Schrobenhausen
"Das ist erst der Anfang"

Qualifizierte Pflegekräfte im ambulanten Dienst sind gesucht - Auch der Sozialstation fehlt Fachpersonal

08.04.2019 | Stand 02.12.2020, 14:15 Uhr
Die Zentale der Sozialstation am Högenauer Weg in Schrobenhausen: 15 Einsatzfahrzeuge stehen im Hof der Einrichtung für die Fahrten zu den Pflegebedürftigen bereit. Bei Geschäftsführerin Annette Eisenmann und bei Pflegedienstleiter Johannes Clamroth laufen die Fäden zusammen (Foto r.). −Foto: Wöhrle

Schrobenhausen (SZ) Der Mangel an ausgebildetem Pflegepersonal ist nicht neu. Doch die Situation verschlechtert sich zunehmend. Das Bistum Augsburg schlug vor kurzem Alarm. Die Sozialstationen könnten keine neuen Patienten mehr aufnehmen, es fehle an Pflegekräften. Auch der Sozialstation Neuburg-Schrobenhausen macht der Personalmangel zu schaffen.

 


"Es kommt vor, dass wir Patienten abweisen müssen", bestätigt Geschäftsführerin Annette Eisenmann. Von der zentralen Verwaltung der Sozialstation aus, die am Högenauer Weg in Schrobenhausen ihren Sitz hat, koordiniert sie zusammen mit Pflegedienstleiter Johannes Clamroth die Einsätze und Touren der 35 Pflegekräfte, die in Schrobenhausen sowie den Außenstellen Neuburg und Burgheim arbeiten.

Fast das gesamte Pflegepersonal der Sozialstation - 32 Frauen und drei Männer - ist in Teilzeit beschäftigt, nur wenige in Vollzeit. "Die Pflege ist nach wie vor ein typischer Frauenberuf", bestätigt Clamroth, der ihn selbst viele Jahre lang ausgeübt hat und nun die Einsätze der Sozialstationsmitarbeiter koordiniert. In Schrobenhausen stehen 15 Fahrzeuge für die Touren der Mitarbeiter bereit. Damit brechen die Pflegerinnen und Pfleger zu zehn Frühtouren und vier Abendtouren auf. Vor allem der Einsatz am Morgen ist bei dem Pflegebedürftigen begehrt. Wer wird am häufigsten nachgefragt. Für die Sozialstation sei es deshalb nicht immer möglich, zu diesen Zeiten noch weitere Patienten anzunehmen, erläutert Geschäftsführerin Eisenmann. "Die Morgentermine sind am dichtesten belegt", erklärt sie. "Da ist die Nachfrage riesig. Das können wir gar nicht alles befriedigen."

Zusätzlich zu den 14 Pflegediensttouren gibt es neun Hauswirtschaftstouren, bei denen jedoch keine Pflegekräfte im Einsatz sind. Bei diesem Touren werden Arbeiten im Haushalt wie Betten beziehen oder Lebensmittel einkaufen erledigt - wenn die Pflegebedürftigen keine Angehörigen haben, die das für sie erledigen können.

 

In der ambulanten Pflege setzt die Sozialstation nur ausgebildete Pflegekräfte ein. Denn diese anspruchsvolle Tätigkeit verlangt ein umfangreiches Fachwissen, das in einer dreijährigen Ausbildung vermittelt wird. Um beispielsweise Wunden zu versorgen, Verbände zu wechseln und Spitzen zu verabreichen, ist medizinische Wissen notwendig. Die Pflegerinnen und Pfleger brauchen eine fachliche Grundlage, auf der sie eigenverantwortlich handeln können. Denn auf ihren täglichen Touren sind sie allein unterwegs. Sie müssen den Zustand der von ihnen betreuten Pflegebedürftigen richtig einschätzen und entscheiden, ob beispielsweise ein Arzt hinzugezogen oder andere Maßnahmen ergriffen werden müssen. "Es wird ziemlich unterschätzt, wieviel Verantwortung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tragen", betont Pflegedienstleiter Clamroth. "Es sind alles Einzelkämpfer mit hoher Erwartungshaltung an sie", fügt die Geschäftsführerin hinzu.

Neben medizinischem Fachwissen ist bei der ambulanten Pflege eine hohe soziale Kompetenz im Umgang mit kranken, pflegebedürftigen und oft auch alten Menschen unerlässlich. "Die Pflegerinnen und Pfleger sind wichtige Bezugspersonen für die Pflegebedürftigen", betont Eisenmann. Es komme immer wieder vor, dass eine Pflegekraft als Notfallmanager gefordert sei, wenn etwa eine Krise eingetreten sei und etwa ein Krankenwagen gerufen werden muss und vor Ort die ersten Notfallmaßnahmen eingeleitet werden müssen.

Bei dem umfangreichen Anforderungsprofil, das an qualifizierte Pflegerinnen und Pfleger gestellt wird, ärgert es Geschäftsführerin Eisenmann und Pflegedienstchef Clamroth ganz besonders, dass der gesellschaftliche Stellenwert des Pflegeberufs zu wünschen übrig lässt. Wie auch in der Regel die Bezahlung. "Der Tarif der Caritas gilt als relativ gut", versichert Eisenmann. Als zusätzliche Anreize würden den Angestellten Leistungsprämien, eine Beihilfe zur Krankenversicherung, Weihnachtsgeld und eine betriebliche Alterssicherung geboten. Dennoch habe die Pflege ein schlechtes Image - und deshalb auch Nachwuchsprobleme, sind sich Eisenmann und Clamroth sicher. Viele Mitarbeiter der Sozialstation Neuburg-Schrobenhausen sind 50 Jahre und älter, jüngere sind nur wenige mit dabei. "Das Personal kommt nicht so schnell nach wie Mitarbeiter in Ruhestand gehen", bringt die Geschäftsführerin ihre Sorge zum Ausdruck. Es kann immer wieder zu Engpässen kommen. "Und das ist erst der Anfang", fügt der Pflegedienstleiter hinzu.

Um dem Personalmangel entgegenzuwirken, versucht das Führungsteam der Sozialstation mit Internetauftritten, aber auch mit Anzeigen in den Gemeindeblättern für den Pflegeberuf zu werden. Denn der sei um einiges attraktiver als sein Ruf, betont Eisenmann. "Wer gerne mit Menschen zu tun hat und gerne selbstständig unterwegs ist, ist bei uns gut aufgehoben", versichert sie.