Altmannstein
"Das ist eine Sauerei"

Unbekannte verwüsten die Gedenkstätte für einen gestorbenen 18-Jährigen in Altmannstein

16.01.2018 | Stand 02.12.2020, 16:57 Uhr
Schon zum zweiten Mal haben Unbekannte die Gedenkstelle am Altmannsteiner Grund verwüstet. −Foto: Albert Schels

Altmannstein (DK) Völlig verwüstet haben Unbekannte eine Gedenkstätte in Altmannstein. Ein 18-Jähriger war hier mit seinem Auto im September 2010 tödlich verunglückt. Seine Familie hat sich nun mit Bildern des zerstörten Rondells an unsere Zeitung gewandt.

Ein Kreuz steht neben der linken Straßenseite, wenn man vom Viehhausener Kreisel in Richtung Altmannsteiner Freibad hinunterfährt. Ein Mensch ist hier gestorben. Ein junger Mann, gerade 18 Jahre alt. Die Stelle kennzeichnet nun ein Rund aus weißen Steinen, eingefasst von einem niedrigen Holzzaun. Darin steht ein Kreuz aus Birkenästen, dazu ein Kerzenhalter aus Glas und Metall. Wer im Dunkeln vorbeifährt, sieht hier oft eine Kerze flackern. Albert Schels aus Gundlfing stellt sie dort auf, in Gedenken an seinen Sohn Markus. Oft gibt er auch seinem Schwiegersohn eine Kerze mit, die dieser an der Stelle anzünden soll, an der sich jener folgenschwere Unfall im September 2010 ereignete.

Doch als Albert Schels am Dienstag nach Altmannstein fährt, um das Weihnachtsgesteck vom weißen Kies zu nehmen, findet er die Gedenkstätte seines Sohnes zerstört und zertrampelt vor. Das Holzkreuz ist mitsamt Metallhalterung herausgerissen und zertreten, die Einzelteile liegen am Waldrand. Das Bild des jungen Mannes hängt noch an einem der Bruchstücke, weggeworfen und zerknittert. Die Weihnachtsschale hat jemand umgeschmissen, kleine rote Weihnachtskugeln liegen verstreut im Dreck. Der kleine Holzzaun ist eingetreten, weißer Kies quillt hervor. Das Glas-Metallhäuschen für Kerzen findet Albert Schels im Wald wieder.

Er ist tief erschüttert, dass jemand so mit einer Gedenkstätte umgeht. "Die Leute haben vor gar nichts Respekt."

Dass ein Wildschwein das Rondell verwüstet hat, schließt Albert Schels Frau Bettina aus. "Man hat richtig gesehen, dass jemand den Zaun mit einem Fuß eingetreten hat", berichtet sie. Auch der kleine Baum, der sonst in der Blumenschale auf der Gedenkstätte wächst, habe einige Meter dahinter kerzengerade im Wald gestanden. Nicht etwa zerwühlt von Wildschweinklauen. "Und eine Wildsau zerlegt kein Kreuz", fügt Bettina Schels hinzu. Der Querbalken ist beidseitig vom Hauptbalken genau an der Kante abgebrochen worden. "Das waren keine Tiere, sondern Menschen", ist sich die Riedenburgerin sicher.

Es ist schon das zweite Mal, dass die Familie auf Vandalismus trifft, an einem Ort der Stille und Trauer. Vor ein oder zwei Jahren sei das Kreuz herausgerissen gewesen, erinnert er sich. Diesmal ist es viel mehr als das. Das sonst so liebevoll gepflegte Rondell bietet ein Bild der Verwüstung. So, dass Albert Schels nun darüber nachdenkt, zur Polizei zu gehen. Zeugen können sich auch bei der Gemeinde Altmannstein unter (09446) 902 10 melden.

