Neuburg
Countdown zum Lockdown

Kurz vor dem Stillstand weiter Teile des öffentlichen Lebens findet Halloween statt – Veranstaltung abgesagt

30.10.2020 | Stand 23.09.2023, 15:08 Uhr
Maria Habermeyer präsentiert eine gruselige Fliege aus Gummi. Allzu viel bietet die Spielwarenhändlerin für dieses Halloween nicht an - sie will niemanden dazu animieren, verkleidet auf Partys zu gehen. Vielmehr sollten die Leute gerade zu Hause bleiben. Auf eines weist die Händlerin aber schon hin: Ihr Laden bleibt auch ab Montag geöffnet. Der teilweise Lockdown betrifft nicht das Gewerbe - dafür aber Gastronomie, Kulturbetriebe und Freizeiteinrichtungen. −Foto: Stark

Neuburg - Halloween, die Nacht vor Allerheiligen, ist in den USA eines der größten Feste des Jahres – ausgelassen feiern die Menschen verkleidet auf der Straße, in Kneipen und bei Partys.

 

Kinder ziehen mit dem Spruch „Süßes oder Saures“ von Haus zu Haus. Auch in Neuburg und Umgebung ist der Brauch längst angekommen. Es ist vorstellbar, dass viele kurz vor dem teilweisen Lockdown am Montag noch einmal ordentlich feiern wollen, trotz des aktuellen  Infektionsgeschehens. Nicht  nur die Polizei gibt sich entspannt. Allerdings entschlossen sich  am Freitagabend die Gastgeber einer Halloween-Veranstaltung in Neuburg dazu, diese abzusagen. Es hatten sich zu viele Gäste angekündigt.
Die Fly-Cocktailbar hatte ihre Halloween-Veranstaltung schon vor einiger Zeit über die sozialen Netzwerke angekündigt. Im Gespräch mit dem DK hatte Betreiber Leo Gashi am Freitag zunächst betont, einen reinen Restaurantbetrieb anzubieten –  ohne DJ, ohne laute Musik und natürlich unter Beachtung aller aktuellen Pandemie-Bestimmungen. Eine Security am Eingang sollte darauf achten, dass nur vorher angemeldete Gäste hineinkommen. „Für uns war Halloween immer einer der schönsten Tage im Jahr“, erklärte er. Die Stammkunden hätten ihn und seinen Bruder gebeten, auch diesmal etwas zu machen. Die Botschaft laute: „Wir machen weiter, egal, was passiert.“ 

Doch am Abend meldete er sich noch einmal  – und gab die Absage bekannt. „Es war tatsächlich so, dass die Telefone nicht mehr stillstanden“, erklärte Gashi. Es seien so viele Anfragen gekommen, dass ein großer Ansturm am Samstag zu befürchten gewesen wäre. Nach Gesprächen mit mehreren Stadträten entschieden sie sich schließlich dazu abzusagen. „Wir sind bereit, über so etwas zu diskutieren“, sagt Gashi. „Und wir möchten nichts riskieren, es soll ja nicht noch schlimmer werden.“
Die Polizei hatte die Veranstaltung in der Cocktailbar im Blick, wie Hubert Scharpf, der stellvertretende Leiter der Polizeidirektion Neuburg am Freitag erklärte, bevor die Absage bekannt war. Die Polizei wird ungeachtet dessen am Wochenende  unterwegs sein – vor allem wegen der Kontrolle der Pandemie-Bestimmungen in den Gaststätten. Halloween  sei  in den vergangenen Jahren  in Neuburg kein Problem gewesen, sagt Scharpf. „Und wir rechnen auch jetzt nicht mit riesengroßen Anstürmen. Wir hoffen, dass die Leute vernünftig genug sind.“ Scharpf zufolge gab es in den vergangenen Tagen auch keinerlei Beanstandungen in den Gaststätten. 
In den Märkten und Gemeinden um Neuburg herum verwenden vor allem Familien viel Zeit für das richtige Kostüm, damit die Kinder an Halloween auch angemessen verkleidet von Haus zu Haus ziehen können. In so manchem Viertel wähnt man sich fast in einem US-amerikanischen Vorort. Auch im Markt Rennertshofen und seinen Ortsteilen wird der Brauch seit einigen Jahren gepflegt. „Das ist doch ganz nett, wenn die Kinder unterwegs sind“, sagt Bürgermeister Georg Hirschbeck (CSU), der  in Bertoldsheim wohnt. Seine Frau habe auch jetzt wieder eine Schale mit Süßigkeiten für die Kinder hergerichtet – und natürlich werde man die Haustür am Samstag öffnen. „Ich glaube, dass sich das insgesamt reduzieren wird“, sagt Hirschbeck.   Er rechnet auch generell nicht  mit ausschweifenden Feiern vor dem Wochenende. „Viele halten sich jetzt schon zurück“, sagt Hirschbeck. „Ich habe selbst drei Kinder, das jüngste 22. Die haben ihre Treffen total runtergeschraubt. Die sagen: ,Wir wollen es nicht herausfordern.‘“
Auf Facebook diskutierten am Donnerstag und Freitag etliche Eltern, ob sie diesmal guten Gewissens ihre Kinder herumschicken können. Die Antworten fielen differenziert aus – von klarer Ablehnung über den Vorschlag, abgepackte Tütchen hinzustellen, oder stattdessen schön mit der Familie zu feiern war jede Meinung vertreten. 
Betritt man den Spielwarenladen Habermeyer, fällt einem gleich rechts vom Eingang ein schlichter Ständer, an dem  ein paar schwarze Umhänge hängen, auf denen Skelette oder Totenschädel aufgedruckt sind, auf. Am Ständer finden sich auch noch falsche Zähne, Gummispinnen, Kunstblut und ein paar andere Gimmicks. Mehr gibt es in diesem Jahr im ganzen Laden nicht. Mit dem derzeitigen Umbau habe das nichts zu tun, sagt Inhaberin Maria Habermeyer. Es sei eine bewusste Entscheidung gewesen.  Sie habe wegen der aktuellen Corona-Infektionslage nicht mehr Halloween-Artikel geordert, als sie ohnehin ganzjährig anbietet. „Die Leute sollen jetzt mal demütig zu Hause bleiben“, erklärt sie. Sie als Ladenbesitzerin habe da auch eine gewisse Verantwortung. „Es gab schon Kunden, die enttäuscht waren, dass wir nicht mehr haben. Aber ich hab’s ihnen dann erklärt.“    

Thorsten Stark