Hundszell
Das Älteste der Audörfer

Am Sonntag feiert Hundszell sein 800-jähriges Bestehen: Festumzug und Ausstellung

19.06.2019 | Stand 23.09.2023, 7:28 Uhr
Das einstmals kleine Hundszell ist im Zuge der regen Bautätigkeit in den vergangenen Jahrzehnten stark gewachsen. −Foto: Schalles

Hundszell (DK) Seit mehr als einem halben Jahrhundert sind die Hundszeller - wieder - richtige Schanzer.

Aber wenn sie ins Rathaus müssen oder ein Geschäft in der City besuchen, dann fahren sie immer noch "in die Stadt". Der kleine Ingolstädter Ortsteil hat seinen ländlichen Charakter bewahrt, auch wenn die Einwohnerzahl in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist und der Ort Anfang 1962 als Teil der selbstständigen Gemeinde Unsernherrn nach Ingolstadt eingemeindet wurde.

"Früher war Hundszell ein richtiges Dorf", erzählt Walburga Majehrke, langjährige Vorsitzende des BZA Südwest. Sie kann sich noch an die Zeit erinnern, als das Eis für die Wirtschaften (von denen es einst einige gegeben hat) im Winter vom Weiher geholt wurde, als es dort noch eine Bühne gab, wo Theater gespielt wurde, und als die Frauen noch das Brot selber gebacken haben. Auch ihre Tochter Claudia weiß noch, dass früher eines der wenigen Telefone im Ort im Lebensmittelgeschäft stand und die Jugend im der alten Kiesgrube, wo auch die Gänse waren, das Schwimmen gelernt hat. Das ist auch der Grund dafür, warum sich viele Hundszeller für den Erhalt einsetzen.

"Und die alten Hausnamen sind auch noch in Gebrauch", ergänzt Robert Wagner: Wenn jemand vom Ev spricht, ist der Landwirt gemeint, der neben dem Feuerwehrhaus von Hundszell wohnt. Das ist übrigens kein Zufall: Als in den 90er-Jahren trotz mehrerer Versuche kein Standort für ein Feuerwehrhaus zu finden war, bot Vater Josef Wagner der Stadt an, dass das Gebäude auf seinem Grund errichtet werden könne. Die Familie Wagner hat das Feuerwehrhaus seitdem an die Stadt Ingolstadt vermietet - ein absolut ungewöhnlicher Einzelfall nicht nur in der Region, sondern in ganz Bayern.

"Dieser Zusammenhalt im Dorf war früher eine Selbstverständlichkeit", sagt Walburga Majehrke. So war es für die drei wie auch für ein gutes Dutzend weitere Hundszeller eine Selbstverständlichkeit, ein Fest zum 800-jährigen Bestehen des Ortes mit seinen sieben Vereinen zu organisieren. Kurz vor Weihnachten, erinnert sie sich, hat sie die ersten Telefonate geführt, ob überhaupt jemand Interesse an so einer Feier hätte, hat in alten Aufzeichnungen geblättert, im BZA darüber gesprochen und auch mit Maximilian Böhm geredet. Denn im Bauerngerätemuseum, neben Sportplatz, Kirche und Feuerwehrhaus eines der Zentren im Ort, soll das Fest stattfinden.

Beginn ist Sonntag, 23. Juni, um 9.30 Uhr mit einem Festgottesdienst, der in der Marienkirche gefeiert wird. Anschließend begibt sich der Umzug mit etwa 20 Vereinen zum Museum, wo die Festansprachen gehalten werden. Nach dem Mittagessen erwartet die Kinder ein großes Programm und die erwachsenen Gäste neben Kaffee und Kuchen eine schöne Musik, ein Infostand der Feuerwehr und vieles mehr. Nicht minder interessant dürfte die Ausstellung im Museum werden, in der alte Bilder und Fundstücke aus Hundszell gezeigt werden. Außerdem hat Robert Wagner einen Gedenkstein gestiftet, der am Sonntag in der Marienkirche geweiht wird. Und Alt-OB Peter Schnell wird das Geheimnis lüften, warum er Schirmherr des Festes ist. . .

 

 

JAHRHUNDERTE EIN TEIL VON INGOLSTADT

 

Die Geschichte von Hundszell ist untrennbar mit der Ingolstadts verbunden. Über Jahrhunderte hinweg, von 1341 bis 1818, gehörte der Ort zur Stadt, wie auch seit 1962 wieder. Erstmals genannt wurde das älteste der Audörfer   im Jahr 1219, zehn Jahre später wurde es als Huntzelle erstmals urkundlich erwähnt. 1319 schenkte Kaiser Ludwig der Bayer das Rittergut Hundsberg (auf den Ruinen des Schlosses der gleichnamigen Edlen wurde später wohl Spitalhof errichtet) dem Heilig-Geist-Spital zu dessen Versorgung. 
Seit Mitte des 14. Jahrhunderts gehörten  die Audörfer über Jahrhunderte zum Ingolstädter Burgfrieden. Doch nachdem König Max Joseph 1813 eine Neuordnung des Gemeinwesens verfügt hatte, wurden Feldkirchen, Mailing, Kothau, Rothenturm, Unsernherrn, Hundszell sowie Haunwöhr ausgegliedert und blieben fünf Jahre eigenständig. Mailing und Feldkirchen bildeten dann eine Gemeinde, die fünf übrigen Dörfer schlossen sich mit Ringsee und Niederfeld zur Gemeinde Unsernherrn zusammen. Brunnenreuth entstand erst 1816 und blieb mit Spitalhof selbstständig. 


Viele Bürger arbeiteten jedoch in der ständig größer werdenden Stadt. Anfang 1959 fasste der Gemeinderat Unsernherrn den einstimmigen Beschluss , die Gemeindeteile Ringsee, Kothau, Neu-Unsernherrn und Haunwöhr der Stadt einzugliedern. Auch eine Befragung der Bürger ergab eine eindeutige Mehrheit pro Ingolstadt. Der Stadtrat stimmte auch zu, regte aber an, gleich  Alt-Unsernherrn und Hundszell einzugemeinden, was die Bevölkerung beider Ortsteile bei einer Abstimmung mit rund 80 Prozent befürworteten. Wie der Heimatforscher Hans Fegert in seinem Buch über die Ingolstädter Ortsteile weiter schreibt, beantragte der Gemeinderat Unsernherrn mit dem Hundszeller Hans Leitner als Bürgermeister daraufhin die Eingliederung der gesamten Gemeinde. Zwar wollte der damals noch existierende Kreistag des Landkreises Ingolstadt einen Teil von Unsernherrn als selbstständige Gemeinde erhalten, doch nachdem man sich über die 35 Hektar großen Jesuitenäcker geeinigt hatte, kam Unsernherrn zu Beginn des Jahres 1962 nach Ingolstadt. Die Stadt wuchs damit um 1100 Hektar und um 6100 Einwohner. 

Bernhard Pehl