Königsmoos
"Da ist der nächste Ärger vorprogrammiert"

11.06.2010 | Stand 03.12.2020, 3:57 Uhr

Das Montessori-Konzept stellte Gerlinde Bratfisch den Zuhörern in Ludwigsmoos vor. Die gut einstündige Präsentation des Jahresprogramms des Steingriffer Kindergartens verlangte dann allerdings sehr gutes Konzentrationsvermögen. - Fotos: Hammerl

Königsmoos (ahl) Zu einer offen geführten Diskussion ist es am Donnerstag in Königsmoos zwischen den Befürwortern der Kindergartenstandorte Ludwigsmoos und Klingsmoos gekommen. Eingeladen hatte die Bürgerinitiative Klingsmoos zum Infoabend nach Ludwigsmoos.

Landratsstellvertreter Michael Kettner, der als Moderator fungierte, achtete dabei darauf, dass die Diskussion sachlich verlief, wenn auch nicht emotionsfrei. Argumente wurden ausgetauscht, wobei alle Seiten ausgewogen zu Wort kamen. Eingangs hatte Hans Schmid, einer der Initiatoren des neuen Bürgerbegehrens, kurz das Konzept von Architekt Matthias Hofstetter für den Umbau der alten Schule in Klingsmoos vorgestellt. Danach finden dort zwei Kindergartengruppen, darunter eine integrative, und die Kinderkrippe Platz, was, so Schmid, rund 400 000 Euro günstiger käme als ein Neubau in Ludwigsmoos. 

"Riesenaufwertung"

Edler setzte Zuschüsse von 475 000 Euro, die der Gemeinde für Ludwigsmoos bereits zugesagt seien, dagegen, so dass rund 400 000 Euro – den ohnehin notwendigen aktualisierten Brandschutz im Altbau mitgerechnet – verblieben, während in Klingsmoos nur etwa 30 Prozent an Zuschüssen flössen, so dass 335 000 Euro von der Gemeinde aufgebracht werden müssten. "Da muss ich mich als Gemeinderat fragen, ob ich soviel Geld für ein halbscharig saniertes Gebäude ausgeben will, während ich in Ludwigsmoos einen Neubau bekomme.” Edler verwies auf die Krippenkinder, die auf einem Steinboden spielen müssten, der nur "notdürftig mit einem Parkettboden gedämmt" werde. Dritter Bürgermeister Karl Mosch sah dagegen eine "Riesenaufwertung der Gemeinde für wenig Geld – eine solch wertvolle Einrichtung dürfen wir uns nicht von anderen Gemeinden stehlen lassen".

Etwa die Hälfte der zweieinhalbstündigen Veranstaltung nahm das Referat von Gerlinde Bratfisch ein. Sie wurde von Gemeinderat Reiner Huber (FW) als "Leiterin des Montessori-Kindergartens Klingsmoos" begrüßt; nach Publikumszurufen korrigierte er sich lachend in "Montessori-Kindergarten Steingriff". Bratfisch stellte zunächst Maria Montessori und ihr vor 100 Jahren erstelltes pädagogisches Konzept vor und erläuterte dann anhand eines detaillierten Vortrags, der die Zuhörer mit fortschreitender Zeit unruhiger werden ließ, Tagesablauf und Kindergartenjahr in Steingriff mit Waldtagen, St. Martinsfeier, Festen mit Eltern und Großeltern, Freispiel und pädagogischem Spielzeug nach Maria Montessori. "Dieses Konzept begeistert mich", kommentierte Stefan Hammer, ein Zuhörer aus Ludwigsmoos, am Ende eines langen Vortrags die Inhalte, "allerdings sehe ich keinen Unterschied zu dem Kindergarten, den mein Sohn besucht". Vielleicht, mutmaßte er, arbeite auch seine Kindergärtnerin nach Montessori-Art? Sein Sohn besucht den Kindergarten in Ludwigsmoos.

