Drei-Gänge-Menü für zehn
"Das darf nicht sein": Kritik an Dienstbesprechung mit Innenminister

Nach Polizei-Pressekonferenz mit Innenminister wurde Drei-Gänge-Mittagessen für zehn Teilnehmer serviert

17.01.2021 | Stand 25.01.2021, 3:33 Uhr |
Nach der Pressekonferenz mit Innenminister Joachim Herrmann gab es im KuKo Rosenheim noch ein polizeiliches Mittagessen mit zehn Teilnehmern. − Foto: Polizei

Vertreter von Polizei, Innenministerium und Stadt treffen sich mitten in der Corona-Pandemie zu zehnt zu einem Mehrgänge-Mittagessen.

Diese interne "Verlängerung" einer Pressekonferenz des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd am vergangenen Donnerstag in Rosenheim sorgt für Schlagzeilen und Kritik der Landtagsopposition. Laut Ministerium handelte es sich um eine "Dienstbesprechung" unter Einhaltung aller Vorschriften.

Die "Bild"-Zeitung berichtete zuerst über den Nachgang des Vizepräsidenten-Wechsels. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) hatte im Kultur- und Kongresszentrum (KuKo) Rosenheim die bisherige Polizei-Vizechefin Eva Schichl verabschiedet und ihren Nachfolger Frank Hellwig vorgestellt. Laut "Bild" hätten Journalisten anschließend den Raum durch einen Notausgang verlassen müssen. Dann habe eine Catering-Firma Essen serviert, ein Drei-Gänge-Menü (Suppe, Kalb, Bayrisch Creme) - für zehn Teilnehmer, darunter Minister Herrmann, Landespolizeipräsident Prof. Dr. Wilhelm Schmidbauer, Polizeipräsident Robert Kopp und Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März (CSU). Nachdem eine Polizistin bemerkte, dass "Bild"-Reporter Fotos vom Servieren und Abräumen anfertigten, sei ein Sichtschutz aufgestellt worden.

Instinktlos und moralisch fragwürdig

Die Zeitung kommentiert das Treffen als wohl rechtlich erklärbar, aber instinktlos und moralisch fragwürdig in Zeiten, in denen sich viele Menschen extrem einschränkten, die Polizei selbst rodelnde Kinder stoppe und die Gastro-Branche vor dem Kollaps stehe. Dabei lässt "Bild" kritische Stimmen zu Wort kommen, etwa Angela Inselkammer, Bayern-Chefin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga): "Das ist extrem unglücklich und absolut kein Vorbild. Das darf nicht sein. Unsere Branche steht komplett im Regen, und da wird ein Schlupfloch gesucht. Und nicht zu vergessen: Wir dürfen derzeit alle nur eine Person treffen. " Der Münchner Gastronom Christian Schottenhamel ergänzt: "Das ist nicht in Ordnung. Zur Solidarität gehört, dass alle mithelfen, um eine Verbreitung zu stoppen. Diese Veranstaltung hätte nicht stattfinden dürfen. Andere werden für so etwas bestraft". Auch die Opposition im bayerischen Landtag zeigte sich empört: "Ein Arbeitsessen in großer Runde ist sicher kein corona-konformes Format und eine fast freche Ausrede", meinte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Zuvor sagte FDP-Fraktionsvorsitzender Martin Hagen: "Markus Söder hat gesagt: Die Zeit der Schlupflochsuche sei vorbei. Man sollte doch annehmen, dass sein Innenminister das beherzigt. "

An zehn einzelnen Tischen

Die Heimatzeitung hat beim bayerischen Innenministerium nachgefragt, wie es das Treffen rechtfertigt. Pressesprecher Oliver Platzer bestätigte, "dass nach der Pressekonferenz eine Dienstbesprechung unseres Hauses mit der Behördenleitung des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd und dem Rosenheimer Oberbürgermeister als Leiter der örtlichen Sicherheitsbehörde stattfand - unter strikter Beachtung der Abstands- und Hygieneregeln". Die insgesamt zehn Teilnehmer seien an zehn einzelnen Tischen mit mehr als zwei Meter Abstand platziert gewesen. Aufgrund der Mittagszeit sei ihnen eine Verpflegung angeboten und jeweils einzeln am Platz gereicht worden. "Eine Dienstbesprechung in dieser Form ist nach der aktuellen Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung zulässig", betont Platzer. "Gleichwohl sollen dienstliche Veranstaltungen im Bereich des Innenministeriums bis auf Weiteres noch häufiger per Videoschalte oder online stattfinden. "

Abstände entsprechend groß

Rosenheims Oberbürgermeister Andreas März konnte die Aufregung gegenüber dem "Oberbayerischen Volksblatt" im Kern nicht nachvollziehen: "Jeder hatte seinen eigenen Tisch, die Abstände waren entsprechend groß. In meinen Augen lief das regelkonform ab. " Gastgeber im KuKo-Saal sei nicht die Stadt gewesen, so März gegenüber der Rosenheimer Zeitung. Rund eine Stunde lang habe man das Thema Sicherheit in der Pandemie und die entsprechenden Verordnungen besprochen, dann sei das Treffen beendet gewesen. Über Form und Zeitpunkt der Veranstaltung könne man geteilter Meinung sein, räumte März ein. "Keine Frage, das war nicht glücklich gewählt. Aber es war auch keine Ausnahmesituation. " Derartige Termine fänden in der Arbeitswelt trotz des Lockdowns nach wie vor überall in Deutschland statt. "Hätte das Ganze in einem Saal im Präsidium oder im Rathaus bei Kaffee und Butterbreze stattgefunden, wäre die Aufregung nicht halb so groß. "

Thomas Thois

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