Ingolstadt
"Das ist eine absolute Katastrophe"

Kunden reagieren geradezu entsetzt auf die Pläne zur Schließung der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filiale

21.06.2020 | Stand 23.09.2023, 12:27 Uhr
  −Foto: Stephan

Ingolstadt - "Desaster", "Entsetzt", "Katastrophe": Die ersten Reaktionen auf die am Freitag angekündigte Schließung der Galeria-Karstadt-Kaufhof-Filiale in Ingolstadt fallen sehr ernüchternd aus.

Am Samstagvormittag konnten viele Kunden in der Fußgängerzone nicht verstehen, wie es so weit kommen konnte, dass es für das Traditions-Warenhaus an der Ludwigstraße wohl zu Ende geht.

Fast sekündlich strömen die Menschen samt Mund-Nasen-Bedeckung in den Kaufhof, insbesondere viele Familien mit Kindern. Plakate künden große Rabattaktionen an. Die Schlange an der Kasse im Erdgeschoss windet sich nahezu bis zum Ausgang, die Kunden tragen Kleidung, Koffer oder Schreibwarenartikel zur Tür hinaus. Uwe Walbaum wartet mit einer kleinen Tüte auf "seine Damen". Sie brauchen noch etwas für die Hochzeit des Sohns. Auch sonst kommt die Familie aus Schrobenhausen etwa einmal im Monat nach Ingolstadt zum Einkaufen - stets mit einem Abstecher in den Kaufhof. "Ich bin schon traurig, weil hier ja eigentlich wieder alles belebt werden soll", sagt Walbaum. "Man hätte, unabhängig von Corona, gedacht, dass es wieder besser wird in der Innenstadt. "

Der Schrobenhausener gibt zu, dass er "für den allgemeinen Bedarf" schon auch mal im Internet shoppt. "Aber hier gibt es das Einkaufsfeeling, hier mal stöbern, da mal stöbern. " Walbaum prophezeit, dass die Ingolstädter Kaufhof-Filiale nicht gerettet werden kann. "Keine Chance. Die Strukturschwächen der Vergangenheit wirken sich jetzt aus. " Management- und Standortfehler, falsche Sortimentsstrategie, Corona und Onlinehandel zählt der Mann aus der Branche als Gründe auf, die es seiner Meinung nach so weit kommen ließen. "Meistens bedauern die Leute das erst, wenn etwas weg ist. "

Yasemin Feigl kann das von sich nicht behaupten. Als sie sieht, dass der DONAUKURIER Reaktionen einholt, möchte auch sie bekräftigen, welch ein Verlust die Schließung der Kaufhof-Filiale - eins ihrer Lieblingsgeschäfte - für die Innenstadt wäre. "Das ist eine absolute Katastrophe", betont sie. Die Gaimersheimerin bedauert, dass ein Stück Qualität verloren gehe, weil das Kaufhaus alle Marken beherberge. Die vergangenen drei Samstage war Feigl hier, weil sie sowieso in der Stadt zu tun hatte. Im FOC geht sie gar nicht shoppen, "zu stressig", und in den Westpark nur, wenn es schnell gehen muss. "Eigentlich haben wir eine schöne Innenstadt, aber sie wird immer leerer. " Tot vom Paradeplatz bis 300 Meter in die Fußgängerzone hinein, nennt sie das. Die Gaimersheimerin erwartet nun, dass das Warenhaus unbedingt erhalten werden muss - zum Beispiel durch die Stadt als neue Eigentümerin des Gebäudes.

Eine andere Frau hofft das ebenfalls. "Mein Mann sagt nein, ich hänge dran, deshalb sage ich ja", antwortet sie auf die Frage, ob der Standort zu retten ist. Die 61-Jährige kann aus Zeiten erzählen, als das Kaufhaus noch "Merkur" hieß. "Ich erinnere mich, dass ich als kleines Mädchen mit meiner Oma hier war und es im Eingang Würstel gegeben hat", berichtet sie. Auch ihre Kommunionskerze stammt aus dem Merkur. "Ich weiß noch, dass ich traurig war, weil ich sie nicht selbst nach Hause tragen durfte. " Heute kauft die Ingolstädterin "alles" im Kaufhof - in den Westpark geht sie nur ab und an zum Kaffeetrinken. An diesem Samstag ist sie hierhergekommen, weil sie Angst hatte, dass die Filiale bereits zu hat. "Ich bin jetzt sehr traurig, versuche aber, optimistisch zu bleiben. "

Katharina und Bernd Schaps fällt das schwer. "Wir haben es geahnt, bevor am Freitag die Liste der Standorte, die geschlossen werden müssen, rauskam", sagt die Ingolstädterin. "Trotzdem sind wir sehr betrübt, dass es diese hier getroffen hat. Es ist ein Desaster. " Gerade hat das Ehepaar Bekleidung gekauft und ein Kaffeeservice bestellt. Es sieht es als großen Vorteil, dass im Kaufhof alles - samt Restaurant - unter einem Dach ist. "Wir haben immer etwas mitgenommen, und wenn es nur Marzipanbrot war", merkt Bernd Schaps an. Für ihn ist eine Stadt nur dann eine Großstadt, wenn es ein Einkaufszentrum in der Innenstadt gibt. "Jetzt geht es hier wieder in Richtung provinziell. "

Seine Frau spricht gar von einem Räumungsverkauf in der ganzen Fußgängerzone. "Es gibt nur noch Billigläden", prangert sie an. "Für mich sind jetzt nur noch zwei, drei Läden interessant. " Und die würden vermutlich darunter leiden, wenn auch der Kaufhof noch schließen muss, ergänzt Katharina Schaps. "Ja, das Einkaufserlebnis in der Stadt leidet seit Jahren drastisch", ergänzt ihr Partner.

Etwas Gutes haben die beiden aber doch festzuhalten: "Für die Beschäftigten ist das eigentlich eine Katastrophe. Es ist toll, dass man hier trotzdem noch so nett bedient wird. "

DK


Tanja Stephan