stadtgeflüster
Brauchtumsfestival mit Soft Opening

12.09.2019 | Stand 02.12.2020, 13:04 Uhr

(sic) Das Bairische ist reich.

Überreich sogar! Und zwar an wohlklingenden Beleidigungen von Frauen. Synonyme für den Sozialtypus "Unbedarfte, naive Weibsperson" füllen ein halbes Vokabelheft. Darin finden wir etwa das Botscherl (auch: den Botsch), das Miadl, das Docherl (es hat sich etymologisch aus dem eintägigen Küken entwickelt), das Duadl, das Hascherl und das Tschapperl. Ist die derart charakterisierte Frau auch noch recht gschert, spricht man von einer Ziefern. Und sollte sie obendrein greislich sein, kennt das Bairische dafür den in Jahrhunderten heimatlicher Kulturpflege bewahrten Fachterminus der Flucka. Und noch etwas richtig Ordinäres mit "Sch", das aus dem Sanitärbereich abgeleitet ist. Doch derlei mutet eine seriöse Zeitung ihren Lesern freilich nicht zu. Für so etwas gibt es schließlich die Fördervereine für bairische Sprache.

Gender-technisch ist es auch sehr bezeichnend festzustellen, dass in Richtung Osten ab dem Landkreis Kelheim die weiblichen Possessivpronomen oft böse auf der Strecke bleiben. Dort spricht das Volk gern: "Der Vroni sei Auto muss zum Richten. " Oder "Die Dürnbichlerin is a super Kundin! Zahlt immer sei Rechnungen. " Also nicht etwa "ihre Rechnungen". Es hat schon Charme, unser Bairisch.

Es sei denn, es gilt umgangssprachliches Preußentum abzuwehren. Da kann der heimatliebende Folklorist ganz schnell hantig werden (laut Prof. Ludwig Zehetners bairischem Lexikon unfreundlich, gereizt, grantig, barsch). Bayerischer Anti-borussianismus erzählt viel von gesundem Selbstbewusstsein.

Das lernte etwa ein Reporter des DK, als er beim Ingolstädter Kulturig-Brauchtumsfest mal am Infostand des Fördervereins für bairische Sprache und Dialekte ein Fachgespräch führte. Er erfuhr, dass diese bairischen Mundartpfleger den Gebrauch der Grußformel "Tschüss" in Bayern verbieten lassen wollen. Der Reporter hielt das zuerst für eine Gaudi, bis ihm dämmerte: Jesus, Maria und Josef! Die Dame meint das ja wirklich so! Sie will im Ernst, dass "Tschüss" in Bayern verboten wird. Die naive Frage, auf welcher Rechtsgrundlage das bitte geschehen sollte, verkniff er sich. Nach seinem Einwand "Ich habe immer gedacht, in einem Freistaat darf jeder so reden, wie er mag" traf ihn ein Blick, der stark Richtung hantig ging. Doch das war gewiss nur ein Missverständnis.

Dennoch ist Vorsicht geboten. Auf dem Kulturig-Brauchtumsfestival, das am heutigen Freitag um 18 Uhr im Bauerngerätemuseum Hundszell beginnt und am Sonntagabend zu Ende geht, sollte man zudem beachten, dass auch Anglizismen in diesen Kreisen nicht gut ankommen. Sprüche wie "Ah! Ihr startet mit einem Volksmusikabend. Das ist ja mal ein Soft Opening für so ein top Event! ", spare man sich besser. Ebenso Fragen wie "Wann ist denn Get-together mit der Zandter Blasmusik? " Da kann es passieren, dass strenge Trachtenträger ei-nen zum Gehen auffordern. Mit den Worten: "Und tschüss! "