Pfaffenhofen
"Das geht so nicht"

Sanka-Stationierung: Die Bürgermeister im Landkreissüden kritisieren das Vorgehen - und vor allem den Landrat

18.12.2018 | Stand 23.09.2023, 5:26 Uhr
Ein Rettungswagen im Landkreis war zwischenzeitlich in Scheyern stationiert. Eine Studie fasst die Ergebnisse dieser Testphase zusammen - der Rettungszweckverband ist sich allerdings noch nicht einig, wo der Sanka künftig stehen soll. Die Bürgermeister im Landkreissüden sehen das Vorgehen kritisch und fordern eine sachliche Entscheidung. −Foto: Straßer

Pfaffenhofen (PK) Vor einer Woche hat der Rettungszweckverband diskutiert, wo der Rettungswagen denn nun stationiert wird - in Pfaffenhofen oder in Scheyern. Die Entscheidung ist auf Februar vertagt. Die Bürgermeister der südlichen Landkreisgemeinden können mit dieser Verschiebung zwar erst einmal leben, halten aber einige Argumente für fragwürdig. Vor allem Landrat Martin Wolf (CSU) als Vorsitzender des Zweckverbandes löste Verwunderung aus.

Der Jetzendorfer Bürgermeister Manfred Betzin (CSU) findet die deutlichsten Worte. "Was unser Landrat gesagt hat, ist verwunderlich - und das nicht nur aus Sicht von uns Südbürgermeistern, sondern auch sachlich", sagte er. "Das, was unser Landrat gemacht hat, geht so nicht. Das ist nicht schlüssig, nicht stimmig, nicht nachvollziehbar."

Hintergrund ist die Debatte, wo denn nun der vierte Rettungswagen im Landkreis stationiert werden soll: Ursprünglich stand er in Pfaffenhofen an der Ilmtalklinik, doch im Landkreissüden gibt es Probleme, so die Rettungsfrist zu halten - weshalb der Sanka probeweise nach Scheyern verlegt worden war. Inzwischen steht der Rettungswagen wieder in Pfaffenhofen, doch eine Studie zeigt: Für den Landkreissüden verbessert sich die Situation, wenn der Sanka in Scheyern steht - während das für das restliche Gebiet keine erhebliche Verschlechterung bedeutet. Bei der jüngsten Sitzung des Rettungszweckverbandes allerdings entschieden die Delegierten, sich erst im Frühjahr festzulegen, ob nun Pfaffenhofen oder Scheyern Sanka-Standort sein soll. "Fakt ist: Wir haben vier Rettungswagen. Der Rettungszweckverband hat die Pflicht, diese vier Rettungsmittel sinnvoll einzusetzen", sagt Betzin. "Es werden hier leider drei Monate verschenkt."

Dabei hatte Landrat Martin Wolf (CSU) als Vorsitzender des Rettungszweckverbandes sogar noch vorgeschlagen, sich auf Pfaffenhofen zu konzentrieren: Den Sanka an der Ilmtalklinik zu stationieren sei effizienter als in Scheyern; eine weitere Entscheidung sollte erst Ende 2019 oder Anfang 2020 fallen. Diesen Vorschlag kann Betzin jedoch nicht nachvollziehen: "Es würde mich verblüffen, wenn man die Ergebnisse der Studie einfach wegdiskutieren kann."

Auch Bürgermeister Reinhard Heinrich (CSU) aus Reichertshausen hat wenig Verständnis für diesen Vorstoß des Landkreischefs. "Das kann ich nicht nachvollziehen", sagt Heinrich auch mit Blick auf die Beharrlichkeit Wolfs während der Sitzung. "Das war für mich komisch." Früher habe sich der Landrat anders geäußert: Es sei ihm darum gegangen, die dunkelroten Flächen zu entfernen - also die Gebiete in der Region, in denen die Rettungsfrist nicht eingehalten wird, wie beispielsweise in Gerolsbach und Jetzendorf. "Wenn die Studie gezeigt hätte, dass Pfaffenhofen von grün auf rot wechselt, das ginge natürlich nicht", sagt Heinrich weiter. Aber so sei es nicht: "Was bisher dunkelrot war, ist jetzt hellrot - und was dunkelgrün war, ist hellgrün. Man würde meinen, dass das eine klare Aussage ist." Jetzt müsse die Haftungsfrage geklärt werden: "Ein unabhängiges Gutachten wird nicht befolgt. Da muss man die juristischen Konsequenzen klären." Die Argumente im Zweckverband, dass es momentan in Scheyern keinen passenden Standort gebe und das für das Rettungspersonal eine Belastung bedeute, will Heinrich nicht gelten lassen. "Es geht primär um die Hilfsbedürftigen", stellt er klar. "Ich bin überrascht, dass man diese Argumentationslinie fährt." Zudem habe die Gemeinde Scheyern ja bereits erklärt, dass sie hier an einer Lösung arbeiten will.

