Claudia Gmeiner tankt an der Steckdose

19.10.2006 | Stand 03.12.2020, 7:25 Uhr

Pfaffenhofen (PK) Claudia Gmeiner aus Pfaffenhofen tankt an der Steckdose. Sie fährt seit April dieses Jahres einen "CityEL", ein Elektroauto – in knallrot.

"Mein Mann hat’s in einer Zeitschrift gelesen und gemeint, dass das doch was für mich wäre", erzählt die 42-jährige Mutter zweier Kinder (vier und zehn Jahre). Und damit aber war das Autochen auch fast schon gekauft. Denn ein vorheriges Begutachten oder gar eine Probefahrt war schon deshalb ausgeschlossen, weil der Hersteller, Citycom AG aus Aub (www.cityel.de), kein Fahrzeug vorrätig hatte. "Nicht einmal zum Anschauen war eins vorhanden", berichtet die Kundin. Stattdessen gab es eine Wartezeit von zwei bis drei Monaten.

60 Cent für 100 Kilometer

Dennoch fiel Claudia Gmeiner die Entscheidung für ein Elektroauto aus der Manufaktur leicht. Ohnehin stand der Kauf eines Zweitwagens an. Doch es sollte ein ganz kleines sein, das sowohl wenig in der Anschaffung kostet als auch im Verbrauch. Der CityEL ist für rund 10 000 Euro zu haben und für 60 Cent fährt der Wagen zirka 100 Kilometer, so der Hersteller. Der Hauptzweck des Gmeinerschen Autos sollte sein: die Kinder kutschieren und Besorgungen machen. "Ich habe sofort gesagt, ein solches Auto wäre super, vor allem wegen der Umwelt", erinnert sich Claudia Gmeiner, die kein schlechtes Gewissen haben will, auch einmal wegen eines Stückchens Butter loszufahren.

Die drei Räder des Fahrzeugs haben ungefähr einen Durchmesser wie ein Kinderfahrrad. Getankt wird über ein 1,50 Meter langes Kabel 220 Volt Wechselstrom. Bei Gmeiners liefert die Solaranlage den Betriebsstoff. Um das Gefährt einmal komplett aufzuladen, braucht es drei bis vier Stunden. Die mittlere Reichweite liegt nach Herstellerangaben bei 70 Kilometer. Für die Strecken, die Claudia Gmeiner fährt, reicht demnach eine Ladung allemal.

Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 60 Studenkilometern. "Doch mir kommt es immer schneller vor als ich tatsächlich fahre", so die Besitzerin. Allerdings habe sie auch schon einmal einen Traktor überholt, schmunzelt sie.

Die seltsamste Erfahrung sei aber zunächst gewesen, dass sie im Auto absolut keine Fahrgeräusche wahrgenommen habe. Denn es gebe weder Motorenlärm noch sei der Fahrtwind zu hören. Selbst ein Vibrieren im Lenkrad fehlt. Claudia Gmeiner: "Am Anfang wusste ich manchmal nicht, ob das Auto angeschaltet ist oder aus." Inzwischen habe sie sich aber daran gewöhnt. Doch bei den Pfaffenhofenern sorgt das rote Auto nach wie vor für Aufsehen. Vor allem Jugendliche erkundigten sich nach Eigenschaften und Konditionen. Die Fahrerin ist gewappnet. Für solche Fälle hat sie immer Werbebroschüren des Herstellers dabei.

Mit Tempo 45 unterwegs

Manchmal werde ich auch gefragt, ob man überhaupt einen Führerschein braucht", wundert sich die Besitzerin, deren erstes Auto ein Uralt-Käfer mit zigtausend Kilometern auf dem Tacho war. Denn ganz klar: Um ein solches Auto zu fahren, benötigt sie einen Führerschein der Klasse drei. Schließlich braucht es auch bei dem Elektroauto fahrerisches Können. Zu schnelles Nehmen von Kurven provoziert ein Kippen des dreirädrigen Kraftfahrzeugs und das Rückwärtsfahren funktioniert genauso schnell wie das Vorwärtsfahren. Auch die Frage, wie viele mitfahren können, beantwortet sie gerne. "Wir haben schon einmal zu viert darin gesessen." Tatsächlich gibt es das Fahrzeug auch als Variante für die Führerscheinklasse "S", für Jugendliche ab 16 Jahre. Dann allerdings darf die Höchstgeschwindigkeit nur 45 Kilometer pro Stunde betragen.

Doch nicht jeder zeigt sich begeistert. Manchmal muss sich Claudia Gmeiner spöttische Kommentare anhören. Doch für solche Bemerkungen gibt es ihrer Ansicht nach keinen Grund "Ich denke mir oft, wenn ich über viel befahrene Dorfstraßen fahre: Die Anwohner wären sicher froh, wenn auch nur zehn von den Durchfahrenden ein solch leises Auto hätten wie das meinige."

Zudem sieht sie das Auto als clevere Alternative für ältere Menschen, die schnellere Autos gar nicht mehr beherrschen könnten, oder für Fahranfänger. Zum Beispiel entfalle das Kuppeln und das Auto sei günstig zu versichern, wenn die Assekuranz das Fahrzeug erst einmal eingruppiert habe. Denn mit der Zuordnung hatte ihre Versicherung aber auch die Pfaffenhofener Kfz-Zulassungsstelle erst einmal Probleme. Nach Stand der Dinge betragen die KFZ-Steuern derzeit rund elf Euro jährlich. Die Gmeiner-Mädchen jedenfalls lieben es, mit dem "Tüff-Tüff" zu fahren, sagt die Mutter. Die integrierten Kindersitze sind so angebracht, dass die Kinder aus der Heckscheibe gucken. "Das ist für meine Kleinen so, als führen sie in einer Kutsche".