Beilngries
Das grausame Ende einer jungen Liebe

Der Beilngrieser Max Brand sieht seine Lisa kurz vor dem Ersten Weltkrieg zum letzten Mal

12.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:21 Uhr

Kurz vor dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs posiert Lisa Funk für ein Erinnerungsfoto (links). Sie schenkt es dem Beilngrieser Max Brand, der wenig später im Krieg stirbt (rechts oben) - ein schwerer Schlag für die Beilngrieser Familie (rechts unten, Max vorne in der Mitte) - Fotos: Nester, privat

Beilngries (DK) „Mein lieber Max! Schwere, sorgenvolle Tage kommen über uns.“ Mit diesen Worten beginnt Lisa Funk am 2. August 1914 ihren Brief an Max Brand. Das Schriftstück soll den Beilngrieser, der in Berlin eine Lehre zum Bankkaufmann absolviert, auf dem Weg in den Ersten Weltkrieg begleiten.

Dass er ein Teil dieser großen, blutigen Schlacht sein wird, weiß Max Brand da schon seit einigen Tagen. Er ist mit letzten Vorbereitungen beschäftigt – und er trifft sich noch einmal mit seiner Liebsten. Ein aufwühlender Moment, den Lisa Funk in ihrem Brief festhält, der bis heute im Besitz der Beilngrieser Familie Brand ist.

„Max, es war besser, dass unser Abschied so kurz war“, schreibt die junge Frau. „Habe dir neulich, bei unserem letzten Zusammensein, so viel sagen mögen – ich konnte es nicht.“ Nur ein paar Wochen später wird Lisa Funk auf grausame Weise erfahren, dass es die letzten gemeinsamen Augenblicke mit ihrem Partner waren.

In einem späteren Brief an Johann Baptist Brand, Bruder von Max und Priester in Eichstätt, schüttet die junge Frau ihr Herz aus: „Ich habe in Max den liebsten Menschen verloren, den ich im Leben hatte. Wir hatten uns lieb, und ich habe jahrelang um mein Glück kämpfen müssen.“ Just in dem Moment, als sich scheinbar alles zum Guten wendet und Max ihre Liebe erwidert, wird er ihr am 6. Oktober 1914 „so grausam entrissen“.

Dass diese Beziehung auch für Max Brand etwas ganz Besonderes ist, zeigt eine handschriftliche Anweisung, die er auf einen der Liebesbriefe kritzelt: „Wünsche, dass im Falle meines Ablebens meiner lieben, ehrenwerten Freundin Lisa Funk ein Andenken gekauft wird . . . vielleicht in Form eines Ringes.“ Die Botschaft erreicht die Familie in der Beilngrieser Heimat – und Lisa Funk erhält ein letztes Andenken an ihre große Liebe. „Es hat mir unheimlich viel Kraft gebracht, dass er mich nicht vergessen hat“, schreibt sie am 19. November 1914 an Johann Baptist.

Bereits im August wird auch in Beilngries deutlich, wie massiv die Auswirkungen des Weltkriegs sein werden. Im hiesigen Amts- und Wochenblatt werden die Bürger mit Informationen von den Schauplätzen der Gefechte, aber auch mit Hinweisen zum Verhalten in der Heimat versorgt. Ein System für die Feldpost wird eingerichtet, damit die Soldaten zügig die Nachrichten ihrer Familien erhalten. Gute Nachrichten gibt es – bei all dem Leid, das sich mehr und mehr abzeichnet – aus der Landwirtschaft. Im Beilngrieser Amts- und Wochenblatt ist die Rede von einem „Gottesgeschenk“. Nahezu jede Feldfrucht habe man in üppiger Fülle in die Lagerstätten gebracht. Trotzdem mahnen die Autoren explizit in Richtung der Hausfrauen: „Seid sparsam im Verbrauch.“

Dies bleibt nicht der einzige Hinweis, den das Amts- und Wochenblatt an die Frauen richtet. „Der Polizeipräsident von München erlässt einen Aufruf an die Frauen und Jungfrauen, in dieser schweren Zeit das Tragen auffälliger Kleider zu vermeiden“, heißt es am 14. August 1914. Und auch die Kartenspieler müssen sich umstellen. Künftig solle nicht mehr um Geld gespielt, oder aber der Gewinn für das Rote Kreuz gespendet werden. Der Krieg ist schon nach wenigen Wochen angekommen im Alltag aller Deutschen, auch in Beilngries.

Einige Kilometer weiter – im Kloster Plankstetten – entsteht Anfang September ein Lazarett für Kriegsverwundete. Von Eichstätt über Kinding kommen die Verletzten, in Plankstetten ist Platz für 41 Menschen. Der erste Transport rollt am 10. September an.

In diesen Tagen werden auch Namenslisten im Amts- und Wochenblatt zum ständigen Begleiter der Menschen in der Region. Das Blatt listet die Verwundeten, Vermissten und Gefallenen aus der Region auf. „Ihre Namen sollen für alle Zeiten auch im Lokalblatt erhalten bleiben“, erfahren die Leser am 8. September 1914. Schon an diesem Tag ist absehbar, dass noch eine Vielzahl solcher Listen folgen wird.