Das bestätigt auch Manfred Sterz (Freie Wähler). "Wir wollen mit dem Zweckverband Örtlichkeiten in der Gemeinde anschauen", sagt der Scheyrer Bürgermeister. Beispielsweise auf dem Kasernengelände wäre ein Standort denkbar oder auch bei einer sozialen Einrichtung in der Ortsmitte. Daher ist auch für Sterz klar: "Wir haben uns so noch nicht mit der Entscheidung abgefunden", sagt er. "Wir wollen es dem Landrat schon nahelegen, dass es nicht an einem fehlenden Standort scheitern darf und muss." Die Testphase samt Studie hätte schließlich ergeben, dass der Standort in Scheyern eine Verbesserung sei. "Aber mit dem Satz: ,Das ist keine Lösung.' ist das vom Tisch gekommen", verweist Sterz auf die Argumentation des Landrats während der Sitzung.

Gerade auch für die Gemeinde Gerolsbach würde der Standort in Scheyern eine positive Entwicklung bedeuten. "Wir auf Gerolsbacher Seite hatten eine erhebliche Verbesserung - das wurde uns jetzt wieder genommen", sagt Bürgermeister Martin Seitz (CSU). Mit der Vorgehensweise des Zweckverbands und vor allem des Vorsitzenden Martin Wolf ist er "absolut nicht einverstanden": Das Gremium hätte nur aufgrund des Gutachtens abstimmen sollen. "Das war komplett verkehrt. Man hätte im Vorfeld mehr recherchieren müssen", sagt er. Beispielsweise mit Scheyern über einen Standort sprechen oder sich bei den Nachbarregionen über die Chancen eines fünften Rettungswagens unterhalten. "Aber so eine Entscheidung dann Knall auf Fall zu versuchen, das funktioniert nicht." Zwar ist damit keine Entscheidung für Scheyern gefallen. "Aber die Leute im Zweckverband haben sich richtig verhalten: Sie wollen die Argumente sauber ausgearbeitet haben." Auch Heinrich sieht das so: "Dass es noch keine endgültige Entscheidung gibt, damit muss man rechnen, wenn noch nicht alles klar ist."

Nun heißt es für die Südbürgermeister: Geduld bis zur nächsten Sitzung des Rettungszweckverbands im Februar. "Hoffentlich werden nun die offenen Fragen geklärt und schließlich eine Entscheidung klar und sachlich begründet", sagt Betzin. Die Südbürgermeister wollen bis dahin nicht einfach abwarten. "Wir werden uns nochmal Gedanken machen, wie wir weiter vorgehen", erklärt Seitz. Im Februar wollen sie bei der Sitzung des Rettungszweckverbands wieder mit dabei sein.
 

Kommentar von Claudia Lodermeyer

Warum gibt man ein Gutachten in Auftrag, an das man sich letztlich nicht hält? Das Fazit des Münchner Instituts ist schließlich eindeutig: „Zusammenfassend ist festzustellen, dass (...) der Probebetrieb in der Gemeinde Scheyern die rettungsdienstliche Versorgungssituation (...) deutlich verbessern konnte.“ Dennoch entschied sich der Rettungszweckverband, erst einmal bis Frühjahr abzuwarten; Landrat Martin Wolf plädierte sogar dafür, noch ein gutes Jahr lang auszuharren. Die Bürgermeister der südlichen Gemeinden können das nur schwer nachvollziehen – vollkommen zurecht.

Für ihre Bürger würde der Standort in Scheyern eine deutliche Verbesserung bedeuten, teils wäre der Notarzt dann sogar innerhalb der gesetzlich vorgegebenen Rettungsfrist am Einsatzort. Für Bürger anderer Gebiete hat die Verlagerung zwar eine Verschlechterung zur Folge – was von vorne herein absehbar war. Dennoch werden die magischen zwölf Minuten auch in diesen Gebieten gehalten, wie Günther Griesche vom Zweckverband klarstellte.

Rein sachlich wiegt damit die Verbesserung vor allem für die Jetzendorfer und Gerolsbacher schwerer. Warum nun die Entscheidung um Monate verschoben wurde, lässt sich also nur schwer erklären. Schließlich sagen Ärzte immer wieder: Jede Sekunde zählt! Hoffentlich gehen die Uhren im südlichen Landkreis langsamer.

Claudia Lodermeyer