Pfaffenhofen
Damit aus Laichzug kein Leichenzug wird

05.03.2010 | Stand 03.12.2020, 4:12 Uhr

Die Amphibien werden an den Schutzzäunen von Helfern des BN eingesammelt und sicher über die Straße gebracht, damit sie ihre Laichgewässer erreichen. - Foto: Benen

Pfaffenhofen (PK) In diesen Tagen stellen etwa 90 freiwillige Helfer des Bund Naturschutz zum Teil mit Unterstützung des Kreisbauhofes an elf Straßenabschnitten im Landkreis Amphibienschutzzäune auf. Denn die steigenden Temperaturen locken die ersten Amphibien aus ihren Winterverstecken.

In den nächsten Wochen rettet der BN Frösche, Kröten und Molche vor dem Verkehrstod – es ist die größte Naturschutzaktion im Landkreis. Vor allem in feuchtwarmen Abend- und Nachtstunden, vorzugsweise bei leichtem Regen und einer Temperatur von über fünf Grad überqueren die Amphibien scharenweise die Straßen, um in Teichen und Feuchtgebieten abzulaichen. Deutlich später als sonst, aber mit umso mehr Macht wandern dieses Jahr wieder Hunderttausende von Erdkröten, Fröschen und Molchen. Wenn sie nicht direkt von einem Auto getötet werden, werden sie häufig ab etwa 40 km/h vom Luftwirbel der Pkw erfasst, hochgewirbelt und getötet. Der BN appelliert an die Autofahrer, nun Rücksicht zu nehmen, nicht nur auf die Amphibien, sondern auch auf die Helfer am Straßenrand.

Amphibien wandern in jedem Frühjahr über Kilometer hinweg zu ihrem traditionellen Laichplatz. Probleme ergeben sich aus der Tatsache, dass es fast alle Amphibien zur gleichen Zeit tun und bei ihrer Wanderung oft verkehrsreiche Straßen überqueren müssen. Damit der Laichzug der Lurche nicht zum Leichenzug wird, helfen ehrenamtliche Amphibienschützer des BN. An den Krötenzäunen werden die Tiere mit Falleimern eingesammelt und über die Straße gebracht, damit sie ihr Laichgewässer erreichen. Der noch gefrorene Boden erschwert in diesem Jahr das Aufbauen der Zäune.

Derzeit sind mehrere Tausend ehrenamtliche Helfer und Mitglieder des BN an 419 Wanderwegen in Bayern dabei, mobile Krötenschutzzäune entlang von Straßen aufzustellen oder betreuen Amphibientunnel, um die hier ankommenden Amphibien sicher über die Straße zu bringen. Nur etwa ein Drittel der Wanderwege sind mit Amphibientunneln und fest installierten Leitsystemen ausgestattet, an denen die Amphibien selbst die Straße gefahrlos unterqueren können. So bleibt vielerorts nur das mühsame Absammeln per Hand übrig, für das nun Tausende von Helfern des BN in ganz Bayern im Rettungseinsatz sind.

Das ist auch dringend notwendig: Die Amphibienbestände Bayerns sind anhaltend rückläufig, immer mehr Arten müssen in die Rote Liste gefährdeter Tiere aufgenommen werden. 13 der 19 heimischen Amphibienarten sind gefährdet. Besonders hohe Rückgänge gab es in den letzten Jahren bei Gelbbauchunke, Kreuzkröte und in großen Landschaftsteilen beim Laubfrosch. In der offenen Agrarlandschaft, vor allem in ausgeräumten Ackerlagen, scheinen selbst Bestände früher häufiger Arten wie Erdkröte oder Grasfrosch wegzubrechen. Es drohen amphibienfreie Landschaften als Ergebnis viel zu intensiver Landwirtschaft und der immer weiter zunehmenden Landschaftszerschneidung mit neuen Straßen. Dramatisch sind laut BN neue Forschungsergebnisse, nach denen chemische Insekten- und Unkrautvernichtungsmittel aus den Spritzdüsen der konventionellen Landwirtschaft auf Amphibien und ihre Kaulquappen bereits in weitaus geringeren Konzentrationen als früher geglaubt tödlich wirken. Dies und die Klimaveränderung dürften die Ursache eines derzeit zu beobachtenden globalen Amphibiensterbens sein.

Viele Amphibienübergänge sind bekannt und betreut, aber jeder, der jetzt einen Straßenabschnitt mit überfahrenen Fröschen und Kröten neu entdeckt, kann ihn auf der BN-Internetseite www.amphibien.bund-naturschutz.de melden, um damit Schutzmaßnahmen einzuleiten.