München
Chaos in der Multikulti-WG

Die Komödie im Bayerischen Hof bringt das Erfolgsstück "Achtung Deutsch!" in der Regie von Jochen Busse auf die Bühne

01.03.2017 | Stand 02.12.2020, 18:34 Uhr

Gelungener Klamauk: Szene mit Matthias Kofler, Ouadirh Ait Hamou, Steffen Laube und Clara Cüppers (von links). - Foto: Contra Kreis Theater

München (DK) Das war der mit Auszeichnungen und Lobeshymnen geradezu überhäufte Boulevardhit der vergangenen Saison. Und jetzt des Publikumserfolges wegen da capo in der Komödie im Bayerischen Hof, um die Nachfaschingszeit mit Gaudipower aufzuheizen. Ein Klamauk mit Pointenperlen am laufenden Band und eine herrliche Persiflage auf eine Studenten-WG mit ebenso schrägen wie liebenswerten Knallchargen aus fünf Nationen.

Henrik Schlüter, ein Jurastudent mit Bummelqualifikation, hat sich eine Sozialwohnung für Hartz-IV-Empfänger erschlichen, die vom Wohnungsamt eigentlich für eine Familie mit zwei Kindern vorgesehen ist. Macht ja nichts, solange ihm niemand auf die Schliche kommt. Folglich hat sich Henrik mit Kommilitonen in den Räumen und in der mit reichlich Nippes vollgestopften Diele mitsamt dem mit Bier reichlich gefüllten Kühlschrank (Bühnenbild: Hartwig Badenheuer) eingenistet. Fünf Studiosi, vier Männer und eine Frau, aus fünf Nationen. Das allein ist schon Multikulti pur, zumal die Uni-Eleven hier nicht nur versuchen, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern, sondern vor allem die deutschen Tugenden zu verstehen und zu verinnerlichen: Ordnung, Sauberkeit, Pünktlichkeit und all die anderen ach so treudeutschen Gepflogenheiten werden unter der strengen Leitung des Syrers Tarik eingeübt. Und es versteht sich dabei von selbst, dass nicht Virginie, die Französin, oder Enzo, der Italiener, damit die größten Schwierigkeiten haben, sondern Rudi, der Schlaffi aus Wien.

Doch das totale Chaos bricht aus, als das Sozialamt eine Visitation der Räume der "Familie Schlüter" ankündigt. Und die Panik eskaliert bei der Chaostruppe, je näher dieser Termin rückt. Das für die Wohnung berechtigte Ehepaar mit zwei Kindern muss also gemimt werden. Virginie schlüpft als deutsche Mutter in ein Kitschdirndl, bündelt ihre Haare zu Zöpfen und rückt die Kissen auf dem Sofa akkurat zurecht, während der Syrer Tarik, der von allen die deutsche Sprache am besten beherrscht, die Rolle des prolligen Familienpatriarchen übernimmt. Enzo und Rudi müssen - trotz hartnäckiger, aber erfolgloser Proteste - die beiden Schlüter Kinder abgeben und beim Besuch des überkorrekten Inspektors (Steffen Laubes hinreißende Parodie eines Paragrafenhengstes mit Herz) natürlich höchst infantil sich benehmen. Köstlich. Erst als am Höhe- und Siedepunkt all der Konfusionen Henrik Schlüter (Patrick Dollmann), der Unterzeichner des Mietvertrages, aus dem Skiurlaub zurückkehrt, hat der mit Lachsalven des Publikums begleitete Spuk nach zwei Stunden allerbester Unterhaltung ein Ende.

Knüppeldick prasseln hier, in Stefan Vögels vogelwilder Farce "Achtung Deutsch!", die Klischees über die Rampe, die so hanebüchen sind, dass der Klamauk zu einem geradezu atemberaubenden Crescendo sich steigert. Und Kabarettist Jochen Busse drehte als Regisseur dieses Erfolgsstückes mit schier ungebremster Rasanz und den aberwitzigsten Inszenierungsgags die Komödienschraube noch kräftig weiter.

Alle werden hier kräftig durch den Kakao gezogen: Virginie (Clara Cüppers) im roten Negligé ist selbstverständlich die ebenso selbstbewusste wie erotisch freizügige Französin und Enzo (Nico Venjacob) verkörpert das stets aufbrausende Mamasöhnchen aus Napoli geradezu kongenial, während Tarik (Quadirh Ait Hamou) den auf der deutschen Schule von Damaskus zum deutschen Musterschüler und pflichtbewussten Streber erzogenen Syrer vortrefflich abgibt. Und der Rudi aus Wien? In der famosen Darstellung von Matthias Kofler ein Ösi voll Schmäh und Nonchalance wie aus dem bösesten Karikaturen-Bilderbuch.

Kurzum: Trotz einiger Längen nach der Pause mit dem "kölsche Jong" als aufdringlicher WG-Nachbar und Hausmeister-Faktotum (René Toussaint) ist dieses Gastspiel des Bonner Contra-Kreis-Theaters eine erfrischend turbulente Komödie.

 

Bis 25. März; Kartentelefon: (0 89) 29 28 10.