Pfaffenhofen
Chris Heid trotz Chaos optimistisch

Früherer ECP-Trainer muss in Deggendorf nach Undiszipliniertheiten ohne vier gefeuerte Stammspieler planen

11.03.2021 | Stand 08.05.2021, 3:34 Uhr

Pfaffenhofen - Es sind turbulente Tage, die Chris Heid und der Deggendorfer SC erleben: Der Eishockey-Oberligist hatte am Freitagabend kurz vor dem Heimspiel gegen Lindau sieben Spieler suspendiert.

Während Andreas Gawlik, Marius Wiederer und Michel Limböck aber an diesem Dienstag wieder mit ins Training einsteigen durften, werden Chase Schaber, Marcel Pfänder, Erik Gollenbeck und Noah Nijenhuis nicht mehr für das Team des früheren Pfaffenhofener Trainers auflaufen.

Was in der vergangenen Woche beim Oberligisten passiert ist, darüber hüllen sich SC-Vorsitzender Artur Frank und der neue sportliche Leiter André Schmidt in Schweigen. Von "Disziplinlosigkeiten" ist die Rede, weit mehr als "Kavaliersdelikte". Die Spieler hätten eine "rote Linie" überschritten. Die Kündigung sei eine unausweichliche Entscheidung gewesen. Erst am Dienstag habe man Kenntnis erhalten von den Vorfällen, die vor allem den Vorbildcharakter der Spieler für die vielen Kinder und Jugendliche im Verein untergraben hätten. Näher wollten sich weder Frank noch Schmidt auf Nachfrage äußern. Nach Informationen unserer Zeitung wird allen vier Spielern das Gleiche zum Vorwurf gemacht.

Trotz der Chaostage betont Heid, dass ihm die Arbeit beim Oberligisten aus Niederbayern sehr viel Spaß mache - "auch wenn es in der Vergangenheit ein paar schwierige Entscheidungen zu treffen gab". Er sei nach wie vor sehr dankbar, dass er einen Oberligisten coachen dürfe und nicht, wie viele andere Trainer, zu Hause auf der Couch herumsitzen müsse. Der 37-Jährige hatte den ECP zur Saison 2018/19 übernommen und zurück in die Bayernliga geführt. Weil die aktuelle Bayernliga-Saison im November coronabedingt abgebrochen wurde, war der Deutsch-Kanadier nach Absprache mit dem ECP zunächst bis Saisonende nach Deggendorf gewechselt. Vor dem Saisonabbruch hatte Pfaffenhofen mit ihm auf Rang drei gelegen.

Das suspendierte Trio Gawlik, Limböck und Wiederer stieg mittlerweile also wieder ins Training ein. Viel gravierender würden laut SC-Vorsitzendem Frank die Vergehen der anderen vier wiegen. Die nicht näher definierten Vorfälle seien sogar ein Angriff auf das, was man in Deggendorf in den vergangenen Jahren aufgebaut habe. Gerade seit März 2020 habe man "wahnsinnig viel Zeit und Aufwand in den Verein gesteckt, damit hier Eishockey überhaupt möglich ist". Man habe den Spielern in schwierigen Zeiten zu einem Einkommen verholfen.

Dass es zum Rauswurf keine Alternative gegeben habe, bestätigt auch Heid, der in die Entscheidungsfindung mit einbezogen war: "Wir haben das gemeinsam im Team entschieden, es war eine harte Situation. " Von den Disziplinlosigkeiten erfuhr der SC laut Sportchef Schmidt erst am vergangenen Dienstag, weshalb es nicht schon früher zur Trennung gekommen sei. Für diese Darstellung spricht, dass mit Marcel Pfänder und Chase Schaber, also zwei der Entlassenen, erst kürzlich neue Verträge ausgehandelt wurden. Gerade für den bisherigen Co-Kapitän Pfänder wiegt die Kündigung schwer, denn er hat sich mit seiner Familie ein Leben in Deggendorf aufgebaut. "Daran sieht man, wie schwerwiegend das gewesen sein muss, was uns zu diesem Schritt gezwungen hat", betonte Vorstand Frank ,ohne ins Detail zu gehen. Böses Blut habe es bei der Trennung nicht gegeben. "Wir können uns alle nach wie vor in die Augen schauen. "

Die Suspendierungen kommen sportlich zur Unzeit. Am 16. März endet ja die Hauptrunde, danach geht es für den DSC in die Playoffs. Unruhe, die man in Deggendorf am Ende einer sportlich ohnehin holprig verlaufenen Spielzeit gar nicht gebrauchen kann. "Wir haben keinen Plan B", gab der sportliche Leiter Schmidt zu: "Aber wir können jetzt auch nicht den Spielbetrieb einstellen. " Man habe noch immer das Potenzial, Spiele erfolgreich zu bestreiten. Die vier entlassenen Akteure hatten sich nach Ansicht von Beobachtern in dieser Saison nicht durch Spitzenleistungen hervorgetan, insofern gehe dem DSC nur etwas Breite im Kader verloren. Trainer Heid ist optimistisch, trotzdem die Playoffs zu erreichen. "Wir haben eine große Tiefe im Kader. Der eine oder andere Spieler muss für die restliche Saison damit in eine andere Rolle schlüpfen, aber wir können auch mit dem bestehenden Team viel erreichen. "

Das habe sein Team bereits im Freitagsspiel gegen Lindau gezeigt: Die Deggendorfer drehten dabei einen 1:3-Rückstand und gewannen mit 4:3. Es war der vierte Sieg in Folge für Heids Mannschaft, die damit auf Rang fünf bleibt und einen direkten Konkurrenten um die Playoffs auf Distanz hielt. "Die aktuelle Situation ist auch eine Chance für unsere jungen Spieler. Man hat gegen Lindau gesehen, dass wir einige Fehler gemacht haben, an denen wir arbeiten müssen. Der Teamgeist war aber sehr gut - und ich glaube, dass sich damit viel erreichen lässt. "

Ob Heid nach dieser Saison nach Pfaffenhofen zurückkehrt, ließ er offen: "Dazu wird es noch Gespräche geben. Klar ist jedenfalls, dass ich als Trainer in der Region bleiben möchte. Ich wohne mit meiner Familie in Regensburg - und so viele Vereine kommen dann nicht in Frage. Nach Hamburg werde ich ganz sicher nicht wechseln. "

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