Ingolstadt
"Chancen liegen bei 50 Prozent"

Trainer Eugen Haaf von den Ingolstadt Dukes im Interview vor dem Play-off-Hinspiel am Samstag

04.09.2013 | Stand 02.12.2020, 23:42 Uhr

Ingolstadt (DK) Es wird ernst für die Ingolstadt Dukes. Die Footballer um Trainer Eugen Haaf (Foto) empfangen am kommenden Samstag (20 Uhr) im ESV-Stadion im Play-off-Hinspiel zur zweiten Bundesliga die Holzgerlingen Twister. Unser Redakteur Roland Kaufmann unterhielt sich vor dem wichtigsten Spiel der Ingolstädter Vereinsgeschichte mit Haaf über den Gegner, den Ausfall von Stamm-Quarterback Trevor Eggleston und die Rolle der Fans.

Herr Haaf, wie realistisch ist ein Aufstieg in die zweite Bundesliga?

Haaf: Die Chancen liegen bei 50 Prozent. Nicht bei mehr, aber auch nicht bei weniger. Wir treffen in den beiden Play-off-Spielen auf die wohl beste Mannschaft der Regionalliga Mitte. Ja, aus meiner Sicht waren das die Holzgerlingen Twister und nicht die Darmstadt Diamonds, die dort am Ende doch sehr glücklich den Titel holten. Hätte ich die Wahl, würde ich jetzt lieber gegen die Hessen spielen.

Aber es geht eben doch gegen die Mannschaft aus der Nähe von Stuttgart. Was ist nun Ihr Ziel für das Hinspiel am Samstag? Wie viel Vorsprung muss in diesem herausgearbeitet werden, um dann einigermaßen ruhig zum Rückspiel am 22. September fahren zu können?

Haaf: Es wäre völlig falsch, jetzt von irgendeinem Ergebnis zu träumen – und wenn es dann nicht erreicht werden würde, sofort den Kopf in den Sand zu stecken. Wir müssen auf jeden Fall davon ausgehen, dass es für uns sehr schwierig werden wird, zu Hause ein großes Polster zu erspielen.

Also gibt es definitiv kein Wunschresultat von Ihnen?

Haaf: Nein. Wenn jeder von uns am Morgen nach dem Match beim Zähneputzen vor dem Spiegel sagen kann, dass er alles gegeben hat, dann bin ich hundertprozentig zufrieden.

Ausgerechnet in diesen beiden Spielen fehlt Ihnen nun der Stamm-Quarterback, weil er wegen seines Studiums schon wieder zurück in den USA ist. Hand aufs Herz: Sinken ohne Trevor Eggleston die Aufstiegschancen der Dukes nicht rapide?

Haaf: Fakt ist, dass wir nun innerhalb kürzester Zeit unser Spielsystem komplett ändern mussten. Unser Motto lautet jetzt: „Keep the drive alive“ – was so viel bedeutet, dass wir ohne Fehler und Strafen langsam nach vorne kommen wollen. Die spektakulären Pässe über 50 oder 60 Yards sind kaum mehr möglich.

Mit anderen Worten: Als sie von Egglestons Absage für die Play-offs erfuhren, waren Sie geschockt?

Haaf: Ja, natürlich war das auch für mich ein schwerer Schlag. Ich wusste sofort, dass wir dadurch eine ganze Menge Arbeit in nur wenigen Wochen zu verrichten haben.

Ihr neuer Hoffnungsträger als Quarterback heißt jetzt Gary Lautenschlager. Er war immerhin schon deutscher Nationalspieler auf dieser Position. Also sollte er doch in der Lage sein, auch das Team der Ingolstädter zu führen.

Haaf: Ohne Frage, er besitzt Führungsqualitäten – und er ist ein sehr intelligenter Spielmacher. Das Problem ist nur, dass Gary erst vor knapp acht Wochen zu uns gekommen ist. Wie sollen wir mit ihm in dieser kurzen Zeit das Gleiche einstudieren, was wir mit Trevor in rund sechs Monaten erarbeitet hatten? Ich würde mir wünschen, Gary wäre schon am Anfang der Saison zu den Dukes gewechselt.

Zu einem anderen Thema: Wie wichtig ist das Heimrecht beim American Football?

Haaf: Zumindest für die Köpfe der Spieler ist es sehr wichtig. Sollten wir am Samstag zu Hause verlieren, könnte es sehr schwierig werden, die Mannschaft für das Rückspiel noch einmal zu motivieren.

Am Samstag wird im ESV-Stadion wie bei jedem Heimspiel in dieser Saison eine vierstellige Zuschauerzahl erwartet. Können die Fans das Team tatsächlich nach vorne peitschen?

Haaf: Ich hoffe es und würde es mir wünschen. Bislang haben uns unsere Anhänger immer toll unterstützt. Aber jetzt, gegen Holzgerlingen, wird es wichtiger denn je sein – zumal sie selbst einige Schlachtenbummler mitbringen. Sie wollen für sich eine Art Heimspielatmosphäre in unserem ESV-Stadion herstellen – das müssen wir mit unseren Fans am Samstag natürlich unbedingt verhindern.

Bereits das Erreichen der Play-offs ist der bislang größte Erfolg in der Geschichte der Ingolstadt Dukes.

Haaf: Stimmt. Und darauf dürfen alle stolz sein, die hieran irgendwie beteiligt waren. Man stelle sich nur vor: Sollten wir jetzt auch noch den Sprung in die zweite Bundesliga schaffen, dann wäre das unser fünfter Aufstieg in den erst sechs Jahren unseres Bestehens.

Angenommen, die Dukes schaffen den Aufstieg: Was müsste sich dann im Klub ändern?

Haaf: Das sind ungelegte Eier, und darüber mache ich mir keine Gedanken. Wir müssen jetzt zwei Mal gegen den stärksten Gegner spielen, den wir jemals hatten – und nur hiermit beschäftige ich mich momentan. Ich kann es nur immer wieder betonen: Die Holzgerlingen Twister sind eine top gecoachte, super funktionierende Truppe mit hervorragendem Personal.

Bei Fußballern kam es mitunter schon vor, dass sie sich nach großen Erfolgen die Haare vom Kopf schnitten oder färbten. Bei Ihnen als Glatzenträger wäre so etwas nicht möglich. Also was tun Sie, wenn die Dukes den Sprung in die zweite Bundesliga schaffen sollten?

Haaf: Sie können sich sicher sein: Die Haare werde ich mir in diesem Fall sicher nicht mehr wachsen lassen! Aber im Ernst: Sollten wir tatsächlich wieder aufsteigen, würde ich mir eine Woche Nichtstun an einem schönen Strand am Meer gönnen. Das wäre dann mein erster Urlaub nach drei Jahren – und den hätte ich mir dann auch verdient.