München (dpa
CSU verschiebt Startbahn-Entscheidung

Landtagsfraktion bremst Ministerpräsident Horst Seehofer aus, von dem ein Nein erwartet wurde

25.11.2015 | Stand 02.12.2020, 20:30 Uhr

München (DK) Ministerpräsident Horst Seehofer wollte noch vor Weihnachten allein über den Bau der Münchner Startbahn entscheiden – erwartet wurde ein Nein. Nun macht die CSU-Landtagsfraktion ihm klar: Nicht ohne uns.

„Wir können das Thema problemlos auch im Februar oder März beraten“, erklärte Fraktionschef Thomas Kreuzer gestern auf Anfrage mehrerer Medien. „Wichtig ist uns, dass ausreichend Zeit für die Diskussion in der Fraktion da ist.“

Kreuzer berichtete zuvor in der Fraktionssitzung über den neuen Terminplan – verbunden mit der Hoffnung, dass sich der Konflikt mit Seehofer um den Bau einer dritten Startbahn bis dahin entschärfen lässt. Am Rande der Sitzung betonte Kreuzer zuvor, die Entscheidung sei allein vom zeitlichen Ablauf her vor Weihnachten nicht mehr machbar. Der Hintergrund: Bis zur Weihnachtspause stehen im Landtag nur noch zwei Fraktionssitzungen der CSU an.

Seehofer steuert nach dem Eindruck vieler Parteifreunde auf ein Nein zum Startbahnbau zu, was im Widerspruch zu der seit Jahren vertretenen offiziellen Position steht. In der CSU-Fraktion sind die Befürworter in der klaren Mehrheit. Auch Kreuzer persönlich unterstützt nach Angaben von CSU-Abgeordnetenkollegen den Bau.

Der Auslöser des Hin und Hers: Bei einem Parlamentarischen Abend mit dem Flughafenmanagement begann in der Fraktion Mitte November eine Unterschriftensammlung für einen Antrag pro Startbahn. Auch Kreuzer habe sich bei der Gelegenheit klar dafür ausgesprochen, hieß es gestern. Für die Startbahn sind auch Wirtschaftsministerin Ilse Aigner, Innenminister Joachim Herrmann und Finanzminister Markus Söder.

Als Seehofer wenig später davon erfuhr, machte der Ministerpräsident vor einer Runde mit den Präsidenten und Hauptgeschäftsführern der bayerischen Industrie- und Handelskammer klar, dass er den Antrag pro Startbahn stoppen und allein entscheiden wolle. Das wiederum löste in Teilen der CSU-Fraktion großen Ärger aus.

Gegenüber unserer Zeitung rechnete Seehofer vor, weshalb er den Ausbau in Bezug auf die Flugbewegungen derzeit nicht für notwendig halte. 2014 wurden 377 000 Flugbewegungen registriert, 2008 lag der Wert bei 432 000. „Wir liegen weit, weit unter dem, was wir schon mal hatten“, sagte der Ministerpräsident. Laut Gutachten der Flughafengesellschaft wären mit zwei Startbahnen 480 000 Bewegungen möglich.

Die Verschiebung der Entscheidung soll nun offenen Streit um die Startbahn verhindern. SPD und Grüne werten das als klares Zeichen für Seehofer Machtverfall: „Horst Seehofer hat seine Fraktion nicht im Griff“, sagte SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher der „Mittelbayerischen Zeitung“. Grünen-Amtskollegin Margarete Bause stieß ins gleiche Horn: „Die Demontage Seehofers hat begonnen.“ Und Freie Wähler-Fraktionschef Hubert Aiwanger forderte eine Entscheidung – gegen den Ausbau: „Das ewige Verschieben der endgültigen Entscheidung über die dritte Startbahn geht so nicht weiter“. Die Startbahn sei überflüssig.