Ingolstadt
Das Handwerk hat wieder goldenen Boden

06.04.2011 | Stand 03.12.2020, 2:58 Uhr

Heinrich Traublinger, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern - Foto: Schanz

Ingolstadt (DK) Ginge es allein nach der aktuellen Auftragslage, stünde das oberbayerische Handwerk nach Einschätzung von Heinrich Traublinger, Präsident der Handwerkskammer für München und Oberbayern, derzeit "sehr gut" da.

Die Betriebe seien daher "mehrheitlich zufrieden", sagte Traublinger im Rahmen eines Redaktionsgesprächs beim DONAUKURIER. Doch angesichts einer immer schwierigeren Kostensituation und eines zunehmenden Fachkräftemangels meinte der Kammerpräsident auch: "Uns gehen die Probleme nicht aus."

Dennoch sieht Traublinger das oberbayerische Handwerk insgesamt "auf einem hervorragenden Weg", worauf auch die ersten Monate des Jahres hindeuteten. Nach einem nominalen Umsatzplus von 2,2 Prozent im vergangenen Jahr (preisbereinigt: 1,6 Prozent) auf 30,3 Mrd. 1 rechnet er in diesem Jahr nominal mit einem weiteren Wachstum um 2,5 Prozent.

Bei den Bau- und Ausbaufirmen verbessere sich die zuletzt sowieso gute Auftragslage derzeit saisonal bedingt noch weiter. Die Betriebe aus dem Gesundheits- und Ernährungsbereich hätten ohnehin keine großen Auftragsschwankungen zu verzeichnen. Und auch die durch die Krise besonders gebeutelten Unternehmen aus dem Kfz- und Metallsektor hätten sich wieder erholt und zumindest das Vorkrisenniveau wieder erreicht, zog Traublinger ein über die Handwerksbereiche hinweg allgemein positives Fazit.

Die 2010 in Oberbayern leicht um 0,2 Prozent auf 287 000 gesunkene Beschäftigtenzahl dürfte Traublinger zufolge 2011 wieder "um 0,5 bis 0,75 Prozent" steigen.

Das für dieses Jahr prognostizierte Umsatzplus könnte sogar "noch ein Stück besser ausfallen", sagte der Kammerpräsident, wenn die oberbayerischen Handwerksbetriebe die dafür nötigen Arbeitskräfte hätten. Einer Umfrage zufolge würden 12 400 der knapp 75 000 Handwerksbetriebe des Kammerbezirks mindestens eine Fachkraft einstellen.

Deshalb wirbt das Handwerk kräftig um Nachwuchs – bundesweit mit der Imagekampagne "Das Handwerk. Die Wirtschaftsmacht. Von nebenan." und bayernweit auch mit "Macher gesucht", einer Kampagne, die Traublinger zufolge hervorragend läuft. Dennoch könnten derzeit im Freistaat rund 20 Prozent der freien Ausbildungsplätze im Handwerk nicht besetzt werden.

Und noch ein weiteres Problem kommt hinzu: Wenn das Handwerk, der "Ausbildungsweltmeister", einmal Nachwuchs hat, sei es schwer, ihn auch zu halten.

Ein wichtiges Thema ist für die Handwerksbetriebe auch die Finanzierung. Zwar haben sie laut dem Kammerpräsidenten keine Kreditklemme verspürt – auch nicht im Krisenjahr 2009. Das Problem sei also nicht, Geld zu bekommen. Weil aber manchmal Sicherheiten fehlten, müssten die Handwerker für Kredite zunehmend schlechte Konditionen hinnehmen.

Und schließlich droht Traublinger zufolge durch die jetzt diskutierte paritätische Anhebung des Pflegeversicherungsbeitrags neues Ungemach. Sie würde Arbeitgeber und Arbeitnehmer gleichermaßen treffen und die Arbeitskosten in Deutschland erneut verteuern. "Das Versprechen, die gesetzlich bedingten Lohnzusatzkosten dauerhaft unter 40 Prozent zu senken, wird durch die Ankündigung der Bundesregierung, die Beiträge zur Pflegeversicherung um etwa 0,5 Prozentpunkte zu erhöhen, endgültig ad absurdum geführt", sagte er und fügte an: Damit werde der Wahlkampfslogan "Mehr Netto vom Brutto" immer mehr zur Makulatur.