Eichstätt
"Da sind wir gern konservativ"

23.01.2011 | Stand 03.12.2020, 3:14 Uhr

Die grüne OB-Kandidatin Manuela Knipp-Lillich nimmt sich Benedikt Bisping zum Vorbild: Er ist seit zwei Jahren der erste grüne Bürgermeister in Lauf und referierte über "zukunftsfähige Kommune".

Eichstätt (EK) Der Zukunftskongress des Grünen-Kreisverbandes darf auch als sehr früher Wahlkampfauftakt zur Oberbürgermeisterwahl 2012 gelten: Stadt- und Kreisrätin Manuela Knipp-Lillich nutzte die Chance, im Rahmen des von ihr organisierten hochrangig besetzten Kongresses Pflöcke zu setzen.

"Zukunft gestalten" sei das Motto der Grünen auf nationaler und lokaler Ebene. Und mit Blick auf die OB-Wahl 2012 erklärte Knipp-Lillich, weil sich alle Fraktionen außer den Grünen mit ihrer Kandidatenkür noch bedeckt halten: "Außer mir gibt es bisher keinen, der das Amt übernehmen möchte." Zum Kongress war es der Kreisvorsitzenden gelungen, hochkarätige Gäste nach Eichstätt zu holen, die verdeutlichen sollten, wie Erfolg versprechende grüne Politik gemacht werden könne.

"Das kann das erfolgreichste Jahr der Grünen werden", erklärte die Bundesvorsitzende Claudia Roth in ihrem gewohnt sehr engagiert vorgetragenen Impulsreferat. Sie führte die sehr guten Umfragewerte ihrer Partei auf die hohe Glaubwürdigkeit und die überzeugenden Inhalte der Grünen zurück (siehe Interview auf Seite 2). "Wir heben nicht ab, wir bleiben auf dem Teppich, auch wenn der gerade fliegt", erklärte Roth. Der große Zuspruch aus der Bevölkerung komme daher, dass sich immer mehr zeige, "dass man mit grünen Ideen auch schwarze Zahlen schreiben kann".

Gerade weil es auf zentrale Fragen oft keine Patentrezepte geben könne, seien Zukunftsforen wie jenes am Wochenende in Eichstätt von großer Bedeutung. "Wir und immer mehr Bürger wollen den Gegenentwurf zum technokratischen Politikstil der Vergangenheit", erklärte die Bundesvorsitzende und verwies auf Bürgerbewegungen wie "Stuttgart 21" : Das seien nicht nur die "üblichen Verdächtigen". "Blinde Emotionalisierung", etwa bei der Suche nach "Sündenböcken" sei "brandgefährlich" warnte Roth. "Bei den großen Zukunftsfragen muss die ethische Dimension eine überragende Rolle spielen", forderte sie.

Wohin menschliche Hybris führe, habe Tschernobyl gezeigt, zeige sich im Stichwort BSE, in der Gentechnik, beim Klonen von Tieren und vielem anderen mehr: "Wir setzen hier Grenzen. Da sind wir sehr und gern konservativ."

Die zentrale Frage der Gesellschaft laute: "Wie sieht gutes Leben aus" Darauf könne es keine einfachen Antworten geben, denn es gehe um Fragen des Lebensstils: "Wie lebe ich, was esse ich, wie verdiene ich mein Geld" Persönliche Freiheiten auf Kosten anderer seien nicht hinzunehmen. "Wir sagen nicht nein zu Wachstum und Fortschritt, aber das sind keine Werte per se." Roth verwies darauf, dass es neben der Klimakrise und der Finanzkrise noch eine dritte große Krise gebe, über die viel zu wenig gesprochen werde: "Über eine Milliarde Menschen auf der Welt stehen vor dem Hungertod, und das hat damit zu tun, wie wir hier wirtschaften." Ein wesentlicher Faktor allen politischen Tuns müsse deshalb stets die Gerechtigkeit sein.

Die Bundesvorsitzende verwerte sich auch gegen die "Spaltung der Gesellschaft" hierzulande, angesichts 14 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze spürbar nicht nur in Bildung und Gesundheitswesen. "Wir brauchen einen Konsens dessen, was Gemeinwohl ist." Eine Gesellschaft sei nur dann zukunftsfähig, wenn sie gerecht und solidarisch sei und die Fähigkeiten der Menschen fördere und unterstütze. Das betreffe das Zusammenleben der Generationen ebenso wie das Einbinden von Menschen mit Migrationshintergrund. "Heimat ist da, wo ich dazugehöre und gebraucht werde." Das müsse für alle gelten, ebenso wie Artikel 1 des Grundgesetzes: ",Die Würde des Menschen ist unantastbar’, jedes Menschen, ohne Adjektiv", erklärte Claudia Roth.