Bürgerliches Familienideal

09.12.2013 | Stand 02.12.2020, 23:19 Uhr

Da will ich rauf. . .“, scheint das pausbäckige Buberl zu denken, das vor einer auf einer gepolsterten Bank sitzenden Frau steht und das Ärmchen zu ihrer ausgestreckten Hand hochreckt, um Steighilfe zum ersehnten Ziel, dem Platz auf dem Schoß, zu bekommen. Diese hat wiederum milde und liebevoll den Blick auf das Kindchen gerichtet. Das rührende Familienidyll befindet sich in der Kirche St. Anna in Marienstein in der um 1510 entstandenen Skulpturengruppe einer Anna Selbdritt.

Die heilige Anna, die Mutter Mariens, ist als reife Matrone und durch ihren Schleier als verheiratete Frau charakterisiert. Auf ihrem linken Oberschenkel sitzt ihre Tochter Maria, dargestellt als junges Mädchen, die ebenfalls ihre Hand dem Kindchen, ihrem Sohn Jesus, entgegenstreckt. Damit versammelt das Bild drei Generationen: Großmutter, Tochter und Enkel.

Insbesondere das bürgerliche Familienideal des späten Mittelalters förderte die Verehrung der heiligen Mutter Anna, die mit der Aufnahme ihres Gedenktages in den römischen Kalender im Jahr 1481 ihren Höhepunkt erreichte. Vor allem ist Anna die Patronin der Mütter, das Bild der starken Frau ließ sie jedoch auch zur Patronin der Handels- und Gewerbetreibenden werden. Zudem ist sie Schutzpatronin gegen Gewitter, da um den Annatag am 26. Juli die häufig durch Hitze und Sommergewitter geprägten „Hundstage“ beginnen. Selbst Martin Luther soll erklärt haben: „Sankt Anna war mein Abgott“ und die Heilige auf einer Wanderung zum Schutz vor Blitz und Donner angerufen haben.