Im neuen Jahr hat es schon diverse Fälle von Vandalismus in Altmannstein gegeben. Gerade um die Silvesternacht herum haben Unbekannte mehrere Glascontainer umgeworfen, Mauern, Stromkästen, Straßenschilder und anderes beschmiert, Flaschen zerschlagen sowie Mülleimer umgetreten. In Sollern wurde später die gestohlene Dachrinne des Hoferstadels wiedergefunden. Obwohl einige Hinweise bei der Polizei Beilngries eingegangen sind, gebe es noch nichts richtig Konkretes, sagt Sachbearbeiter Josef Pröll. Die Beamten seien natürlich vor Ort gewesen und hätten sich die Schäden angeschaut, doch das Wichtigste wären richtig konkrete Hinweise - am besten Augenzeugen, die wirklich jemanden in den entsprechenden Nächten beobachtet haben. "Vielleicht erinnert sich noch jemand", hofft Pröll, ansonsten sehe es für eine Aufklärung der Vandalismus-Fälle in Altmannstein nämlich nicht besonders gut aus, so der Polizist. Zeugen können sich nach wie vor bei der Polizei Beilngries unter (08461) 640 30 melden.

"Vandalismus, vor allem in Richtung Nationalsozialismus-Symbolik, und auch die Zerstörung eines Kreuzes haben nichts mit Jugendstreichen zu tun, das sind Straftaten", betont Bürgermeister Norbert Hummel. Wünschenswert sei, dass die Täter dingfest gemacht werden, sonst gehe das noch so weiter. "Solche Sachen passen nicht in unsere Gemeinde", stellt Hummel klar. Vor zwei Jahren habe es schon einmal Vorfälle in dieser Richtung gegeben, aber nicht in diesem Ausmaß. Gut eineinhalb Jahre habe nun Ruhe geherrscht, so der Bürgermeister, doch nun sind die Schmierereien und Zerstörungen wieder da - viel ausgeprägter als zuvor. "Das ist eine Sauerei." Bürgermeister Hummel ist klar, dass es in erster Linie von den Zeugen abhängt, dass die Täter erwischt werden. Denn solange man nicht wisse, aus welcher Richtung der Vandalismus kommt, könne die Gemeinde nichts machen.

Inzwischen ist die Gedenkstätte am Berg zwischen Altmannsteiner Freibad und Viehhausener Kreisel wieder einigermaßen hergerichtet. Das zerbrochene Kreuz fehlt natürlich, ebenso wie die zertretenen Pflanzen aus der umgeworfenen Schale. Doch es brennt wieder eine Kerze neben dem Bild von Markus Schels. "Es ist traurig, dass so etwas passiert, dafür habe ich nicht mal im Ansatz Verständnis", sagt Bürgermeister Hummel. Diese Tat sei für ihn nicht weit von Grabschändung entfernt.

 

Bei Schmierereien kann vielleicht noch von dummen Streichen gesprochen werden. Werden mutwillig Glascontainer zerstört und Hakenkreuze gesprayt, geht das schon nicht mehr. Wird aber wie hier eine Gedenkstätte zerstört, so ist das nur noch eine abscheuliche und verachtenswerte Tat. Das kleine Rondell am Waldrand ist ein Ort des Gedenkens und der Trauer, der hier buchstäblich mit Füßen getreten worden ist. Und das nicht zum ersten Mal.

Wer auch immer hier diese vollkommen unverständliche Zerstörungswut auslebt, tut das auf Kosten der Allgemeinheit. Das Ansehen der eigentlich so sympathischen Gemeinde mit ihren regen Vereinen und emsigen Ehrenamtlichen leidet, die Kommune und damit die Bürger müssen für die Reinigung und Beseitigung der Schäden aufkommen - und ganz ehrlich: Ist es nicht auch ein beklemmendes Gefühl, dass in Altmannstein anscheinend Menschen wohnen, die selbst vor der Schändung einer Gedenkstätte für einen 18-Jährigen nicht zurückschrecken?

Wie Bürgermeister Norbert Hummel sagt: So etwas passt nicht nach Altmannstein. Doch solange keine Zeugen konkret aussagen, sind Polizei und Gemeinde weitestgehend machtlos. Gerade deswegen ist es so wichtig, dass die Bürger umso aufmerksamer sind - ohne, dass diese Wachsamkeit gleich in gegenseitige Kontrolle übergeht. Und dass sich Zeugen dann auch an die Polizei wenden. Es ist nur schwer vorstellbar, dass wirklich niemand etwas Konkretes gesehen hat. Dabei wäre genau das so wichtig - nur so kann den Unholden das Handwerk gelegt werden. Jeder Hinweis kann helfen. | Isabel Ammer