München
Boulevardspaß mit Klischees

"Der dressierte Mann" in Topbesetzung in München

06.10.2016 | Stand 02.12.2020, 19:13 Uhr

Das Candle-Light-Dinner eskaliert: Anika Pages, Karin Dor und Michael von Au in "Der dressierte Mann" nach dem Bestseller von Esther Vilar in der Komödie im Bayerischen Hof. - Foto: La Rocca

München (DK) Wie ein Wiesel und voll Nervosität rast er zwischen Küche und Wohnzimmer hin und her. Teller, Besteck, Servietten, Sektgläser, Kerzen und Blumen müssen auf dem festlich gedeckten Tisch hübsch drapiert und die Speisen in der Mikrowelle minutengenau zubereitet werden.

Ein exquisites fünfgängiges Candle-Light-Dinner bereitet Bastian gerade vor. Schließlich will er Helen heute Abend endlich den Heiratsantrag machen.

Der Pannen in der Küche und auf der Festtafel freilich nicht genug, Helen nimmt das feierliche Ambiente gar nicht wahr. Schließlich hat der Bankvorstand ihr - und nicht Bastian - gerade einen Chefposten angeboten, unter der Bedingung jedoch, in nächster Zeit nicht schwanger zu werden. Helen hat akzeptiert und damit die Topposition bekommen, woran Bastian als ausgebooteter Bankkollege gehörig zu knabbern hat.

Köstlich, wie Michael von Au den ewigen Junggesellen Bastian verkörpert, der sich nun zur Ehe aufgerafft hat und nach Helens Beförderung die alkoholischen Folgen des daraus resultierenden Frusts chaotisch bewältigt. Ebenso herrlich schlüpft Anika Pages in die Rolle der coolen Powerfrau, der ihre Karriere wichtiger ist als trautes Familienglück.

Der Zoff ist damit programmiert. Und er eskaliert ganz gewaltig: Macho-sprüche versus Emanzipations-Ideologien. Ein prächtiges Feuerwerk an Urteilen und Vorurteilen über die Unterschiede der männlichen und weiblichen Psyche, über Waschlappen-Männer und Durchstarter-Frauen hat John von Düffel aus Esther Vilars Bestseller "Der dressierte Mann" vom Jahre 1971 destilliert, das der Regisseur Martin Woelffer hier gagreich sprudelnd auf der Bühne der Komödie im Bayerischen Hof zündete.

Doch spätestens beim Auftritt der beiden so unterschiedlichen Mütter driftet der spritzig-witzige Boulevard ins Triviale ab. Klischees zuhauf: Karin Dor muss als Helens Mutter spitzzüngig schale Lebensweisheiten einer in die Jahre gekommenen Schicki-Micki-Ehefrau verkünden, während Cordula Trantow als Bastians Mutter und 68er-Mega-Emanze ebenso unablässig wie zunehmend nervend die (Schein-) Idylle ihrer früheren Frauen-WG mit Häkelseminaren, Veganer-Workshops und Weihnachtsfrauen statt Nikoläuse glorifiziert. Schade um den Boulevardspaß. Doch das Wiedersehen mit den beiden Schauspielerinnen-Legenden Karin Dor und Cordula Trantow und den zwei Publikumslieblingen aus dem ehemaligen Ensemble von Dieter Dorn aus glorreichen Kammerspiele- und Residenztheater-Zeiten tröstet über so manche Trivialitäten und Soap-Peinlichkeiten dann doch hinweg.

Bis 12. November in der Münchner Komödie im Bayerischen Hof, Kartentelefon: (0 89) 29 28 10.