Pfaffenhofen
Das Kreuz mit dem Kreuz

Ab Freitag muss das religiöse Symbol in jeder Behörde hängen - Im Landkreis regt sich durchaus Kritik

30.05.2018 | Stand 02.12.2020, 16:19 Uhr
Ein schlichtes Eichenkreuz bringt Hausmeister Alexander Stöger im Eingangsbereich des Finanzamts Pfaffenhofen an. −Foto: Brenner

Pfaffenhofen (PK) Am 1. Juni müssen im Eingangsbereich von bayerischen Behörden Kreuze hängen. Das hat das Kabinett so beschlossen. Auch im Landkreis Pfaffenhofen bringen die Behörden diese Woche Kreuze an - Kritiker finden, der Erlass sei schlecht mit dem Neutralitätsanspruch einer Behörde vereinbar.

Eva Ehrensberger, die Leiterin des Pfaffenhofener Finanzamtes, hat persönlich "kein Problem mit dem Kreuz", sagt sie. "Die Verordnung sehe ich aber schon kritisch." Das Kreuz sei ganz klar ein religiöses Symbol. "Ich sehe es so, dass eine Behörde die Neutralität wahren sollte." Und da sei es schon fraglich, ob ein Kreuz im Eingangsbereich die richtige Botschaft sende. Ihre eigene innere neutrale Einstellung werde sich jedenfalls auch mit Kreuz im Eingangsbereich nicht ändern. "Ich werde auch noch mit den Mitarbeitern darüber reden, was das Kreuz für uns bedeutet", so Ehrensberger.

Der Pfaffenhofener Amtsgerichtsdirektor Konrad Kliegl sieht das ähnlich. "Gerichte sind zu Neutralität verpflichtet", sagt er. "Der Erlass überzeugt mich nicht. " Für ihn sei das Kreuz nicht Ausdruck kultureller Prägung, sondern vielmehr eindeutig ein religiöses Symbol. "Ob es zielführend ist, ein religiöses Symbol in einer staatlichen Behörde anzubringen, ist fraglich." Kliegl verweist außerdem auf das bayrische Richter- und Staatsanwaltsgesetz, das erst diesen April in Kraft trat. Darin heißt es, Richter und Staatsanwälte dürfen keine religiösen Symbole oder Kleidungsstücke in Verhandlungen tragen. "Natürlich besteht ein Unterschied zwischen Personen und Gebäuden", sagt Kliegl. "Dennoch drängt sich die Frage auf, ob die Anordnung, Kreuze anzubringen nur einige Wochen später nicht einen gewissen Widerspruch darstellt." Dass der Kreuze-Erlass allerdings rechtssicher ist, daran hat Kliegl keine Zweifel. Deshalb wird auch im Eingang des Pfaffenhofener Amtsgerichts - zusätzlich zu den Kreuzen, die ohnehin schon in den Sitzungssälen hängen - ein Kreuz angebracht, und zwar das Kreuz aus dem früheren Geisenfelder Amtsgericht.

Andere Behörden wollen das Thema lieber gar nicht erst inhaltlich erörtern, wie zum Beispiel Helmut Fink, der Pfaffenhofener Polizeichef. Die Kreuze seien zentral beschafft worden und würden zeitnah aufgehängt. Genauso verfährt auch das Wasserwirtschaftsamt Ingolstadt, das auch für den Landkreis zuständig ist. "Persönlich habe ich nichts dagegen", sagt Behördenleiter Martin Mayer. "Eine inhaltliche Bewertung möchte ich nicht geben."

Die Gebäude der Gemeinden und Landratsämter gehören nicht zu den Dienstgebäuden des Freistaats und deshalb ist man hier frei in der Entscheidung. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) empfahl den Bürgermeistern und Landräten aber, freiwillig Kreuze im Eingangsbereich anzubringen. Im Pfaffenhofener Landratsamt möchte man dennoch lieber selbst entscheiden, wo ein Kreuz angebracht wird, so LanBehördensprecher Karl Huber. Landrat Martin Wolf (CSU) habe bereits verkündet, dass er ein Kreuz aufhängen wolle, aber wahrscheinlich im Sitzungssaal oder im Vorraum.

Im Landkreissüden bleibt der Jetzendorfer Bürgermeister Manfred Betzin (CSU) entspannt. "Ein Kreuz gehört grundsätzlich dazu, gerade in unserer Gegend", sagt er. Weil es aber nicht in den Glasdurchgang seines Eingangsbereich passe, hänge dort keines. Wenn das neue Rathaus gebaut sei, entscheide man gemeinsam, ob dort ein Kreuz angebracht werde. "Wenn es passt, dann passt es, wenn nicht, dann nicht", so Betzin. Eines möchte er dann aber doch noch sagen: "Man sollte das religiöse Statement nicht mit einem politischen Statement vermischen."

Deutlicher wird der Pfaffenhofener Bürgermeister Thomas Herker (SPD), der in dem Erlass eine "Wahlkampffinte" der CSU erkennt. "Wir werden unsere Praxis nicht ändern", sagt er. Im Kleinen Sitzungssaal hänge bereits ein Kreuz aus Glas, der Eingang des Rathauses bleibe so, wie er ist, nämlich Kreuz-frei. "Ich liege mit dem Statement übrigens auf Linie mit den großen Kirchen", sagt Herker.

Tatsächlich sieht der Pfaffenhofener Stadtpfarrer Albert Miorin den Erlass ebenfalls kritisch: "Das Kreuz darf man nicht politisch benutzen", so Miorin. "Ich befürchte schon, dass man damit aktuell Politik macht." Der Zeitpunkt kurz vor der Wahl sei ziemlich auffällig. Generell halte er das Aufhängen des Kreuzes an sich für eine gute Geste, um Offenheit gegenüber dem Eintretenden zu demonstrieren: "Wenn es bedeutet: Hier wirst du mit offenen Armen empfangen, dann ist es gut." Das Kreuz dürfe aber keinesfalls der Ausgrenzung anderer Religionen oder von Flüchtlingen dienen.