Gachenbach
Cabrio mit Platz für die ganze Familie

MEIN LIEBLINGSSTÜCK: Gerhard Praß fährt einen fast sechs Meter langen Cadillac Eldorado

01.09.2015 | Stand 02.12.2020, 20:51 Uhr

In Amerika darf es auch mal etwas mehr sein: Der Eldorado aus dem Hause Cadillac (l.) ist dafür der beste Beweis. Gerhard Praß fasziniert vor allem der Sound des 5,7-Liter großen V8-Motors. Die Corvette von 1976 (r.) steht dem in nichts nach - Foto: Tamm

Gachenbach (SZ) Wer an US-amerikanische Autos denkt, hat schnell das Vorurteil von langen, breiten und schaukeligen Straßenkreuzern im Kopf, die eigentlich viel zu groß für heutige Innenstädte sind. Sicher, dem ist nicht immer so. Doch Ausnahmen bestätigen bekanntlich die Regel.

Eine solche Ausnahme steht in einer Gachenbacher Garage – ein Cadillac Eldorado aus dem Jahr 1964. Auf 5,70 Meter Länge verteilen sich 2,3 Tonnen Gewicht. Imposant. Der Besitzer ist Gerhard Praß (45). Der Servicetechniker kann über seinen Amerikaner einige Geschichten erzählen. Demnach kann er wohl einen echten Werbestar sein Eigen nennen: „Laut Verkäufer ist mein Eldorado das Fahrzeug aus einer Mentos-Werbung“, sagt Praß. Damals sei der Wagen im typischen Hellblau des Kaubonbonherstellers lackiert gewesen. Heute erstrahlt der Cadillac in einem satten Rot und steht in einwandfreiem Zustand auf dem Hof. Doch das war nicht immer so. Als das Auto zu Gerhard Praß kam, war einiges zu machen – zusätzlich zur Wunschlackierung. „Ich habe etwa zusammen mit einigen Freunden Schweißarbeiten machen müssen“, sagt Praß. Der Motor hingegen war absolut in Ordnung und wurde daher in Ruhe gelassen.

Der zweifache Familienvater Praß weiß natürlich auch um die Größe seines Schmuckstücks – er bekommt sie schließlich immer dann zu spüren, wenn er in die Garage rangiert. Kürzer dürfte die wahrlich nicht sein. Und auch die gelegentlich stattfindenden Touren in die Stadt zum Eisessen verdeutlichen, dass deutsche Straßen auf Fahrzeuge dieser Kategorie nur bedingt vorbereitet sind. „In der Innenstadt parken ist etwas schwierig“, gibt Praß mit einem Lächeln zu. Aber da er seinen Cadillac meist am Sonntag bewegt, gehe das schon. Er erinnert sich zudem an eine kuriose Geschichte. Bei einer früheren Schrobenhausener Shopping Night habe ein Geschäft sein Auto als Werbung haben wollen. „Ich kannte die Leute eigentlich gar nicht“, sagt Praß. Er habe sich nur gewundert, wo das Fahrzeug denn hinsolle. „Ich habe den Ladenbesitzern gesagt, dass es nicht in den Laden passt und wenn ich es davor abstelle, kommt kein anderes Auto mehr durch“. Damit war der zweite Werbeauftritt des Eldorados erst einmal erledigt.

Die schiere Größe hat natürlich auch Vorteile. Kaum vorstellbar, dass man in einem heutigen Cabrio mit der ganzen Familie bequem sitzen und dazu noch einen Kofferraum nutzen kann, der so manchen Combi aus München, Stuttgart oder Ingolstadt blass werden lässt. Mit dem Eldorado ist genau das möglich. Und noch etwas macht Praß an seinem Riesen Spaß: „Man wird freundlich von Menschen gegrüßt, die man gar nicht kennt.“ Oft komme an der Tankstelle die Frage nach dem Verbrauch. „Ich sage dann immer, dass er fünf Liter braucht“, so Praß. Auf das dann meist verdutze Gesicht schiebe er nach, dass das der Wert für lediglich 20 Kilometer sei.

Doch wer nun denkt, dass es Gerhard Praß beim Kauf im Jahr 2003 nur auf die eindrucksvolle Gestalt des Eldorados angekommen war, der irrt gewaltig. Im Gespräch mit unserer Zeitung fängt er plötzlich an, von einem VW Käfer zu schwärmen, der ihm ja auch reichen würde, wie er sagt – die um ihn versammelte Familie nickt zustimmend. Zum Eldorado kam Praß auch eher zufällig. Welch einen Griff er mit dem Kauf getan hat, merkte er erst später. Mit einer Stückzahl von 1870 Fahrzeugen weltweit ist dieser Cadillac ohnehin ein seltener Anblick – gerade in Europa. Doch Praß’ Exemplar hat keine durchlaufende Vorderbank, sondern zwei Einzelsitze. „In dieser Ausführung gibt es nur 100 Eldorados überhaupt“, weiß Gerhard Praß.

Nicht nur aus diesem Grund hegt und pflegt er sein Lieblingsstück. Regen kennt der Eldorado eigentlich nicht. Und sollte doch einmal eine Spritztour bei weniger stabilem Wetter geplant sein, dann greift die Familie auf die Corvette von 1976 zurück. Oft geschieht das aber nicht, denn dann müssten die Kinder zu Hause bleiben – in der Corvette ist schlicht nicht genug Platz.