Eichstätt
Bratkartoffeln in der Provence

Michael Kleinherne stellt in der Eichstätter Cafe-Bar Chocolatique seinen ersten Roman "Die Aktion" vor

20.11.2016 | Stand 02.12.2020, 19:01 Uhr

Stoisch-ruhige Diktion: Michael Kleinherrne las aus seinem ersten Roman. - Foto: Buckl

Eichstätt (DK) Immer wieder geht es um tote Tiere in diesem Text: Schon auf der ersten Seite wird ein verwilderter Hund überfahren, was die Erinnerung daran weckt, dass einst ein Jäger den streunenden Hund Max des Protagonisten erschoss. Als ein Paar durch den Wald spaziert, entdeckt es ein an den Hinterläufen aufgehängtes totes Kaninchen: Solche Motive lassen ahnen, dass "Die Aktion" kein gutes Ende nehmen wird.

So lautet der Titel des soeben erschienenen Romans von Michael Kleinherne. Am Freitag stellte ihn der Autor in der Eichstätter Cafe-Bar Chocolatique vor, virtuos auf der Gitarre begleitet von Rudi Trögl.

"Die Aktion" ist das dritte Buch des 1964 in Westfalen geborenen, aber seit Langem in Eichstätt lebenden Autors, der 2012 mit dem Erzählband "Drehpause" mit Prosastücken über fragile Beziehungen von Paaren sein literarisches Debüt gab. 2014 folgte die Novelle "Daniel". Weitere zwei Jahren danach nun also ein Roman. Damit wechselt der Journalist, der Literatur bewertet, der Dozent, der sie unterrichtet, und der Macher des LiteraPur-Festivals, der sie veranstaltet, ein weiteres Mal auf die Seite der Literaturschaffenden.

In dem Roman geht es um eine kleine Gruppe politischer Aktivisten, die sich in einem abgelegenen Landhaus in der Provence trifft, um eine politische Aktion vorzubereiten. Doch die bedrohlichen Vorzeichen trügen nicht: Früh zeichnet sich ab, dass der Plan scheitern wird, was mit Gruppendynamik und Eifersüchteleien der beteiligten Paare zu tun hat: Da gibt es den Informatiker und Wikileaks-Beiträger Jules, dessen Hund erschossen wurde, und seine US-Freundin Mona, eine Leistungsschwimmerin, deren Vater Jäger war - Kontraste, mit denen Kleinherne bevorstehende Konflikte konturiert. Und da gibt es den Pariser Bohemien Paul, dessen Familie begütert ist, und seine Begleiterin Henriette, deren Vergangenheit mit Jules zu tun hat. Schon in den ersten Kapiteln zeichnet sich eine wahlverwandtschaftliche Konstellation ab, auf deren weiteren Verlauf die Lesung neugierig macht. Dazu tragen noch andere Konfliktpotenziale bei, die der Autor anlegt, wenn er die militante Veganerin Henriette auf die als Amerikanerin steakbegeisterte Mona treffen lässt. Das erste in dem Landhaus in der Provence zubereitete Gericht ist freilich fleischfrei - es gibt Bratkartoffeln.

In seiner Lesung wählte Kleinherne keine portionierten Partien aus dem Gesamtverlauf aus, sondern präsentierte ohne größere Kürzungen die ersten drei der 24 Romankapitel komplett. Seine dialogreiche Prosa kommt nicht ganz so lakonisch knapp daher wie die Vorgängertitel, die Dialoge enthalten verborgene Spitzen und manche Prise Humor. Immer wieder blitzen subtile Andeutungen auf, die neugierig auf den Fortgang des Geschehens machen, das Kleinherne in stoisch-ruhiger Diktion vorstellt.

Weit mehr als nur musikalische Untermalung boten die virtuosen Gitarrenläufe von Rudi Trögl: Da die Handlung in Frankreich spielt, hatte Trögl etwa den dort entstandenen Blues-Standard "Tears" von Django Reinhardt ausgewählt; auch der weiter zu hörende Jazzstandard "Autumn Leaves" basiert auf dem französischen Chanson "Les feuilles mortes" nach einem Gedicht von Jacques Prévert. Trögl schlägt und zupft die Saiten bei Titeln von Rory Gallagher ("I fall apart"), Pat Mancini oder Attila Zoller ("The birds and the bees") mit solch fingerflinker Virtuosität, dass man bei geschlossenen Augen meinen konnte, einem Gitarrentrio zu lauschen. Die Lesung machte neugierig auf den Ausgang der "Aktion".

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Michael Kleinherne: Die Aktion. Bayerischer Poeten- und Belletristik-Verlag Reichertshofen 2016, 230 Seiten, 9 Euro.