Reinhard
Chefs als Erzieher

Management-Berater Sprenger fordert Zurückhaltung bei der betrieblichen Menschenführung

11.08.2016 | Stand 02.12.2020, 19:26 Uhr

Überzeugender Auftritt: Reinhard K. Sprenger wirbt in einem Video mit Argumenten für ein gutes Miteinander in Unternehmen. - Foto: DVA/Youtube

Reinhard K. Sprenger eilt sein Ruf voraus. Zu allen Fragen der betrieblichen Menschenführung und des Managements gilt er als einer der wichtigsten Vordenker. Viele halten ihn für den wichtigsten im deutschsprachigen Raum. Seine Bücher sind Bestseller - kein Wunder, müssen sie doch jeden interessieren, der mit Betriebsleitung zu tun hat, also alle Führungskräfte und alle, die unter deren Entscheidungen zu leiden haben.

Bekannt ist Sprenger dafür, dass er kein Blatt vor den Mund nimmt. Seine Direktheit mag schon manchen vor den Kopf gestoßen haben, aber dieser Autor will nicht plaudern, sondern Veränderungen bewirken, hin zu einer besseren Unternehmenskultur. So zieht er über die seiner Ansicht nach völlig verqueren Frauenquoten genauso her wie über den grassierenden Wahn, alles und jedes in Englisch ausdrücken zu wollen. Oder er zerreißt das verbreitete Führen mit Zielen als unsinnig, weil es bürokratisch, rückwärtsgewandt und vor allem kundenfeindlich ist. Seine eindeutigen Urteile begründet Sprenger dabei stets ausführlich und mit oft bestechender Logik.

Das heißt nicht, dass man ihm in allem folgen muss. Wenn er bestreitet, dass Umsatz und Profit das vorrangige Ziel unternehmerischen Handelns sind - in Wirklichkeit ginge es um die Befriedigung von Kundenbedürfnissen -, dann mag er das so sehen. An anderer Stelle votiert er dafür, feste Arbeitsverträge abzuschaffen und sie durch Zeitverträge zu ersetzen. Das passt dann wenig zu seinen oft wiederholten Appellen, die Würde und die Interessen der Mitarbeiter zu achten. Denn im Mittelpunkt stehen für Sprenger die arbeitenden Menschen, die in all ihrer Verschiedenheit auch im betrieblichen Alltag Anspruch darauf haben, dass ihnen Respekt und Vertrauen entgegengebracht werde, dass ihre Vorgesetzten und Chefs sie "anständig" behandelten, was entschieden mehr sein müsse als schöne Worte zur Betriebsfeier.

Sprenger versteht darunter vielmehr die Absage an jede Art von Instrumentalisierung, Manipulation und Bevormundung. Erziehen müssen Eltern ihre Kinder, im Unternehmen hat Gängelung nichts verloren. Das wäre in einem Satz, was für Sprenger ein "anständiges Unternehmen" ausmacht. Belohnt wird es für solche Zurückhaltung dann - so die Überzeugung des Autors - durch höhere Zufriedenheit, mehr Kreativität und bessere Qualität der Arbeit der Mitarbeiter und damit der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens.

Reinhard K. Sprenger: Das anständige Unternehmen. Was richtige Führung ausmacht - und was sie weglässt. Deutsche Verlags-Anstalt, 384 Seiten, 26,99 Euro.