörden in Bayern ein Kreuz hängen soll. Auch hiesige Kirchenvertreter reagieren skeptisch.

"Wir brauchen eine solche Verordnung nicht", stellt Landrat Roland Weigert klar. Der FW-Politiker, seit zehn Jahren Chef im Landratsamt, wertet den Vorstoß des neuen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) als Wahlkampftaktik. Einer derartigen Instrumentalisierung erteilt er daher eine deutliche Absage. "Unser Kreuz hängt im Sitzungssaal, wo sich das politische Leben hier abspielt", sagt Weigert und erinnert an die Haltung seiner Amtsvorgänger. Walter Asam, von 1972 bis 1984 Landrat, hatte das Kruzifix einst aufhängen lassen - und zwar schon zur Einweihung der umgebauten Kaserne im April 1984. Sein Nachfolger Richard Keßler, der bis 2008 die Geschicke des Landkreises lenkte, war mit dem Standort zufrieden. Und er sei es auch, so Weigert.

Einen Zwang, die Anordnung aus München zu befolgen, sieht er allerdings nicht. Immerhin ist sein Amt als Zwitterbehörde sowohl staatlich als auch kommunal und erfüllt Aufgaben für Land und Kreis zugleich. Hausherr, daraus macht Weigert aber keinen Hehl, ist jedoch er als Landrat. "Daher ist das unsere Sache", betont der Kreischef, der die gesamte Debatte als "wahlkampftaktische Fehlleistung" und als "geschmacklos" bezeichnet. Ganz so schlimm empfinden die geistlichen Vertreter in der Region die Diskussion über eine Kreuzpflicht in staatlichen Behörden zwar nicht. Doch auch der katholische Dekan Werner Dippel und der evangelische Pfarrer Steffen Schiller sind skeptisch. "Denn das Kreuz ist nicht nur ein Werte-, sondern auch ein Glaubenssymbol", findet der protestantische Seelsorger aus der Neuburger Christusgemeinde. Eine Trennung hält er aus theologischer Sicht für falsch - ebenso wie die Argumentation der Staatsregierung, die das Kreuz als reines Symbol für christliche Werte sieht. Der Burgheimer Pfarrer Dippel, der als Dekan für den gesamten Landkreis zuständig ist, hält eine Instrumentalisierung des Kreuzes ebenfalls für fragwürdig. "Es ist ein Symbol für Erlösung und Nächstenliebe und darf nicht für andere Zwecke auf etwas reduziert werden", betont er. Als reines Kulturgut sieht er das Kruzifix nicht - "denn das ist es einfach nicht".

Beide Seelsorger verschweigen aber nicht, dass sie die aktuelle Debatte irgendwie doch gut finden. "Das Kreuz soll zum Nachdenken anregen", sagen sowohl Dippel als auch Schiller. Daher sei die Diskussion nicht falsch. "Es ist gut, wenn sich die Leute wieder mit dem Symbol Kreuz beschäftigen", so der Dekan. Diese Beschäftigung wird zweifellos noch ein paar Wochen anhalten. Zumindest jedenfalls bis zum 1. Juni. Dann, so der Wunsch Söders, sollen in allen staatlichen Behörden die Kreuze hängen. In Neuburg, darauf legt Roland Weigert großen Wert, wird das wuchtige Kruzifix auch nach Inkrafttreten der Verordnung hängen bleiben. "Dafür brauchen wir München nicht", so der Landrat.

Stefan Janda