Ingolstadt
Das Herz schlägt gerade langsamer, aber flexibler

In laufender Produktion baut Audi die Montagelinien gewaltig um - damit wie jetzt die A3 Limousine aus Györ kommen kann

22.02.2019 | Stand 23.09.2023, 6:03 Uhr
  −Foto: Hammer

Ingolstadt (DK) Auch wenn es bei der hohen Dichte an Nachrichten aus der Konzernleitung und dem Lager der Arbeitnehmervertreter manchmal in Vergessenheit zu geraten scheint und es auch schon mehr waren: An den Montagebändern an der Ettinger Straße baut Audi nach wie vor jeden Tag Hunderte Autos. Damit das in Zukunft so bleiben kann und die Zahlen auch wieder steigen können, werden die Produktionslinien mit Millionenaufwand komplett für mehr Flexibilität bei der Modellpalette modernisiert. Bei dem laufendem Betrieb ein gewaltiges Projekt.

Konkret geht es um die beiden sogenannten B-Linien, auf denen Audi A4/A5 gefertigt werden. Mitte Januar wurde jetzt ein großer Zwischenschritt genommen. Die komplett neu aufgebauten Bandabschnitte 3 und 4 der beiden Linien wurden über die Weihnachtsferien mit den bestehenden Anlagen verknüpft, was nicht einfach so mit dem Koppeln einiger Stecker vor sich ging. Fördertechnik wurde verzahnt, Mitarbeiter mussten umziehen, wobei der "technisch herausforderndste Bereich" der Montage mit der "Hochzeit", also dem Zusammenführen von Karosse mit Motor und Antriebsstrang, betroffen war.

Mit dem erfolgreichen Wiederanfahren nach dem Betriebsurlaub gingen die ersten A3-Limousinen auf die Reise durch die Montage. Das Modell wird ab sofort im Verbund mit Györ - wo es bisher komplett produziert wurde - gefertigt. Die blanke Karosserie kommt per Zug aus Ungarn und wird nun hier lackiert und fertiggestellt. "Auch wenn wir den A3 Sportback haben, ist die Limousine für die Werker ein komplett neues Auto", erklärt Klaus Budweiser, der Gesamtprojektleiter der Umstrukturierung der B-Montagen ist.

Fast 600000 Autos haben die Audianer im Jahr 2016 in Ingolstadt gebaut und damit einen Rekord für das Stammwerk aufgestellt. Von diesen Zahlen ist man nur zwei Jahre später inzwischen weit entfernt. Im abgelaufenen Jahren rutschte man unter die halbe Million. Die Prognose für heuer soll kaum positiver ausfallen. Die beiden B-Linien stehen somit nicht nur wegen dem jetzt von Vorstandchef Bram Schot geforderten Aussetzen der Nachtschicht (Linie 1) und der Wechselschicht (Linie 2) im Fokus. Auch auf den Umbau kommt es zentral an.

Mit dem Neuzugang aus Györ, wo das Werk mit TT, Q3 und A3 Cabrio voll ausgelastet sei, ist in Ingolstadt das Zeitalter der viel beschworenen Flexibilisierung erreicht. Die A3 Limousine läuft bereits auf der Multifunktionslinie, zu der einer der bisherigen A4/A5-Produktionsstränge (die Linie 2) umgerüstet wird. Jedes zehnte Auto im Zyklus ist bereits ein A3. "Wir fahren weiter hoch. Nächste Woche soll es bereits jedes achte sein - und so weiter", sagt Budweiser.

Der Rhythmus der weiteren geplanten Modellanläufe bestimmt die Reihenfolge und das sehr enge Zeitfenster für die nächste Demontage alter Produktionslinien und den Aufbau der letzten nötigen, modernen Bandabschnitte. Für beide B-Linien stehen noch die Teile 5 und 6 an, wobei die Linien nicht mehr wie bisher parallel modernisiert werden, sondern eine nach der anderen. Das hängt mit dem geplanten Produktionsstart des überarbeiteten A4 (offiziell "Produktaufwertung") zusammen, der in den nächsten Monaten auf den Markt kommen soll. Vorserienfahrzeuge laufen bereits auf der Linie mit. Die Zeit drängt auch schon wieder beim letzten Ausbauschritt der Flexlinie 2, über die der A3-Nachfolger mitlaufen soll, "der kommt ja irgendwann", sagt Werkleiter Albert Mayer. Möglichst heuer.

Danach sind die größten Schritte der Montage-Umstrukturierung genommen. Bis 2021 soll sie komplett abgeschlossen sein, rechtzeitig natürlich auch für die Elektromobilität, die an den Bändern des Stammwerks Einzug halten soll und muss. Bekanntlich sind (bisher) zwei reine E-SUVs für Ingolstadt angekündigt. Auch wenn der Aufbau des Motors natürlich wegfalle, "der reine Fahrzeugbau ist dort genauso aufwendig wie bisher", betont Werkleiter Mayer in Bezug auf die Arbeitsplätze. Aber bis dahin, sind alle Audianer schon längst so flexibel wie möglich unterwegs.

Christian Rehberger