Madrid
Brisante Kraftprobe

Champions League: Die Partie zwischen dem FC Bayern und Atlético Madrid hat Final-Qualität

27.09.2016 | Stand 02.12.2020, 19:15 Uhr

Madrid (DK) Beim Wiedersehen mit Vorjahresbezwinger Atlético Madrid kann der FC Bayern erstmals seinen wahren Wert zeigen. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge wäre mit einem Remis zufrieden. Kann die Münchner Abwehr den Deutschland-Schreck stoppen?

Im Frühjahr, im April oder Mai, nach Spanien. Dorthin, wo der Sommer schon viel näher ist, wo es die Menschen auf die Straßen treibt. Wo es bereits nach Eis und Sonnencreme riecht. Eine liebgewonnene Tradition für den FC Bayern. Champions-League-Halbfinals bedeuteten Festtage im Frühling. 2012 ging es zu Real Madrid, 2013 zum FC Barcelona, 2014 wieder zu Real, 2015 erneut zu Barça und 2016 zu Atlético Madrid. Die vergangenen drei Jahre mit üblem Ausgang für die Münchner. Während Trainer Jupp Heynckes 2012 und 2013 das Finale erreichte, scheiterte sein Nachfolger Pep Guardiola dreimal. Auf der Amtszeit des Katalanen wird für immer ein spanischer Schatten liegen, weil seine Mannschaft jeweils eine merkwürdige Frühjahrsträgheit befallen hatte.

Nun führt das Los die Bayern bereits in der Gruppenphase auf die Iberische Halbinsel, zum erneuten Duell mit Atlético nach Madrid. Eine Partie heute Abend (20.45 Uhr, ZDF und Sky) mit Final-Qualität bereits in der Vorrunde - weil die Spanier nur in Lostopf zwei waren. Acht Pflichtspiele, acht Siege lautet die Bilanz der Bayern in der bisherigen Saison. Beim Wiedersehen mit dem Vorjahresbezwinger können sie erstmals ihren wahren Wert zeigen. Ein Spätsommerkick als ganz neues Erlebnis. Und überhaupt: neuer Trainer, neues Glück.

"Wir haben in den letzten drei Jahren immer gegen Mannschaften aus der Primera División verloren. Bei Atlético Madrid wollen wir mit Carlo Ancelotti zeigen, dass wir zumindest einen, vielleicht aber auch drei Punkte holen können", sagte Karl-Heinz Rummenigge am Wochenende. "Die Chance ist da, und die gilt es, zu nutzen."

Vor dem Abflug gestern Vormittag klang Bayerns Vorstandsvorsitzender dann etwas defensiver. Nach dem 5:0 zum Auftakt gegen FK Rostow solle mindestens ein Remis her im Kampf um den Gruppensieg. "Wir haben einen guten Lauf, acht Spiele hintereinander gewonnen und werden versuchen, zumindest nicht zu verlieren", sagte Rummenigge. Das wäre ja schon ein Fortschritt gegenüber den vergangenen Jahren. "Atlético ist sicher der schwerste Gegner bei uns in der Gruppe. Eine Top-Mannschaft in Europa, sie gehört zu den stärksten Mannschaften in der Champions League", betonte Rummenigge.

Bayerns neue Trumpfkarte heißt Ancelotti, der 21 Spieler mitgenommen hat. Nur Holger Badstuber und Douglas Costa fehlen verletzt. "Carlo kennt Atlético von uns allen am besten", sagte Rummenigge. "Unser Ziel ist es, sich fürs Achtelfinale zu qualifizieren, idealerweise als Gruppenerster." Atlético hat in sechs Liga-Partien bisher nur zwei Gegentreffer kassiert und rangiert in der Tabelle aktuell auf Rang drei hinter den ewigen Rivalen FC Barcelona und Stadtkonkurrent Real Madrid.

Bei Atlético spricht man davon, dass der Fußball, nicht der Fußball-Gott, an den die Anhänger des Arbeitervereins aus dem Süden der Hauptstadt schon lange nicht mehr glauben, ihnen generell den Champions-League-Pokal "schulde". 1974, 2014 und 2016 stand der Klub im Finale - und verlor jeweils auf tragische Art und Weise. Gegen Bayern und zweimal gegen Real Madrid, 2014 mit deren Trainer Ancelotti. Zwischen diesen beiden Antipoden bewegt sich Atlético und dessen stetiger Kampf um Europas Krone - mit sisyphosartigem Beigeschmack.

Ancelottis Historie gegen Atlético ist richtig miserabel: ein Sieg in den jüngsten acht Partien. Gegen Madrids Trainer Diego Simeone ist die Bilanz knapp negativ: vier Siege, vier Unentschieden, fünf Niederlagen. Als Ancelotti im Frühjahr 2015 mit 0:4 gegen "Los Colchoneros", die "Matratzenmacher", verlor, war diese Demütigung in der Folge die Ursache für seine spätere Entlassung.

Was außer Ancelotti und der Einsatzmöglichkeit des zuletzt angeschlagenen Mats Hummels noch für ein Ende des Spanien-Fluches spricht? Thomas Müller zählt auf: "Dass wir in guter Verfassung sind, in diesem Jahr noch kein Pflichtspiel verloren haben und gegen Atlético schon so oft verloren haben. Denn dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass wir irgendwann auch gewinnen." Des Müllers Logik. Vielleicht bewahrheitet sie sich im Estadio Vicente Calderón.