Schrobenhausen
Coole Worte, heiße Töne

"Jazz, Texte und Pizza": Gemütlicher Abend im Rahmen der Literarischen Sommerakademie beim Kunstverein

01.08.2019 | Stand 23.09.2023, 8:01 Uhr
Mit Jazz begeisterte die Formation Midnight Blue, im Vordergrund Sängerin Birgit Maria Gaertner. −Foto: Mayer

Schrobenhausen (SZ) Im Hof der Kunstvereinsgalerie präsentierte die Literarische Sommerakademie während der Seminarwoche Texte der Kursteilnehmer. Und bei allen Vorlesern war zu erkennen: Schreiben bereitet Lust.

Hinterhöfe haben ihren Reiz. Nun bieten sich Schrobenhausens Hinterhöfe nicht so offensiv an wie in anderen Städten, wo sie die kleine Bühne für Kulturleben abseits der Straßen abgeben. Aber - man muss sie nur entdecken. Die Lisa inszenierte ihre Lesung im Innenhof des Kunstvereins nicht zum ersten Mal.

Ein fast regenkühler Tag rettete sich noch in einen Sommerabend für das Programm unter dem Titel "Jazz, Texte und Pizza". Ein Team um Kunstvereinsvorsitzende Jutta Gütermann und Kulturamtsleiterin Claudia Freitag-Mair sorgten für Wein und die Pizza. Organisator Arwed Vogl verordnete den Vorlesern dann einen strengen Drei-Minuten-Takt, schließlich hatten sich an die zwanzig auf die Liste setzen lassen. Dabei bezog sich das Leseprogramm nicht auf Texte, die während der Lisa-Woche erarbeitet werden; alle hatten Mitgebrachtes vorzutragen, Texte, die sie während des Jahres zuhause schreiben. Neben dem großen Kreis der Lisa-Teilnehmer fanden sich auch etliche Zuhörer aus der Stadt ein.

In den knapp gehaltenen Vorträgen sind mitunter nur ein paar Gedankenspiele möglich, Reflexionen in Episoden. Etwas melancholisch werden Alltagsbeobachtungen skizziert. Aktuelle Begriffe wurden mehrfach mit Ironie angefasst - ob Artensterben oder Klimakatastrophe. Außerdem hatte diesmal die Lyrik einiges Gewicht; eine Autorin las ihre Gedichte aus der renommierten ostbayerischen Literaturzeitschrift Lichtung. Unter den greifbaren Geschichten ging es mehrfach um Familie. Erst spät im Leben rundet sich das Bild der eigenen Mutter. In der Kindheit kommen von ihr die Maßstäbe, mit einiger Strenge auch die Vorgaben, auch Strafen. Aber war sie denn nicht überfordert? Erst selber alt geworden urteilt das Kind im Blick auf ein ganzes Mutterleben. Ein sehr kompakter Text eröffnete die Perspektive auf den Vater, einen Zimmermann, der beim Unfall an der Kreissäge einen Daumen verliert. Und in expressionistisch knappen Sätzen wurde ein Vater beobachtet, der als Bergmann in schlagende Wetter gerät und von dieser Katastrophe leicht verunstaltet dem Kind fast fremd wird. Ein einziger Text brachte Zeitgeschichte, erzählte vom lange zurückliegenden Kriegsende, von Kämpfen, Vertreibung und einer verlorenen Liebe, mittendrin die Verwirrung um ein Kind.

Mehrfach war Grund zum Lachen. Da hatte sich einer in eine Lisa verliebt, die alle Anwesenden persönlich kannten; daraus wurde eine kleine Hommage an die Stadt Schrobenhausen. Beifall wurde zwei Gedichten in einer Art Karnevalslyrik zuteil; das erste erzählte von einer Dame, der die Obsession für große Hüte ganze Lebensbereiche versperrt, das andere trieb die "Übersetzung" klassischer Zitate ins Sächsische auf die Spitze. Besonderen Spaß machte ein Rückblick in die Kinderzeiten, in der sich ein Autor schon sehr früh als demnächst erfolgreicher Schriftsteller sieht. Es gelingt nicht gleich; erst missglückt die Paginierung der Manuskriptblätter bis Seite 100, dann redet auch noch die unbedarfte Schwester dazwischen!

Jazz und Literatur - das war schon im vergangenen Jahr eine glückliche Verbindung. Die Formation Midnight Blue mit Florian Laquai, Peter Baierl, Karl Stöger und Peter Weber - fast schon historische Namen der Schrobenhausener Musikszene - bezog sich auf Lieder von Edith Piaf bis Hildegard Knef und spielte auch Beatles an. Den besonderen Akzent des Auftritts setzte Sängerin Birgit Maria Gaertner mit ihrem faszinierenden Ausdruck, eine Prachtstimme nicht nur für Jazz.

Eine Abendveranstaltung gibt es noch in der elften Ausgabe der Sommerakademie: Heute Abend, Freitag, geht es ins GreenHaus, das Jugendzentrum am Bürgermeister-Stocker-Ring 47. Ab 19.30 Uhr heißt es "Im Schreiben bleiben". Die Lisa-Teilnehmer haben die Möglichkeit, hier die Entwicklungspotenziale verschiedener Texte zu erkunden. Jeder kann einen Text oder ein Textfragment mitbringen, bei dem er nicht weiterweiß. In der Gruppe werden dann verschiedene Möglichkeiten durchgespielt. Im Idealfall weckt das natürlich die Lust der Teilnehmer am Weiterschreiben. Auch hier sind Gäste, egal ob mit oder ohne Text, willkommen und der Eintritt ist für alle Besucherinnen und Besucher frei.

Franz-Josef Mayer