Das große Aufatmen

Kommentar

23.04.2017 | Stand 02.12.2020, 18:15 Uhr

Die Franzosen haben im Ausnahmezustand gewählt. Damit ist nicht nur der gemeint, den Präsident FranÃ.ois Hollande wegen der terroristischen Bedrohung verhängt hat. Auch parteipolitisch ist die Lage in der Grande Nation höchst brisant.

Es bestand die Gefahr, dass zwei extreme Politiker, zwei ausgewiesene Europa-Feinde und Deutschland-Kritiker, in die Stichwahl um die Macht an der Seine kommen. Das war die Horrorvision in Berlin, Brüssel und den anderen europäischen Hauptstädten: Die Rechte Marine Le Pen vom Front National, der es nur noch mit Mühe gelingt, sich hinter einer bürgerlichen Maske zu verstecken, gegen den Altkommunisten Jean-Luc Melanchon.

Doch nun geht ein Mann als Favorit in die Endausscheidung in zwei Wochen, auf den noch vor wenigen Monaten kaum jemand gewettet hätte. Emmanuel Macrons Mut, als Unabhängiger ohne Parteiorganisation und mit einem EU-freundlichen Programm gegen das Pariser Establishment anzutreten, hat sich ausgezahlt. Obwohl der Wirtschaftsminister im Kabinett des unbeliebten Hollande diesem Establishment selbst angehört hat. Doch die Schwächen der anderen Kandidaten, allen voran die Skandale des nimmersatten Republikaners FranÃ.ois Fillon, haben seinen Aufstieg begründet. Le Pen hat auf der Zielgeraden offenbar von der Terrorangst profitieren können. Gleichwohl werden sich die Demokraten nun hinter den Unabhängigen vereinen.

Setzt Macron im Élysée-Palast um, was er versprochen hat, Reformen und Einsparungen im Staatsapparat zum Beispiel, wird er bald etliche Landsleute gegen sich aufgebracht haben. Mit der möglichen Folge, dass sich Le Pens großes Ziel in fünf Jahren erfüllen könnte. Wenn er das verhindern will, muss Macron rasch Erfolge vorweisen.