"Breite Schalter wie in den Großstädten"

23.11.2007 | Stand 03.12.2020, 6:19 Uhr

Das im November 1903 eröffnete neue Eichstätter Postamt. Der massive Turm wurde 1942 abgetragen. Eine der kunstvoll in Eisenguss ausgeführten Gaslaternen ist zu sehen. - Foto: Historischer Verein

Eichstätt (EK) Am Montag, 2. November 1903, in der Früh um 7 Uhr wurden die Schalter am neuen Eichstätter Postgebäude am oberen Domplatz erstmals geöffnet. Der Umzug vom heutigen Dom-Augusto-Haus, "mit allen telefonischen und telegrafischen Apparaten", war problemlos verlaufen.

Für das geschichtsträchtige Eichstätt ist das Haus, das jetzt im Besitz der Stadt ist, vergleichsweise nicht alt. Das Gebäude war erst nach 1901 auf dem Grund eines abgebrochenen Stiftungsgebäudes errichtet worden. Stadt und Dom-Augusto-Stiftung der Leuchtenberger hatten nämlich einen Gebäudetausch vorgenommen. Somit konnte die Post vom unteren zum oberen Domplatz umziehen.

Im Jahr 1810 war die königliche Post am unteren Domplatz eingerichtet worden; 1814 ging das Haus in Besitz der Post über. Mit der Eröffnung der Eisenbahnlinie, mit der beginnenden Industrialisierung und dem Aufschwung in Handel und Gewerbe, aber auch durch den Krieg 1870/71 stieg der Postverkehr in Eichstätt bedeutend an. So wurde 1884 eine Erweiterung des "Postlokals" vorgenommen, 1890 gab es nochmals eine Vergrößerung. Mehr war nicht möglich, sodass sich die Post zu einem Neubau entschloss.

Dazu bot sich der ehemalige Hof das Domkapitulars Johann Baptist von Ulm an, ein zweistöckiges Haus mit acht heizbaren Zimmern und vier Kammern sowie einem Garten. Das Gebäude war schon 1808 in Staatseigentum übergegangen und kam so in den Besitz der Leuchtenberger. 1837 wurden darin eine Arbeitsschule für arme Kinder und eine Beschäftigungsanstalt für Arme eingerichtet.

Anfang November 1803 hatte Postmeister Luitpold Stiglhofer (in Eichstätt von 1893 bis 1907) die Bevölkerung zur Besichtigung in das neue Posthaus eingeladen. "Die Bürger waren überrascht und freudig bewegt, dass Eichstätt auf einem seiner Hauptplätze ein so stattliches Postgebäude bekommen hat", schrieb die Heimatzeitung. Sich in einer Breite von 29 Meter hinziehend schließe das Postgebäude den von hübschen Häusern eingerahmten Domplatz nach Osten imposant ab. Unter den Gästen beim Eröffnungsrundgang befand sich auch Bischof Franz Leopold Freiherr von Leonrod.

Uhr und zwei Glocken

Das Postgebäude steht heute fast noch so da, wie vor über 100 Jahren. Ein wesentlicher Teil fehlt, nämlich der große, breite, achteckige Turm, der auf der linken Seite (von vorne betrachtet) stand. In dem Turm war das Stiegenhaus mit zierlichen Eisengittern untergebracht. Eine Uhr und zwei Glocken waren vorhanden, die stündlich die Zeit verkündeten. Der Turm wurde 1942 abgetragen. Im Jahr 1972 wurde der Posthof nach Osten erweitert und bekam die Zufahrt von der Luitpoldstraße her. Damals wurde das Hexengässchen abgeschnitten, das vorher eine Fußgängerverbindung von der Leuchtenbergstraße zur Luitpoldstraße war.

Über dem Eingang stand in goldenen Buchstaben "K. Post". In der Schalterhalle, so schwärmte der Berichterstatter, "stehen breite Schalter wie in den Großstädten in ausreichender Zahl zur Verfügung".

Der Hauptverdienst an der Errichtung des neuen Postgebäudes kam Postmeister Luitpold Stiglhofer zu. Gedankt wurde Bürgermeister Eduard Mager und Landtagsabgeordnetem Anton Zimlich für die Unterstützung des Vorhabens. Die Ausführung leitete das Königliche Landbauamt Eichstätt; gebaut wurde von den Baumeistern Joseph Hartinger und Josef Meyer. Beteiligt waren noch: Zimmerer Karl Egert, die Schlossermeister Josef Schlamp und Franz Xaver Hartmann, Hafnermeister Franz Xaver Köppel, Glasermeister Xaver Dallinger, die Malermeister Johann Schmid und Fritz Grünwedel und Spenglermeister Georg Broderix. Die Weißputz- und Schreinerarbeiten waren an auswärtige Firmen vergeben worden.

749 502 Briefe

Vom der Eichstätter Post waren im Jahr 1902 beachtliche postalische Leistungen erbracht worden. Ein Auszug aus der Statistik: Um 45 613 Mark wurden Briefmarken verkauft, 3952 Telegramme wurden aufgegeben, fast ebenso viele kamen in Eichstätt an, 749 502 Briefe trafen ein, 551 756 wurden aufgegeben. Ferner wurden 11 054 Telefon-Ortsgespräche und 3700 Gespräche nach auswärts vermittelt. Außerdem zahlte die Königliche Post Eichstätt 32 635 Mark an Altersrenten aus.

Das Eichstätter Postpersonal im Jahr 1907: Königlicher Postmeister Mathias Pfaller. Expeditoren waren Gustav Fischöder und Franz Sand. Adjunkten: Johann Dumler, Friedrich Spörner, Johann Bergmann, Christian Bauerschubert, Johann Amschler, Anton Gauckler. Amtsgehilfe war Georg Wiesneth. Bürodiener und Hausmeister Johann Dierauf. Briefträger: Andreas Klinger. Bürodiener: Adam Reuder.

Die Briefträgergehilfen: Anton Böckler, Joseph Brandl, Anton Hiemer, Joseph Motz, Alois Hößl und Heinrich Schrepfer. Bürodienergehilfen waren Georg Wießmeier und Wilhelm Weinke. Die Postboten: Joseph Stuber, Johann Reischl, Michael Niebauer, Anton Stephan, Richard Rupp, Anton Magdalener und Xaver Glasmann.