Christbäume helfen der Umwelt wenig

19.12.2008 | Stand 03.12.2020, 5:20 Uhr

 

Neuburg (r) 25 Millionen Christbäume schmücken nächste Woche deutsche Wohnzimmer und Kirchen, bevor sie auf dem Kompost oder im Feuer landen. Dem massenhaften Einschlag wird wegen der Durchforstung und Lichtung des Jungwaldes ein positiver ökologischer Effekt nachgesagt.

"Im großen und ganzen ist das Unsinn", winkt der Neuburger Seminarförster Alfred Hornung zu diesem Thema ab. Mehr als die Hälfte der deutschen Weihnachtsbäume würden importiert, insbesondere aus Dänemark. Die eigene Produktion konzentriert sich zunehmend auf Kulturen und Plantagenwirtschaft. Dort werde nicht selten Chemie gegen Unkräuter eingesetzt. Und die Verjüngung im "normalen" Wald läuft in der Regel auf natürliche Weise – das heißt, die Waldbesitzer pflanzen nicht, sondern überlassen den Aufwuchs der Besamung durch die Natur. So praktiziert es jedenfalls das Studienseminar. Natürlich verjüngte Pflanzungen erbringen wegen der engen Stellung selten formschöne Fichten oder Tannen, wie sie vom Kunden gewünscht werden.

Das Seminar sei wegen der Lohnkosten auch davon abgegangen, Nadelbäume auszusuchen, zu fällen und zum Verkauf anzubieten: "Es rentiert sich überhaupt nicht". Das Seminar beliefert aber traditionell Gotteshäuser. So stehen zum Beispiel in der Hofkirche, in der Peterskirche und in der Wallfahrtskirche Hl. Kreuz in Bergen große Christbäume aus dem Seminarwald. In Baring nimmt die Stiftung in Kooperation mit der Diözese Eichstätt die Baulast für die Wallfahrtskirche wahr.

Wer einen Last-Minute-Christbaum braucht, findet ihn im Neuburger Stadtgebiet an ungefähr zwölf Verkaufsstellen. Von der Fichte für 9,99 Euro im Baumarkt bis zur Nordmanntanne für 100 Euro ist alles zu haben. Angeblich sind die Meterpreise heuer deutlich nach oben gegangen, zum Beispiel auf 15 bis 20 Euro für die Nordmanntanne.

Leonhard Stemmer misst nicht nach Metern: "Bei mir kostet jeder Baum 15 Euro". Der Baringer hat am Schutterberg eine Kultur mit ursprünglich 3500 Jungfichten angelegt. Mindestens fünf Jahre müssen sie wachsen, bis der Verkauf losgeht. Stemmers Stammkunden suchen sich bei einem "Plantagenspaziergang" den gewünschten Baum aus, sägen ihn selber ab, lassen ihn "einnetzen" und bezahlen ihre 15 Euro – ein Glas Glühwein inbegriffen. So praktiziert der Baringer Christbaumspezialist seit 1990 seinen Zuerwerb. Er legt Wert auf Handarbeit und lehnt chemische Mittel gegen Unkräuter und Schädlinge ab.

Für die bayerischen Waldbesitzer gilt das punktuelle Weihnachtsgeschäft durchaus als Einnahmefaktor. Immerhin kämen 40 Prozent aller einheimischen Christbäume aus Bayern, weiß Hans Baur, Geschäftsführer des bayerischen Waldbesitzerverbandes. Tannen werden immer beliebter, auch Kiefern fänden sich zunehmend im Weihnachtsgeschehen. Etwa 100 Waldbesitzer mit Flächen zwischen einem und 20 Hektar beteiligen sich am Weihnachtsgeschäft. Vor dem 15. November werde kein Baum abgesägt, zumindest keiner, der das Siegel "Bayerischer Christbaum" trage. Ein Prozent der Bäume werde ganz zuletzt geschlagen: Das sind diejenigen Exemplare, die gestohlen werden.

Die Kulturen spielten eine wirtschaftliche Rolle, wenngleich die Genehmigungen hierzulande wesentlich schwieriger zu bekommen seien als etwa in Dänemark. Dort seien zehn Prozent der Gesamtwaldfläche reine Kulturen, sagt Hans Baur (Starnberg), der mit seinem 90 Jahre alten Verband 120 000 Mitglieder mit 1,2 Millionen Hektar Wald vertritt. Das sind 75 Prozent der gesamten Waldfläche Bayerns.