Greding
"CSU ist nicht die Partei, die Frauen vergrault"

Gredinger Ortsvorsitzende Barbara Thäder spricht sich gegen Quote aus, hofft aber, dass ihre Geschlechtsgenossinnen aktiv werden

22.05.2019 | Stand 23.09.2023, 7:06 Uhr
Auf Frauen wie die Gredinger Ortsvorsitzende Barbara Thäder möchte die CSU weitaus stärker setzen. Doch das ist mitunter leichter gesagt als getan. Denn großen Zulauf erfährt die Partei nicht von Thäders Geschlechtsgenossinnen. −Foto: Foto: Luff

Greding (HK) "Weiblich, ledig, jung sucht.

. . " - jedenfalls nicht die CSU. Was die Partei mit dem erfolgreichen Thriller jedoch gemeinsam hat, sind die ständigen Wiederholungen, wenn auch nicht im TV-Abendprogramm. Es ist seit Jahren ein Mantra, dass die CSU wieder und wieder herunterbetet: Die Partei soll jünger und weiblicher werden. Ledig muss nicht sein, das ist ein Unterschied zum Film. Eine Frau, die praktisch perfekt ins Anforderungsprofil der Christsozialen passt, ist Barbara Thäder aus Greding. Die 32-Jährige bringt eigentlich alles mit, um in der Partei durchzustarten. Doch sie winkt ab, zumindest im Augenblick. "Politik ist mein Hobby", sagt die Gredinger CSU-Ortsvorsitzende.

Jung, weiblich, CSU: Das erwartet man so nicht unbedingt. Dabei ist genau das erwünscht, zuletzt war diese Forderung eines der Ergebnisse der Regionalkonferenzen, mit denen Parteichef und Ministerpräsident Markus Söder Anfang des Jahres als Konsequenz des nicht gerade berauschenden Ergebnisses der Landtagswahl durchs Land tourte. Sie habe nicht daran teilgenommen, erzählt Barbara Thäder, deshalb sei sie selbst gespannt, was herauskommt, wenn im Herbst Ergebnisse vorgestellt werden. Sie hoffe, dass eine Frauenquote nicht dazu zählt. Ihre Geschlechtsgenossinnen müssten "von alleine kommen - jede, die bereit ist, darf kommen".

Sie muss es wissen, ist sie doch in die Partei hineingewachsen wie kaum jemand anderes: Ihre Mutter Margareta Bösl saß 27 Jahre für die CSU im Gredinger Stadtrat, war acht Jahre die Vorsitzende der Frauenunion im Landkreis. "Ich war schon mit sechs Jahren beim Plakatieren mit dabei", sagt die Tochter und lacht. "Mir sagt auch Hansgeorg Hauser noch etwas", verweist sie auf ihr langjähriges Interesse an der Politik - Hauser war bis 2002 hiesiger Wahlkreisabgordneter im Bundestag. Thäder belebte die Junge Union (JU) in Greding wieder, war acht Jahre lang im JU-Kreisvorstand aktiv, absolvierte die CSU-Akademie, in der die Partei talentierte Nachwuchskräfte fördert, steht seit mehr als vier Jahren dem Ortsverband ihrer Heimatstadt vor.

Betrachtet man die CSU-Welt aus der Sicht Gredings im Landkreis Roth, so ist diese hinsichtlich der Frauen auf den ersten Blick ziemlich in Ordnung: Den Ortsverband führt eine junge Frau, im Bezirkstag wird die Partei von einer Frau vertreten (Cornelia Griesbeck) und in Berlin hat der Landkreis Roth seit Jahren eine starke weibliche Stimme (Marlene Mortler), die vielleicht bald auch europaweit gehört wird. Es könnte - Stand heute - gut sein, dass zur nächsten Bundestagswahl ein Nachfolger für Mortler gesucht werden muss. Oder eine Nachfolgerin. Auch die Bürgermeisterwahl steht Anfang 2020 an. Es gibt also durchaus Posten, um die zu streiten es sich lohnen könnte. Und doch sagt Thäder: "Ich sehe mich momentan nicht in der Rolle, hauptberuflich Politikerin zu werden. "

