Nürnberg
"Brauchen großen Umschwung"

Jürgen Dörfler, OB-Kandidat der Freien Wähler in Nürnberg, kämpft für neue Mehrheiten

26.02.2020 | Stand 23.09.2023, 10:54 Uhr
Für neue Mehrheiten in Nürnberg wirbt Jürgen Dörfler von den Freien Wählern auf seinen Plakaten. −Foto: Pelke

Nürnberg - Das Zünglein an der Waage will Jürgen Dörfler mit seinen Freien Wählern (FW) nach den Kommunalwahlen in Nürnberg spielen.

 

Dem ehemaligen CSU-Mitglied schwebt eine konservative Koalition mit seiner ehemaligen Partei vor. "Wir brauchen einen großen Umschwung", sagt der 58-jährige Betriebswirt und Unternehmer, der als OB-Kandidat ins Rennen geht.

Angst hat Dörfler vor einer Neuauflage der Rot-schwarzen Koalition im Rathaus. Wenn die Freien Wähler nicht stark genug werden nach der Wahl, befürchtet Dörfler unter neuen Vorzeichen ein "Weiter so" in Nürnberg. "Die SPD will lediglich die Rollen tauschen und als Junior-Partner mit der CSU ein Bündnis schließen", sagt Dörfler. Diese kleine Machtrochade müssten die Freien Wähler mit aller Macht verhindern.

"Es darf nicht so weitergehen mit den großen Koalitionen", sagt Dörfler und spricht von einem gigantischen Problemberg, den der scheidende Amtsinhaber Ulrich Maly (SPD) nach 18 Jahren hinterlassen werde. Nürnberg sei nicht nur die "höchstverschuldete Stadt in Bayern?, habe die "höchste Zahl an HartzIV-Empfängern" oder "an männlichen Durchfallern in Mittelschulen".

Dörfler wirft Maly und seinen Genossen mangelndes Wirtschaftsverständnis vor. Diese "rote Misswirtschaft" zeige sich insbesondere bei alarmierenden Haushaltszahlen wie stagnierenden Einnahmen und galoppierenden Ausgaben. Die Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle der Stadt sei in den letzten Jahren trotz guter Konjunktur nur unterdurchschnittlich auf derzeit rund 450 Millionen Euro pro Jahr gewachsen. Der Sozialetat sei dagegen durch die Decke geschossen und habe zuletzt bei rund 800 Millionen Euro gelegen.

Besonders negativ kreidet Dörfler der von Maly und seinen Sozialdemokraten geführten Rot-schwarzen Stadtregierung an, keine entscheidenden Schritte gegen die immensen Personalkosten von derzeit jährlich rund 660 Millionen Euro unternommen zu haben. Aufgrund der stetig steigenden Ausgaben und der nicht schnell genug wachsenden Einnahmen
habe der finanzielle Spielraum erschreckend geringe Ausmaße angenommen. Mit dem zur Verfügung stehenden Restetat von rund 700 Millionen Euro könne Nürnberg nicht am Laufen gehalten werden. Deshalb hätte die SPD immer neue Kredite benötigt und auf eine fatale Politik der Neuverschuldung gesetzt. Außerdem wirft Dörfler dem Amtsinhaber vor, das Tafelsilber verkauft zu haben. Um Geld in die klammen Kassen zu bekommen, seien städtische Grundstücke reihenweise an Bauträger verkauft worden. Im Gegenzug seien teure Mietverträge abgeschlossen worden, um Ämter und Behörden unterzubringen.

Damit es nicht zu einer Neuauflage der großen Büdnispolitik zwischen CSU und SPD im Rathaus komme, wollen sich Jürgen Dörfler und seine Freien Wähler als Mehrheitsbeschaffer einer neuen konservativen Koalition positionieren. Vorbild ist dabei die aktuelle Söder-Aiwanger-Koalition auf Landesebene.

Damit der Plan aufgeht, muss Dörfler viele Stimmen holen. Bei den Landtagswahlen 2018 stimmten in Nürnberg Nord lediglich 4,4 Prozent für den Unternehmer. Im Wahlkampf setzt der FW-Kandidat wohl auch deshalb auf starke Worte. Er wolle den "Filz im Rathaus" beseitigen. Leistungsträger müssten endlich das Sagen haben. Damit die einst so stolze Stadt wieder besser dastehe, will Dörfler eine Kampagne zur Reindustrialisierung starten. Ziel einer neuen Koalition im Rathaus müsse es sein, die Abwanderung von gebildeten Familien ins Umland zu stoppen. Rund 2000 Familien hätten seit 2016 aus Frust vor teuren Immobilien und schlechten Schulen der Frankenmetropole jährlich den Rücken gekehrt. Dörfler will Bauträgern, die sich zuletzt eine "goldene Nase" verdient hätten, den Kampf ansagen. Nürnberg müsse seiner Meinung nach selber im Wohnungsbau aktiv werden und Bauland eigenhändig entwickeln, um leistungsbereiten Familien ein bezahlbares Leben in der Stadt zu ermöglichen.

HK

Nikolas Pelke