Campbell kehrt heim

06.09.2009 | Stand 03.12.2020, 4:41 Uhr

Mag’s gerne laut: Ex-ERC-Profi Terry Campbell vor seiner CD-Sammlung, darunter viele Scheiben der Hardrock-Bands AC/DC, Black Sabbath oder Iron Maiden. - Foto: Ph. Schmatloch

Ingolstadt (DK) Terry Campbell wird sesshaft. Nach Jahren der Wanderschaft hat sich der 41-jährige Eishockey-Profi in Zuchering niedergelassen. "Schuld" daran ist seine Ehefrau Andrea, die Ende Oktober das erste gemeinsame Kind erwartet und Campbell, der von 2001 bis 2003 auch drei Jahre für den ERC Ingolstadt spielte, den Entschluss leicht machte, einen neuen Lebensabschnitt zu beginnen.

Natürlich spielt Campbell weiterhin Eishockey, aber nur noch nebenei. Ab der kommenden Saison wird er in der Bayernliga für den EC Pfaffenhofen zwar wieder auf Torejagd gehen, aber Vorrang hat künftig seine zweite Karriere. "Wichtig war für mich, endlich den Einstieg ins Berufsleben zu finden. Und aus dieser Sicht hat in Pfaffenhofen einfach alles gepasst. Mir wurde der Kontakt zu einer Metallverarbeitungsfirma in Geisenfeld vermittelt, die sich auf Laserschnitte spezialisiert hat."

20 Jahre spielte der gebürtige Kanadier professionell Eishockey, ehe er seinen Entschluss fasste. "Es gab ein paar Optionen. Aber eines war für mich von Anfang an klar: Ich wollte nicht wieder ewig weit von zu Hause weg sein, sondern hier in der Gegend bleiben", erklärt Campbell, warum er sich dagegen entschied, beim EC Bad Tölz seine Karriere fortzusetzen.

Zum ersten Mal in seinem Leben wird Campbell somit ab Oktober einer geregelten Arbeit nachgehen: Acht Stunden pro Tag, von Montag bis Freitag. Eine Situation, an die sich Campbell erst noch gewöhnen muss: "Ich hatte all die Jahre nur Eishockey im Kopf", erzählt der Ex-Profi schmunzelnd. "Ich habe während meiner Studienzeit in den Semesterferien mal gejobbt. Und in Bad Tölz unterrichtete ich hin und wieder Englisch. Aber von Montag bis Freitag habe ich noch nie in meinem Leben gearbeitet. Aber ich bin offen. Ich freu mich, herauszufinden, ob ich diese Arbeit lernen kann und gefallen daran finde."

Dass er seinen Sport "nur" noch nebenbei und in der Bayernliga ausüben kann, stört den im kanadischen North York (Toronto) geborenen Sportler nicht. Im Gegenteil: "Irgendwie schließt sich somit der Kreis. Ich bin nach Deutschland gekommen und habe zunächst in den unteren Spielklassen gespielt. Und nach Jahren in der DEL beende ich meine Karriere jetzt eben als Bayernligaspieler. Das passt doch. Ich freue mich, jetzt für Pfaffenhofen nochmals richtig Gas zu geben und will hier noch solange spielen, wie es mir mein Körper erlaubt." Zumal es für Campbell ohnehin nicht nur auf die Höhe der Spielklasse ankommt: "Die Zeit in Iserlohn war toll und auch die Meisterschaft mit Bad Tölz und die Zeit in Ingolstadt möchte ich nicht missen. Aber: Wichtig ist vor allem, sein Bestes zu geben und Spaß zu haben. Die Kameradschaft und die Gaudi im Training und in der Kabine – darauf kommt es an. "

Seinen sportlichen Ehrgeiz kann Campbell dennoch nur ungenügend verbergen: "Wir werden hart arbeiten und natürlich versuchen, jedes Spiel zu gewinnen. Aber die Liga ist nicht schlecht und es wird ein hartes Stück Arbeit auf uns zukommen." Er selbst möcht dabei versuchen, die junge Pfaffenhofener Mannschaft von seinen Erfahrungen profitieren zu lassen. "In meinem Alter bin ich immer ein bisschen älter als die anderen und bin gerne bereit mein Wissen weiterzugeben. Ich bin da, um zu helfen."

Und der Erfahrungsschatz, aus dem Campbell schöpfen kann, ist reichhaltig: Nach dem College in Kanada und seinem Bachelor-Abschluss im Fach Psychologie folgte seinem Studienkollegen Mike Steckler nach Deutschland, statt wie so viele andere Spieler sein Glück in den unteren Ligen in Kanada zu probieren, in der Hoffnung, doch für die NHL entdeckt zu werden. "Ich wusste, dass das für mich nur ein Traum bleiben würde. Ich bin mit 1,75 Meter einfach zu klein – und es hätte vermutlich nicht gereicht." Eine beachtliche Karriere als Profisportler hat er dennoch hingelegt: Nahezu ganz Deutschland und zehn verschiedene Vereine hat Campbell kennen gelernt, ehe es ihn jetzt in seine zweite Heimat zurückzog.