Das liegt zum einen an ihrer "augenblicklichen Lebenssituation", wie sie sagt - Barbara Thäder erwartet gerade ihr erstes Kind. Zum anderen aber auch schlicht daran, dass die Wirtschaftsingenieurin bei Audi planvoll an ihrer Karriere gearbeitet hat: "Meine Arbeit möchte ich nicht hergeben", sagt sie dann auch. Denn dafür habe sie schließlich studiert, "da sehe ich meine Zukunft". Ein Hintertürchen lässt sie allerdings offen, schiebt hinterher: "Momentan. " Wenn eine Frau mit diesem politischen Stallgeruch das sagt, wird das Dilemma der CSU deutlich: Wie soll sie ihr selbst gestecktes Ziel, jünger und weiblicher zu werden, erreichen? Wie mehr Frauen in Ämter und Mandate verhelfen? Der Frauenanteil im bayerischen Landtag liegt bei mageren 26,8 Prozent, bei der CSU ist er mit 21,2 Prozent sogar noch geringer. In der CSU-Landesgruppe im Bundestag sind sogar nur 15,2 Prozent der Abgeordneten weiblich - eine solche Größenordnung erreicht sonst nur die AfD. An der Basis sieht es nicht besser aus, wie der genauere Blick zeigt. Im Ortsverband sei sie die einzige Frau im Vorstand, sagt Thäder. Und im Kreis "ist es auch dünn, das muss ich zugeben". Woran es liegt, weiß auch Thäder nicht, aber: "Die CSU ist nicht die Partei, die Frauen vergrault. "

Sie gewinnt sie allerdings auch nicht. Eine Frauenquote lehnt Thäder strikt ab, diese sei diskriminierend für Männer - und in gewisser Weise auch für diejenigen Frauen, die aufgrund der Quote einen Posten bekämen. Bei der Quotenfrage "gibt es einen Generationenkonflikt zwischen der Frauenunion und den Frauen in der JU", hat Thäder beobachtet. Die Jüngeren wünschten sich eine andere Lösung als die Quote.

Eine Patentlösung hat Thäder allerdings auch nicht, lediglich die Bestandsaufnahme: "Wir schaffen es nicht, junge Frauen zu gewinnen", sagt die CSU-Ortsvorsitzende. Etwa in einer Schülerunion. Wenngleich das Interesse der Jugendlichen "gefühlt nicht da ist". Den Freitagsdemonstrationen für einen besseren Schutz des Klimas zum Trotz. Nach der Schule nähmen sich viele Jugendliche eine Auszeit, gingen etwa ins Ausland. Und verlören ein Stück weit den Bezug zur Heimat - eine Tendenz, unter der auch Vereine zu leiden hätten.

Was aber nicht erklärt, warum beispielsweise die Besucher von Bürgerversammlungen zum weitaus größten Teil Männer sind, wie Thäder als Mitglied des Stadtrats oft genug beobachtet. "Wir können keinen Menschen hintragen", sagt sie fast ein wenig resigniert. Dabei wären Frauen in der Politik wichtig, findet sie, deren "Input tut gut". Denn oft sei die weibliche Sicht eine andere, bei Frauen "steht die Komponente Mensch viel stärker im Vordergrund". Während Männer sich beim Bau einer Kinderkrippe eher um die Fluchtwege kümmerten, schauten Frauen darauf, wo der beste Ort für die Toiletten ist. Die Beschreibung sei auch ein wenig das Spielen mit Klischees, räumt Thäder ein und lacht. Aber ein Körnchen Wahrheit steckt eben doch da-rin. Auch Frauen könnten poltern, räumt sie zwar mit einem Vorurteil auf, "aber sie stellen andere Fragen - und das Ziel steht mehr im Vordergrund".

Das Ziel, die Welt vor der Klimakatastrophe zu retten, packt schon Mädchen, die sich der "Fridays-for-Future"-Bewegung zuhauf anschließen. "Den Zulauf kann ich nachvollziehen", sagt Thäder zwar, ebenso wie zu den Grünen. Denn auf die Umweltkarte zu setzen, treffe den Zeitgeist, die Hitzewelle im vergangenen Jahr habe das noch bestärkt. "Aber das ist gefährlich", findet sie, "den richtigen Weg weiß keiner. " Für sie gehöre beispielsweise die Kernkraft zu einem ausgewogenen Energiemix, auch "die E-Mobilität wird nicht der Durchbruch sein".

Sie selbst wäre als Schülerin "wahrscheinlich eher nicht" gegen den Klimawandel auf die Straße gegangen. "Ich muss nicht ganz vorne stehen, ich bin der Typ der zweiten Reihe. " Zwar sage sie in einer Diskussion gerne ihre Meinung, "aber nicht, wenn fünf Leute dasselbe schon vorher gesagt haben". Ein Alphamann, wie er in der Politik oft den Ton angibt, klingt anders. Und doch hofft Thäder, dass sie mittelfristig nicht die Einzige in Männerrunden bleibt. Wenn Frauen in eine Bürgerversammlung kämen, seien sie meist relativ jung, Mädchen demonstrierten auf der Straße. Anerzogene Rollenbilder brächen auf, sagt sie. "Vielleicht ist das ja ein Generationending? "

Volker Luff