Würzburg/Berlin
Corona-Krise beschert Telefonseelsorge mehr Gespräche

01.02.2021 | Stand 09.02.2021, 3:33 Uhr
Eine Mitarbeiterin der Telefonseelsorge nimmt ein Telefonat an. −Foto: Patrick Pleul/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Telefonseelsorger sprechen nach Erkenntnis einer Psychologin coronabedingt mit immer mehr Menschen, die sich einsam fühlen. „Im Jahr 2019 hat sich Einsamkeit in etwa jedem fünften Gespräch als ein Gesprächsthema gezeigt, also nicht nur als eine Lebenssituation oder Befindlichkeit, sondern es wurde explizit thematisiert“, sagte Ruth Belzner, die Leiterin der Telefonseelsorge Würzburg/Main-Rhön, in einem Videogespräch mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Das ist im Jahr 2020 über das ganze Jahr gerechnet auf 25 Prozent hochgegangen, also jedes vierte Gespräch.“ Das sei eine signifikante Steigerung.

„Wir erleben aber auch ganz oft, dass Menschen ein anderes Thema ins Gespräch bringen. Aber sie rufen im Prinzip an, weil sie einsam sind“, erklärte Belzner in dem am Montag veröffentlichten Dialog. Die Mitarbeiter der Telefonseelsorgen telefonierten nicht nur, sondern chatteten auch mit Interessierten. Corona wirke wie ein Vergrößerungsglas über schon bestehende Probleme, sagte sie mit Blick auf psychische Erkrankungen, Ängste, fehlende Arbeit und schwierige Familienverhältnisse.

Gerade im Chat würden oft bedrückende Geschichten erzählt „von jungen Menschen in dysfunktionalen Familien, die quasi gefangen und von Kontakten und auch von Hilfsangeboten abgeschnitten waren und sind“. Auch Steinmeier erzählte, dass ihn mittlerweile viel mehr Briefe erreichten, in denen Menschen von ihrer Einsamkeit berichteten.

Frauen und Männer, auch ihre Mitarbeiter, die im Homeoffice ihre Kinder zu Hause unterrichten müssten, seien besonders belastet. „Man kann es nicht beliebig lange durchhalten“, sagte Belzner auf Nachfrage des Bundespräsidenten zur Situation von Familien. Steinmeier zufolge arbeiten bei den 105 Stellen der Telefonseelsorge in Deutschland etwa 7000 Mitarbeiter, die meisten davon ehrenamtlich. „Das finden wir beide ganz großartig“, sagte er. Mitarbeitermangel gebe es derzeit nicht, sagte Belzner. „Es war noch nie so leicht wie im Jahr 2020, alle Dienste zu besetzen oder doppelt zu besetzen.“ Gründe dafür nannte sie nicht.

Die Telefonseelsorge Würzburg/Main-Rhön wird ökumenisch getragen von der katholischen und evangelischen Kirche und ihren Wohlfahrtsverbänden Caritas und Diakonie.

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Videogespräch

Telefonseelsorge Würzburg/Main-Rhön

dpa