Bratfisch plädierte für eine kleine, überschaubare Einheit, nur dann ließe sich eine integrative Gruppe realisieren. Das führte zu Rückfragen einiger Ludwigsmooser, die nachhakten, warum denn das Konzept nicht auch in Ludwigsmoos anwendbar sei? Bratfisch argumentrierte, dass zwischen integrativer Gruppe und Montessori-Konzept zu unterscheiden sei. Innerhalb eines Hauses sollten nicht zwei verschiedene Konzepte gefahren werden. Dass sich eine bestehende Einrichtung "ein Konzept überstülpen" lasse, bezweifelte sie.

Hammer konnte sich nicht vorstellen, dass ein freier Träger das Montessori-Konzept für 55 Euro im Monat anbiete. In Steingriff würden genauso 64 Euro fällig, sagte Bratfisch, wie bei anderen Schrobenhausener Kindergärten auch. Gemeinderat Erich Kugler (CSU) unterstrich, bei den Kindergartengebühren habe die Kommune Mitspracherecht; sie könne sich dafür entscheiden, das Defizit zu tragen, wenn es ihr das wert sei. Wie Moderator Michael Kettner berichtete, tragen die meisten gemeinnützigen Träger im Landkreis das nach Zuschüssen verbleibende Defizit selber.

Eine Besucherin, Heike Breitner aus Ludwigsmoos, fragte nach den Kriterien für die Aufnahme der Kinder, wenn die Nachfrage so hoch sei, wie Gerlinde Bratfisch behauptet hatte. "Da ist doch der nächste Ärger vorprogrammiert", meinte sie. Bratfisch räumte ein, sehr viele Absagen erteilen zu müssen. Kugler erinnerte daran, dass es bis vor kurzem noch geheißen habe: "Welche Kinder werden nach Klingsmoos verbannt" – Jetzt laute die Frage auf einmal "Wer darf nach Klingsmoos"

Verschiedene Zahlen

Unterschiedliche Ansichten gab es zur Frage des Bedarfs. Edler rechnete vor, dass in Klingsmoos mindestens 50 Plätze geschaffen werden müssten, da Königsmoos aktuell 154 Kindergartenkinder habe, von denen 27 auswärtige Einrichtungen besuchten. Der Hofstetter-Entwurf sehe aber nur 40 vor, weshalb Edler "bei zwei knallvollen Kindergärten eine höchst eingeschränkte Wahlmöglichkeit für Eltern" sah. "Wie machen wir das" fragte er.

Kugler erwiderte, er wisse nur von 105 für 2010/2011 in Königsmoos angemeldeten Kindern, die rechnerisch 118 Plätze benötigten. Hans Kiefer kam auf 160 vorhandene Plätze, da er zu den 140 von Edler genannten (vier Gruppen à 25 in Ludwigsmoos plus 40 in Klingsmoos) noch 20 Nachmittagsplätze hinzu addierte.Einen neuen Aspekt brachte  Gemeinderat Gerhard Edler (BGK) ein, als er darauf hinwies, dass nach Auskunft der Gemeinde ein positiv für die BI Klingsmoos ausgehender Bürgerentscheid am 4. Juli keineswegs nur den Gemeinderat wieder handlungsfähig und den Weg für neue Entscheidungen frei mache, wie so oft behauptet. Vielmehr werde dann der alte Doppelbeschluss, sowohl in Ludwigsmoos anzubauen, als auch in Klingsmoos umzubauen, wieder rechtsgültig. Darauf reagierten die Vertreter der BI Klingsmoos nicht.

Hans Huber aus Klingsmoos appellierte an die nahezu in gleicher Anzahl anwesende Ludwigsmoosfraktion, doch "guten Willen zu zeigen und etwas Sinnvolles für Königsmoos zu schaffen". Heike Breitner fragte zurück, warum es denn ausgerechnet ein Kindergarten für die Schule sein müsse? "Warum macht ihr nichts für Jugendliche oder Senioren"

Michael Kettner, nach seiner Meinung befragt, sagte: "Ein Gebäude, das man hat, soll man auch nutzen". So schlecht könne die alte Schule nicht sein, schließlich sei bis vor einem Jahr dort noch Unterricht gehalten worden.