Neuburg
Das Geheimnis der Zeit

Jugendtheater der 36. Neuburger Sommerakademie präsentiert das Stück "Momo" von Michael Ende

17.08.2014 | Stand 02.12.2020, 22:20 Uhr

„Macht langsam, macht eure Augen auf und schaut, eure Zeit wird euch geklaut“, schreien Momo (Judith Huis, linkes Foto, Zweite von links) und ihre Freundinnen (Eva-Maria Schieckel, Fiona Ettenreich und Sophie Günzel) dem Publikum entgegen. Regisseur Louis Villinger hat in nur zwei Wochen das Stück mit den Jugendlichen einstudiert. - Fotos: r

Neuburg (DK) Zwei Wochen lang haben 14 Mädchen und Jungen im Alter zwischen zwölf und 18 Jahren bei Louis Villingers Jugendtheater den Michael-Ende-Klassiker „Momo“ geprobt. Am Samstag präsentierten sie das Stück im Stadttheater – und das gleich zweimal. Das Publikum zeigte sich begeistert.

1973 wurde Michael Endes Roman „Momo“ erstmalig veröffentlicht – und doch hat es keinen Deut Aktualität verloren. Das ist bei der Vorstellung des Jugendtheaters am Samstag im Stadttheater eindrucksvoll beim Zuschauer angekommen. Keine Zeit, Stress, Hektik: Die grauen Herren von der „Zeitsparkasse“ wollen den Menschen die kostbare Zeit stehlen, die verfallen in zunehmende Hektik. Drei Mädchen drücken wie wahnsinnig geworden rhythmisch auf ihren Smartphones herum. Früher hatten die Eltern noch Zeit, heute müssen die „Märchen-Apps“ als Ersatz herhalten.

Den zwölf Mädchen und zwei Jungen vom Jugendtheater, die in den vergangenen beiden Wochen voller Leidenschaft und Disziplin von neun Uhr morgens bis fünf Uhr nachmittags – auch am Samstag – ihre Texte gelernt und geprobt haben, ist es gelungen, die Geschichte vom kleinen Mädchen Momo, den grauen Herren, die die Zeit stehlen wollen, vom weisen Meister Hora und seiner Schildkröte Kassiopeia, in 40 Minuten zu bündeln – und dabei eine mehr als beeindruckende Leistung abzurufen, vor der man nur den Hut ziehen kann.

Heuer konnte Regisseur Louis Villinger, selbst zum vierten Mal Dozent bei der Neuburger Sommerakademie, auf viele Wiederholungstäter zurückgreifen. Vier Neulinge sind zum Ensemble dazugekommen. Und man merkt, dass die jungen Darsteller wissen, was sie da oben auf der Bühne tun. Mühelos schreien sie, wenn es das Drehbuch fordert, flüstern, wenn es angebracht ist, laufen wie wild über die Bühne, als im Dorf die Hektik ausgebrochen ist.

Und das alles bei sehr reduzierter Kulisse. Lediglich vier lange Tische stehen aneinandergereiht auf der Bühne, und sie übernehmen viele Funktionen. Mal schläft Momo – fabelhaft die leisen und nachdenklichen Töne treffend: Judith Huis – darunter, mal wird darauf imaginäres Essen ausgegeben, dann wieder fegt Beppo (Laura Mares) darüber, als wären sie eine Straße. Und Fremdenführer Giggi (Antonia Giannakopulos) zeigt interessierten Touristen das Amphitheater. Hinter den Tischen lediglich eine Leinwand, die in verschiedenes Licht getaucht wird, meistens in helle und blaue Töne.

Während das Bühnenbild reduziert daherkommt, sind die Requisiten so ausgewählt, dass der Zuschauer sofort die in aller Welt bekannten Figuren aus „Momo“ wiedererkennt. Momo selbst trägt ein langes, weites schwarzes Jackett, ganz wie im Buch beschrieben. Die grauen Herren – wunderbar akzentuiert, einschüchternd und dominant gespielt von Amelie Müller, Zinaida List, Sophie Stolte und Justus Hierlmeier – sind perfekt in Szene gesetzt mit schwarzen Sonnenbrillen und grauem Look. Im krassen Gegensatz dazu: Meister Hora (Bernadette Graf) im glänzenden Satin-Pyjama und Schildkröte Kassiopeia (Eva-Maria Schieckel) mit gebücktem, langsamem Gang und giftgrünem Kapuzenpullover.

Regisseur Villinger ist denn auch sehr zufrieden mit der Leistung seiner Schützlinge und zeigt sich erleichtert, dass alles wie am Schnürchen geklappt hat und nicht mal ein einziger kleiner Wackler dabei war. Im Gegenteil: Was hier im Stadttheater abgeliefert wurde, ist absolut beeindruckend. Die zurückliegenden Tage der Proben waren sicherlich anstrengend, doch mit dem kräftigen Applaus des begeisterten Publikums wurden die jungen Schauspieler gebührend für ihre Mühen belohnt.