München
Bussi-Bussi und viel Verzweiflung

Brillante Gesellschaftssatire von Alexander Adolph um Modezar Rudolph Moshammer

17.09.2018 | Stand 23.09.2023, 4:06 Uhr
Alexander Adolph hat über den schillernden Modeschöpfer eine (erfundene) Geschichte geschrieben, die von Schönheit, Geld und Glamour handelt, aber auch von der Freundschaft zweier Außenseiter im glamourösen München. In der Titelrolle ist Thomas Schmauser zu erleben, als seine Mutter tritt Hannelore Elsner auf. −Foto: Vrabelova/BR/Producers at Work GmbH, Stache/dpa

München (DK) "Der große Rudolph" ist kein Biopic herkömmlicher Art. Hier wird nicht ein Leben in Stationen erzählt, chronologisch abgehakt und der Fokus auf die dramatischen Momente gelegt. Nein, Autor und Regisseur Alexander Adolph ist einen völlig anderen Weg gegangen. Er erzählt sehr feinfühlig und geprägt von großer Achtung gegenüber der Person eine fiktive Geschichte, die nur an das Leben des 2005 verstorbenen bekannten Münchner Modemachers Rudolph Moshammer angelehnt ist, aber viel über den Menschen verrät.

München, Anfang der 1980er-Jahre. Zwei Außenseiter und Einzelgänger treffen aufeinander, eine ungewöhnliche Beziehung und Freundschaft entsteht. Da ist Modezar Moshammer, der mit seiner Mutter Else einen Laden in der noblen Maximilianstraße betreibt und die Schickeria als Kundschaft hat. Der Laden läuft, doch seine stillen Teilhaber und Finanziers Toni und Gerdi wollen noch mehr. Sie drängen Mosi, den reichen Grafen von Antzenberg, der auch noch einen depperten Zwillingsbruder hat, für sich zu gewinnen. Und da ist die eher einfache und zuweilen etwas ungeschickte Evi, eine junge Fußpflegerin aus Augsburg, die in München einen Job sucht. Er stellt sie an, vertraut ihr, nicht zuletzt auch, weil sie ihm einen neuen Blick auf sich selbst eröff-net. Als Evi den Grafen durch ihre ehrliche Art vergrault, scheint es, als ob das Verhältnis zwischen Mosi und ihr auf eine harte Probe gestellt wird. Die Mama, die Evi nicht mag, versucht derweilen, das heimliche "Herz für Obdachlose" ihres Jungen wirksam in die Medien bringen.

Alexander Adolph (schrieb und inszenierte u.a. den 1000. "Tatort"-Krimi: "Taxi nach Leipzig") führt Moshammer nicht vor, er zeigt ihn mit all seinen Stärken und seinen Schwächen - zwischen herzlich und cholerisch, Mutterliebe und Verlustängsten. Der Filmemacher geht dabei sehr feinfühlig mit seiner Hauptfigur um, zeigt die vielen Facetten des Exzentrikers. Dass er die sexuellen Neigungen des Modezaren und seinen unappetitlichen Tod nicht in den Mittelpunkt rückt, verdeutlicht, welch großen Respekt Adolph ihm entgegenbringt.

Er sagt dazu: Ich wollte mit dem Mythos des reichen, geldigen, des kapitalistischen Münchens der 1980er satirisch umgehen, wollte mich aber nicht über den Menschen Moshammer und seine Mutter erheben. Der Moshammer war ja ein Selfmademan, der sich aus den ärmsten Verhältnissen hochgearbeitet hat, und so entdeckt sich Moshammer in dieser kleinen Verkäuferin wieder. Das ist die Welt, aus der er gekommen ist. Er sagt ja auch immer wieder ,mach etwas aus dir', so wie er selbst etwas aus sich gemacht hat. Und dieses Underdog-Dasein, dieses Gefühl, Aschenputtel zu sein und sich verstellen zu müssen, damit man geliebt wird - das hat auch Moshammer gekannt. Insofern ist diese Evi auch ein bisschen der Moshammer in jungen Jahren".

"Der große Rudolph" ist eine eher leise, aber punktgenaue und auch pointierte Gesellschaftssatire, die viel über den Zeitgeist, die Bussi-Bussi-Attitüden der Reichen und Schönen und den Umgang des Boulevard mit Moshammer verrät. Und eine tragikomische Geschichte über ein besonderes Mutter-Sohn-Verhältnis, Freundschaft, Ängste und Eifersucht.

Exquisit ist auch die Besetzung. Mimik, Gestik, Sprache und Perücke sitzen bei "Mosi" Thomas Schmauser, der eine fabelhafte schauspielerische Leistung abliefert. Hannelore Elsner als seine dominante, treibende Mutter Else ist ebenfalls hinreißend. Lena Urzendowsky als erdachte Figur Evi, Robert Stadlober in einer Doppelrolle als Bubu und Funki sowie Sunnyi Melles und Hanns Zischler runden das Ensemble ab. Besser geht es nicht. Und dass man so nebenbei auch noch einiges über die Modeinszenierungen des Gesellschaftslieblings erfährt, macht den Film zum echten Vergnügen.

"Der große Rudolph" läuft morgen, Mittwoch, um 20.15 Uhr in der ARD.

Volker Bergmeister