Ingolstadt
Das dritte Team auf dem Eis

Neben den Profis des ERC Ingolstadt und der Adler Mannheim stehen im DEL-Finale auch die Schiedsrichter im Fokus

12.04.2015 | Stand 02.12.2020, 21:26 Uhr

Viel Arbeit hatten die Unparteiischen gestern Nachmittag. Die Linienrichter André Schrader und Thomas Gemeinhardt versuchen in dieser Szene, ERC-Profi Christoph Gawlik und Mannheims Danny Richmond voneinander zu trennen. - Foto: M. Sterner

Ingolstadt (DK) „Schieber, Schieber“, hallt es durch die ausverkaufte Saturn-Arena. Die ERC-Fans unter den 4815 Zuschauern sind außer sich. Hatten sie gerade noch den Torjubel auf den Lippen, fühlen sie sich nun von den Unparteiischen um den vermeintlichen Führungstreffer betrogen.

Denn statt das Unterzahltor durch Ingolstadts Patrick Hager im ersten Drittel zu geben, unterbrechen die beiden Hauptschiedsrichter Daniel Piechaczek und Gordon Schukies zuvor die Partie (siehe Spielbericht). Eine Fehlentscheidung, wie sich auf den Fernsehbildern herausstellen sollte.

Diskussionen um die Leistungen der Unparteiischen gibt es in jeder Sportart. „Im Eishockey steht der Schiedsrichter aber noch mehr im Fokus“, meinte Holger Gerstberger, Schiedsrichterbeauftragter in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL), gestern Nachmittag am Rande des 5:2-Sieges des ERC Ingolstadt im zweiten Play-off-Finale gegen die Adler Mannheim. In kaum einer anderen Sportart seien die Regelhüter demnach mehr gefordert als in der schnellsten Mannschaftssportart der Welt. Das teils unübersichtliche Regelwerk mit rund 180 Paragrafen tut ihr übriges. „Es wird nur über die Schiedsrichter gesprochen, wenn sie schlecht pfeifen“, ergänzte Gerstbergers Kollege Stefan Trainer.

Und so war es dann auch gestern. „Die Schiedsrichter haben gesagt, dass sie schon gepfiffen hatten, aber keiner hat’s gehört“, kommentierte Hager besagte Szene. Der Ingolstädter Angreifer monierte zudem weitere „kleinliche“ Entscheidungen der Referees, während Teamkollege Christoph Gawlik sagte: „Sie haben unnötige, blöde Strafen gepfiffen. Eine gesunde Härte gehört zum Finale.“

In den Play-offs stehen also nicht nur die Profis im Mittelpunkt, sondern auch „das dritte Team auf dem Eis“, wie Linienrichter André Schrader sich und seine Kollegen nennt. „Der Druck ist daher sicher ein anderer. Aber schwieriger zu pfeifen, ist es nicht unbedingt“, erzählt Schrader, der im vergangenen Jahr beim WM-Finale zwischen Russland und Finnland auf dem Eis gestanden war.

Insgesamt sind 58 Schiedsrichter in der DEL im Einsatz, für das Endspiel werden die Besten ausgewählt. „Es zählt das Leistungsprinzip“, sagt Trainer. Deshalb sei es laut Piechaczek auch „eine Riesenehre“, für das Finale nominiert zu werden. Neben den beiden Hauptschiedsrichtern und Linienrichtern kommt im Endspiel zudem ein Videoschiedsrichter zum Einsatz. Gestern Nachmittag nahm diese Rolle Lars Brüggemann – der ehemalige DEL-Profi gilt als Bester seiner Zunft – im Übertragungswagen von „Servus TV“ ein.

Der unter Fans weitverbreiteten Meinung, dass in den Play-offs eine großzügigere Regelauslegung angewendet wird, widerspricht Thomas Gemeinhardt. „Klar, das steht auf der letzten Seite im Regelwerk“, scherzt der Wolfsburger, der gestern als zweiter Linienrichter auf dem Eis stand. Trainer ergänzt, dass „dies vielleicht einmal vor 15 Jahren so war“.