München
CSU zeigt konservative Kante

Zum Abschluss ihres Parteitags hat sich die CSU ein neues Grundsatzprogramm gegeben. Parteichef Horst Seehofer lobt dieses als "Sternstunde". Trotzdem sieht er nun ein neues Personalproblem auf sich zukommen.

06.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:05 Uhr

Markus Blume, Chef der Grundsatzkommission, drängt sich für neue Aufgaben in der CSU auf. - Foto: Gerhard/Imago

München (DK) Der Name ist Programm - im wahrsten Sinne des Wortes. "Die Ordnung" nennt sich das neue CSU-Grundsatzprogramm schlicht und knapp. Und genauso kurz wie der Name ist auch das Programm selbst. Auf nur 42 Seiten ist die DNA der Christsozialen künftig nachzulesen, die der CSU-Parteitag am Samstag in München verabschiedet hat.

An Sätzen, die dem Namen "Die Ordnung" alle Ehre machen, mangelt es nicht. "Zuwanderung braucht Grenzen und Regeln", heißt es etwa. Oder: "Gegen terroristische Bedrohungen, zur Grenzsicherung und beim Angriff auf kritische Infrastrukturen soll die Bundeswehr auch außerhalb der Katastrophenhilfe im Innern zum Einsatz kommen." Und: "Wir gewähren null Toleranz bei Rechtsverstößen und Gewalt." Die CSU unterstreicht mit dem neuen Grundsatzprogramm ihren Ruf als "Law-and-Order"-Partei und zeigt klare konservative Kante.

Zentrale Bedeutung nimmt dabei der heftig umstrittene Begriff Leitkultur ein, den der Vorsitzende der CSU-Grundsatzkommission, der Landtagsabgeordnete Markus Blume, vehement verteidigt. "Wer auf der Seite der Freiheit steht, muss auch Ja sagen zur Leitkultur", sagt er. Der Begriff stehe "für das Beste in unserem Land" und sei Grundlage der Integration. Daher könne er nicht verstehen, weshalb jemand gegen die Leitkultur sei. Die Opposition und viele gesellschaftliche Gruppen lehnen den Begriff entschieden ab, weil ihnen dieser zu undefiniert ist.

Der CSU ist das freilich herzlich egal. Das Programm wird letztlich einstimmig angenommen. Für Blume ein persönlicher Triumph, für den er dennoch nur verhaltenen Beifall bekommt. Es ist kein Jubel-, sondern ein Arbeitsparteitag. Nur Parteichef Horst Seehofer bricht aus der eher verhaltenen Stimmung in seiner Abschlussrede aus und würdigt das Grundsatzprogramm überschwänglich. "Das kann ich als Sternstunde der Partei bezeichnen", lobt er. "Das Ergebnis ist sehr, sehr gut." Zugleich bringt es Seehofer nach eigener Aussage aber auch in die Bredouille: "Das bringt mir für die nächsten Monate das Problem, zu überlegen, was wir mit dir denn anstellen künftig in der Partei." Er verspreche nichts, über Weihnachten wolle er aber darüber nachdenken.

Da ist sie wieder: eine neue, kleine Personaldebatte, auch wenn es diesmal nicht um die ganz großen Posten geht. An der Parteichef- und Ministerpräsidentenfront herrscht bei diesem Parteitag weitgehende Funkstille - zumindest öffentlich. "Erst die Inhalte, dann die Personen", lautet die gängige Formulierung.

Hinter den Kulissen beschäftigt die Mitglieder der Parteispitze dagegen kaum etwas mehr als die ständigen Vorschläge Seehofers. Und nur wenige können diesen noch folgen. Dem Vorstoß, den Parteichef künftig nach Berlin zu schicken, können zwar viele etwas abgewinnen, "dann muss er es aber selber machen", sagt ein Vorstandsmitglied. Seine Strategien seien nicht immer gleich durchschaubar, gibt auch Seehofer zu. Letztlich gingen sie aber immer auf.

Unterschiedliche Reaktionen gibt es von den Delegierten auf die versöhnliche Rede Seehofers in Richtung Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vom Freitag. Darin hatte der Ministerpräsident Bedauern über den Eklat beim CSU-Parteitag von vor einem Jahr geäußert, als er Merkel auf der Bühne abkanzelte. Die Rede sei ein richtiger Schritt zur Annäherung, heißt es von der einen Seite. Andere befürchten dagegen, dass ein zu schneller Schulterschluss mit der CDU die CSU weitere Prozentpunkte in den Umfragen kosten könnte. Ein Antrag, der sich gegen eine weitere CSU-Unterstützung für Merkel ausspricht, wird vom Parteitag aber mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Nur 16 Delegierte sprechen sich dafür aus, dass die CSU-Abgeordneten 2017 "bei der anstehenden Neuwahl des Bundeskanzlers im Deutschen Bundestag bei einem Wahlvorschlag ,Dr. Angela Merkel' mit Nein" stimmen sollten.

Schon am Freitag hatte sich die CSU wieder dem eigentlichen politischen Gegner zugewandt und sich auf den Kampf gegen ein rot-rot-grünes Bündnis sowie gegen den politischen Islam eingeschworen. Zum Abschluss des Parteitags kommen zu diesen Beschlüssen weitere inhaltliche Positionierungen hinzu. Unter anderem fordern die Delegierten, dass die Kommunen bei der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge entlastet werden müssten. Seehofer kündigt dazu ein Spitzengespräch mit den kommunalen Spitzenverbänden in den kommenden Wochen an. Aufreger bleiben aus. Nach dem viel diskutierten Parteitag 2015 bleibt es in diesem Jahr bis zum Ende unspektakulär. Kein Jubelparteitag, aber auch keiner, der die Union spaltet.