Ingolstadt
"Das ist pure Schikane!"

Grüne und BGI kritisieren Zustände in Asylbewerberunterkünften - andere Parteien halten still

16.05.2018 | Stand 23.09.2023, 3:15 Uhr
Frustration entlädt sich: Bei der Kundgebung am Dienstag vor der Manchinger Immelmann-Kaserne hielt ein Asylbewerber wütend eine erloschene Grenzübertrittsbescheningung hoch. Auch zahlreiche Bewohner anderer Ingolstädter Asylbewerberunterkünfte hatten an der Demonstration teilgenommen. −Foto: Foto: Hauser

Ingolstadt (DK) Nach dem turbulenten Protest am Dienstag in der Manchinger Asylbewerberunterkunft halten sich die meisten Parteien in Ingolstadt zurück. Mit Ausnahme der Grünen, die scharfe Kritik an der Behandlung der Flüchtlinge üben, und der BGI, die sich ein Umdenken wünscht.

Als im Herbst 2015 der Strom der Flüchtlinge immer länger wurde, schwor OB Christian Lösel die Mitglieder des Ingolstädter Stadtrats ein: Bitte keine parteipolitische Profilierung in der heiklen Asyl-Frage! Alle Fraktionen stimmten zu - und hielten sich bis heute an diese Selbstverpflichtung. Stadtrat Georg Niedermeier (BGI) ist sich dessen bewusst. Aber als er gestern aus dem DK von den lauten Klagen und Protesten der Asylbewerber in Ingolstadt erfuhr, machte er sich so seine Gedanken. Ohne die Übereinkunft zur Neutralität in Frage stellen zu wollen, wie er betont, gibt er zu bedenken: "Es ist schade, dass der Stadtrat hier aus der Verantwortung genommen wird. Wir haben keinen Einfluss und keinen Einblick vor Ort, denn wir kommen nicht einfach so rein in die Unterkünfte." Und das sollte sich ändern.

Da sei vor allem die Sache mit dem Essen: "Ist es wirklich so schlecht, wie die Bewohner behaupten?", fragt Niedermeier. Vielleicht sollte man die Stadträten mal testessen lassen. Für ihn persönlich steht fest: "Wir müssen weg von der Lagerhaltung, um es mal ganz brutal zu sagen!"

Die Fraktion der Grünen äußerte sich nicht, dafür schlug die Ingolstädterin Agnes Krumwiede, Vorsitzende des Grünen-Bezirksverbands Oberbayern, um so schärfere Töne an. Bei der Kundgebung am Dienstag vor der Immelmann-Kaserne feuerte sie eine Salve von Vorwürfen ab: "Nach wie vor dürfen nicht alle Kinder und Jugendlichen hier reguläre Schulen besuchen. Das verstößt gegen die UN-Kinderrechtskonvention. Es gibt in den Unterkünften kaum Privatsphäre. Auch allein reisende Frauen können ihre Zimmertüren nicht abschließen. Es gibt kein kindgerechtes Essen, nicht mal Babynahrung darf auf den Zimmern aufgewärmt werden. Das ist pure Schikane!" Das "aggressive Auftreten der Security" verschärfe die Situation. Krumwiede kritisiert auch das "Arbeitsverbot, das alle zum Nichtstun verdammt". Frustration und gesteigertes Aggressionspotenzial seien damit programmiert.

Christian Silvester